Borussia Dortmund:Lehrlinge mit guten Vorsätzen

Borussia Dortmund: Dortmunds Topscorer: Youssoufa Moukoko bejubelt Saisontor Nummer vier.

Dortmunds Topscorer: Youssoufa Moukoko bejubelt Saisontor Nummer vier.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Das 5:0 gegen den VfB Stuttgart mit Toren der Teenager Moukoko, Reyna und Bellingham zeigt einmal mehr das große Potenzial des BVB. Doch um zur Spitzenmannschaft zu werden, müssen die Dortmunder noch vieles verbessern.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Es war wieder so ein Tag der guten Vorsätze in Dortmund. An Tagen wie diesem, nach dem erstaunlich souveränen 5:0 gegen den VfB Stuttgart, geloben Spieler von Borussia Dortmund gewöhnlich Besserung - meistens für immer. Dieses Mal war es Julian Brandt, der sagte: "Wir haben über alles gesprochen, über das gesprochen werden musste. Und haben daraus hoffentlich ein für alle Mal unsere Lehren gezogen." So und ähnlich hören es die, die es mit Dortmund halten, schon seit Jahren. Aber selten konnte das BVB-Mantra der ewigen Besserung jemand mit so jungenhaftem Charme vortragen wie Brandt.

Der 26-Jährige hält schon seit Wochen seine starke Form, das war seit seiner Ankunft in Dortmund nicht immer so. Umso glaubwürdiger konnte er vortragen, wofür ihn wohl jeder Trainer der Welt hätte umarmen wollen. Brandt sagte: "Wir haben uns heute den Spaß am Fußball erarbeitet."

Auch BVB-Trainer Edin Terzic wollte am Samstagabend erstmal nur glücklich sein: "Es ist immer leichter, wenn man nicht so viel schimpfen muss", sagte er. Dazu ratterte er die Erfolgsformeln des modernen Fußballs herunter: "Vor allem in der ersten Halbzeit haben wir ein richtig gutes Gegenpressing gespielt, mit vielen hohen Balleroberungen."

Dieser akademischen Interpretation des Spiels kam an diesem Nachmittag die rätselhafte Transusigkeit mancher Stuttgarter zu Hilfe. Am Dienstag, wenn der BVB im Champions-League-Gruppenspiel Manchester City zu Gast hat, wird es wohl nicht so leicht sein, Bälle zu erobern und "uns als Team in den Strafraum zu kombinieren", wie Terzic das seiner Mannschaft gegen Stuttgart attestieren konnte. "Die frühe Führung hat es uns auch ein bisschen einfacher gemacht."

Im Gegensatz zu den meisten Spielen der Saison gelang Dortmund gegen Stuttgart tatsächlich das erste Tor schon in der zweiten Minute durch den defensiven Mittelfeldmann Jude Bellingham. In der 13. Minute legte Verteidiger Niklas Süle das 2:0 nach. Dass der BVB Treffer seiner Defensivspieler braucht, um erfolgreich zu sein, gehört auch zu den Wahrheiten des Saison. Nach dem krankheitsbedingten Langzeitausfall von Sebastien Haller, den der BVB eigentlich als Halbwegs-Nachfolger für Mittelstürmer und Torjäger Erling Haaland geholt hatte, wankt die Tektonik der Mannschaft offensichtlich viel mehr als gedacht.

Der BVB hofft auf eine Vertragsverlängerung mit Moukoko

Julian Brandt wollte das nicht allzu deutlich sagen, aber immerhin so viel: "Wir haben unsere Chancen am Anfang der ersten Halbzeit dieses Mal gut genutzt und uns so in eine gute Position für den weiteren Spielverlauf gebracht." Sollte wohl unterschwellig auch heißen: Die mangelhafte Chancenverwertung und überhaupt die mangelnde Präsenz vor dem gegnerischen Tor sind untypisch für eine Mannschaft, die sich als Spitzenmannschaft sehen will.

Dieses Mal kompensierte der BVB als Team die relative Schwäche in der Sturmmitte. Aus neun Torchancen (Stuttgart hatte drei) resultierten fünf Treffer. Giovanni Reyna, 19, mit seinem ersten Tor nach 14 Monaten mit schier endlosen Verletzungen und dann erneut Bellingham, ebenfalls 19 Jahre jung, nutzten ihre Möglichkeiten. Zu Reynas Treffer lieferte Mittelstürmer Youssoufa Moukoko die Vorlage, das 5:0 gelang dem 17-jährigen dann selbst. Es war das erste Mal in der Bundesliga-Geschichte, dass drei Teenager in ein und demselben Spiel für dieselbe Mannschaft Tore erzielten.

Moukoko ist mit vier Treffern in elf Spielen bisher Topscorer des BVB. Das mag für den jungen Mann sprechen, der schon sechs Jahre in den Jugendmannschaften des BVB von Torrekord zu Torrekord eilte, ehe er mit 16 Jahren in den Profikader aufrücken durfte. Mit Treffern gegen Schalke und Bayern hatte sich Moukoko schon vorher besondere Aufmerksamkeit erworben. Der Klub hofft, dass er mit Erreichen der Volljährigkeit im nächsten Monat seinen im Sommer 2023 auslaufenden Vertrag verlängert. Mit gehöriger Gehaltserhöhung versteht sich, als Vorschuss auf zukünftige Tore.

Schön für den BVB, solchen Nachwuchs zu haben. Aber auch ein bisschen ein Dilemma. Stabilität hat im Fußball immer mit Reife zu tun. Oft verlassen junge Spieler den BVB schon wieder, wenn sie diesen Punkt erreicht haben. Und dass Moukoko mit gerade mal vier Toren schon der beste Torschütze seiner Mannschaft ist, weist auch ein Manko im derzeitigen Kader aus. Die Samtpfötigkeit und Verspieltheit der Borussen hat wohl auch damit zu tun, dass der beste Mittelstürmer hochtalentiert ist, aber eben noch ein Lehrling. Anthony Modeste, der erfahrene Mittelstürmer im Kader und bislang zweimalige Torschütze, wurde gegen Stuttgart erst nach 66 Minuten eingewechselt.

Julian Brandt, der dieses Mal den Kollegen Mats Hummels als Mahner des Tages ablöste, wollte auch deshalb schon mal vorgreifen auf den Dienstag in der Champions League: "In diesem Drei-Tages-Rhythmus werden wir immer mal wieder Fehler machen. Dafür sind wir alle nur Menschen." Aber wie in den letzten Wochen dürfe man sich eben nicht mehr präsentieren. Zur Erinnerung: Den letzten Bundesliga-Sieg vor dem 5:0 gegen den VfB feierte Dortmund beim 1:0 gegen Schalke 04. Das war am Samstag schon fünf Wochen her.

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