Dortmunds 0:3 bei Tottenham:Zu viele luftige Momente

Dortmunds 0:3 bei Tottenham: Tottenhams Son Heung-min bei seinem Treffer zum 1:0.

Tottenhams Son Heung-min bei seinem Treffer zum 1:0.

(Foto: AP)
  • Borussia Dortmund verliert im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League 0:3 bei den Tottenham Hotspurs - das vierte Pflichtspiel nacheinander ohne Erfolg.
  • Das Erreichen des Viertelfinals ist für den BVB nach der hohen Auswärtsniederlage unwahrscheinlich.

Von Ulrich Hartmann

Bis acht Minuten vor dem Ende sah es am Mittwochabend im Londoner Wembley-Stadion so aus, als könne Borussia Dortmund an diesem Donnerstag mit realistischen Hoffnungen heimfliegen und Tottenham Hotspur in drei Wochen mit nur einem Tor Rückstand im eigenen Stadion begegnen. Doch in den letzten acht Minuten wurden diese Hoffnungen pulverisiert. Im dritten Pflichtspiel nacheinander kassierten die Dortmunder drei Gegentore: nach dem Pokal-Aus gegen Werder Bremen und dem 3:3 gegen Hoffenheim verloren sie das Achtelfinal-Hinspiel bei den Spurs in London mit 0:3 (0:0) und waren merklich bedient.

"Wenn wir gegen robustere Teams spielen müssen, fehlt uns etwas", gestand Torwart Roman Bürki: "Schwierig, wenn man vorne keinen Stürmer drin hat, den man mal anspielen kann." Vorne gingen die Bälle verloren. Und hinten wurde zu luftig, zu nachlässig gedeckt: "Das ist nicht gut verteidigt. Es kann nicht sein, dass wir bei Standards so unaufmerksam sind." Über weite Strecken hatte der BVB den Dritten der Premier League in Schach gehalten, aber drei Blackouts - 66 Sekunden nach der Pause sowie acht und drei Minuten vor Schluss - bescherten den Dortmundern eine Niederlage, die bei den Westfalen momentan ins Bild passt. Es war das vierte Pflichtspiel in Serie ohne Erfolg. "In der ersten Halbzeit hatte Dortmund die besseren Chancen", sagte Torschütze Son Heung-min, "aber am Ende hätten wir noch mehr Tore erzielen können."

Schon im Herbst 2017 hatten die Borussen, damals noch unter dem Trainer Peter Bosz, keine guten Erfahrungen mit Tottenham gemacht und zwei Mal verloren. Und auch diesmal gab es eine dramatisch anmutende Niederlage. Die einzigen beiden Male, dass sich die aktuelle Dortmunder Mannschaft zuvor hatte auseinandernehmen lassen, das waren im November bei Atlético Madrid (0:2) sowie am vergangenen Samstag zwischen 17.03 und 17.16 Uhr, als man gegen die TSG Hoffenheim eine 3:0-Führung verspielte. Da lag Favre aber krank im Bett. Diesmal stand er im Londoner Wembley-Stadion am Rande des Spielfelds und gestikulierte dynamisch.

Favre bot angesichts verletzungsbedingter Ausfälle der Abwehrspieler Lukasz Piszczek, Julian Weigl und Manuel Akanji eine Viererkette auf, wie sie in 30 Pflichtspielen zuvor nicht ein einziges Mal zusammen gespielt hatte: Hakimi, Toprak, Zagadou und Diallo. In der Offensive entschied sich Favre anstelle von Raphael Guerreiro und Maximilian Philipp für Christian Pulisic und Mahmoud Dahoud. Favre ließ ein 4-3-3 spielen mit Axel Witsel auf der Sechs und Thomas Delaney sowie Dahoud auf den Halbpositionen davor.

Tottenham, das ohne seine verletzten Stars Dele Alli und Harry Kane auskommen musste, setzte die Dortmunder anfangs enorm unter Druck. Während die Westfalen aus diesem Grund zunächst keine Bekanntschaft mit dem Spurs-Strafraum machten, drosch Tottenhams brasilianischer Ersatzstürmer Lucas Moura den Ball in der 6. Minute gleich mal hauchdünn am Pfosten vorbei.

Tottenham ist in der zweiten Hälfte extrem kontergefährlich

Es dauerte eine Viertelstunde, ehe die Dortmunder den Spurs-Anhängern einmal den Atem nahmen. Pulisic besorgte sich von Juan Foyth den Ball und scheiterte am Torwart Hugo Lloris. Jetzt schienen die Borussen in diesem Spiel angekommen zu sein. Sie verteidigten und verschoben in einer Art und Weise, die nichts mit dem Phlegma vom vergangenen Samstag zwischen 17.03 und 17.16 Uhr zu tun hatte. Sie dominierten die Gastgeber nun und kamen immer häufiger und gefährlicher in die Box der Briten.

Für einen Dortmunder Fußballer war diese Partie ja sogar eine Art Heimspiel, er war sich im Vorfeld schon sicher gewesen, dass ein paar der Londoner Zuschauer (nämlich Freunde und Verwandte) ihm zujubelten und auf ihn stolz waren. Jadon Sancho wurde vor knapp 19 Jahren in London geboren, spielte als Jugendlicher aber nicht für Tottenham, sondern für Watford im Nordwesten Londons. Seit er 2017 von Manchester City zum BVB gewechselt war, spielte er nun erstmals mit seinem deutschen Klub in seiner englischen Heimat und das merkte man seiner Körpersprache schon deutlich an. Sekunden vor der Pause schlug Sancho einen Ball ins Zentrum, den Zagadou per Kopf gen Tor lenkte und den Lloris aber gerade noch parieren konnte.

Dass man Tottenham nicht abschreiben durfte, war schon klar, aber dass es nach der Pause nur 66 Sekunden dauerte, ehe die Gastgeber in Führung gingen, kam etwas überraschend. Hakimi verlor auf dem Flügel den Ball, Jan Vertonghen flankte sofort in die Mitte, dort verpasste Zagadou die hohe Flanke knapp - und Heung-Min Son nahm den Ball volley aus der Luft zum 1:0. Zum elften Mal spielte der frühere Hamburger und Leverkusener Son gegen Dortmund und traf zum neunten Mal.

Der Gegentreffer - "ein Geschenk!", wiederholte Favre immer wieder - drehte die Partie. Sie Borussen wollten erkennbar reagieren auf diesen Rückstand, doch die Engländer standen nun besser als in der ersten Halbzeit und waren dadurch extrem kontergefährlich. Ein zweites Hoffenheim binnen fünf Tagen wollten sich die Dortmunder eigentlich ersparen, aber sie waren nun kaum mehr in der Lage, sich gegen immer selbstbewusstere Briten zu wehren. Als Serge Aurier in der 83. Minute flankte, konnte Zagadou wieder nichts ausrichten und musste Vertonghen zum 0:2 einschießen lassen. In der 87. Minute verpaaste der eingewechselte Schmelzer einen Eckball, und Fernando Llorente machte per Kopf fast schon die Dortmunder Hoffnungen auf das Viertelfinale zunichte. "0:3 ist viel", sagte Favre später mit gebrochener Stimme etwas mutlos, "ich weiß nicht ...", bevor er die Prioritäten ordnete: "Das ist in drei Wochen, wir müssen uns jetzt auf die Bundesliga konzentrieren."

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