BVB übernimmt vorläufig die Tabellenführung:Brandts Rücken verzückt Dortmund

BVB übernimmt vorläufig die Tabellenführung: Hinterher fragt keiner, wie der Ball ins Tor kam - und falls doch: Vom Rücken von Julian Brandt (Mitte) tropfte ein Freistoß von Marco Reus zum Dortmunder Siegtreffer ins Netz.

Hinterher fragt keiner, wie der Ball ins Tor kam - und falls doch: Vom Rücken von Julian Brandt (Mitte) tropfte ein Freistoß von Marco Reus zum Dortmunder Siegtreffer ins Netz.

(Foto: Dennis Ewert/Imago/RHR-Foto)

Weil die überlegene Borussia alle Chancen bis auf eine vergibt, kommt die abstiegsbedrohte TSG Hoffenheim fast noch zum Ausgleich. Aber nur fast. Der BVB klettert nach dem 1:0 zumindest für eine Nacht an die Tabellenspitze.

Von Christoph Ruf, Sinsheim

Dortmunds Trainer Edin Terzic dürfte nach dem 1:0 (1:0)-Sieg seiner Elf in Hoffenheim der Heiserkeit nah gewesen sein. Sechs Minuten Nachspielzeit hatten er und seine Spieler noch zu überstehen gehabt, in denen er immer wieder Anweisungen aufs Spielfeld brüllte. Dann stand der im zweiten Durchgang hart umkämpfte Sieg einer Dortmunder Mannschaft fest, die so stark gespielt hatte, wie viele das erwartet hatten. Die dabei aber auf einen Hoffenheimer Gegner getroffen war, der deutlich stärker agierte, als man das dem Team nach den vorherigen Auftritten zugetraut hatte.

Beim BVB ersetzte Jamie Bynoe-Gittens Karim Adeyemi, der sich in der Vorwoche beim 4:1 gegen die Hertha einen Muskelfaserriss zugezogen hatte. Bynoe-Gittens, 18, gilt als nächstes großes Talent aus dem Nachwuchs und war einer der auffälligsten Akteure auf dem Feld. Starke Szenen wie bei der ersten Chance des Spiels, bei der er aus spitzem Winkel zum Abschluss kam, mischten sich mit solchen wie in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, als Marius Wolf der Verzweiflung nahe war, weil er freistehend von Bynoe-Gittens übersehen wurde.

Das vermeintliche 2:0 für den BVB kassiert der VAR - zu Recht

Zu diesem Zeitpunkt führte der BVB allerdings bereits 1:0, weil Julian Brandt mit dem Rücken einen Freistoß von Marco Reus ins Tor verlängert hatte. Emre Can, Nico Schlotterbeck, Reus und Wolf hatten weitere Chancen. Und weil auch in der Dortmunder Defensive keinerlei Spannungsschwankungen zu verzeichnen waren, dürften nur wenige Zuschauer zur Halbzeit an ein Erfolgserlebnis der Hoffenheimer geglaubt haben. Die sind seit zwölf Spielen ohne Sieg und spielten zuletzt auch so, wie es die Punkte-Ausbeute nahelegt. Dass der im Winter nachverpflichtete ehemalige Dortmunder Thomas Delaney es aufgrund eines Infekts nicht in die erste Elf schaffte, durfte man am Samstag ebenso als zusätzliche Schwächung werten wie die frühe verletzungsbedingte Auswechslung von Ozan Kabak. Dennoch stand es zur Halbzeit nur 1:0 für Dortmund. Und das lag nicht nur am hervorragenden TSG-Keeper Oliver Baumann, sondern auch daran, dass beim gesamten Team diesmal die Einstellung und damit auch die Zweikampfbilanz stimmte.

Dennoch war es beeindruckend, wie souverän der BVB lange Zeit seine Qualität ausspielte und sich bereits zur Halbzeit 16 Torschüsse erarbeitete. Wie weit mittlerweile die Einflusssphäre des VAR geht, wurde dann beim vermeintlichen zweiten Treffer durch Dortmunds Wolf nach einer knappen Stunde deutlich. Vor dem vorangegangenen Konter war in 80 Metern Entfernung Hoffenheims Ihlas Bebou nach einem Zweikampf mit Nico Schlotterbeck zu Fall gekommen. Diese Aktion nicht als Foul gewertet zu haben, war eine klare Fehlentscheidung - und der Grund, das Tor zu annullieren. Für die Hoffenheimer Spieler wirkte die unverhoffte Intervention offenbar motivierend. Das Team schaffte es nun, aus den Ballbesitzphasen Torgefahr zu erzeugen. War im ersten Durchgang noch ein Distanzschuss von Sebastian Rudy die beste Chance gewesen, gab es nun reichlich Torgelegenheiten, die Andrej Kramaric, Christoph Baumgartner, Kasper Dolberg und Fisnik Asllani aber nicht zu nutzen vermochten. Der Ausgleich für die TSG wäre im zweiten Durchgang nicht unverdient gewesen, wenngleich auch Dortmund Chance an Chance reihte und nach dem Sieg die "Spitzenreiter"-Gesänge des Anhangs genießen durfte, die zumindest bis zum Spiel der Bayern am Sonntag ihre Berechtigung haben.

Die Hoffenheimer Kurve kritisiert die Verbindung zwischen Hopp und der Spieleragentur Rogon

Zum ereignisreichen Fußballnachmittag passte es dann auch, dass Nebengeräusche keine große Rolle mehr spielten. In den vergangenen Jahren hatte es regelmäßig mal mehr und mal weniger intelligente Schmähungen des Hoffenheimer Gönners Dietmar Hopp aus der BVB-Kurve gegeben. Die Frage, ob die Gästefans nicht im Laufe der Jahre den infantilen Spaß am Wort "Hurensohn" verloren hätten, wenn Hopp nicht immer wieder bereitwillig seiner Empörung Ausdruck verliehen hätte, wird wohl nie beantwortet werden. Am Samstag war das böse Wort aus der Dortmunder Kurve genauso häufig zu hören wie aus der Heimkurve. Von der einen Seite gegen Hopp, von der anderen gegen den ganzen Klub BVB. In der Heimkurve machten die TSG-Fans ihrem Unmut allerdings auch auf intelligentere Art Luft. So wurde auf einem Transparent der nach Meinung der Fans zu große Einfluss einer Spielerberatungsagentur auf die Hoffenheimer Personalpolitik thematisiert: "Frische Gedanken wagen - Hopp und Rogon hinterfragen."

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