Bundesliga:Und wie die Wespen stechen

Bundesliga: An fünf Toren beteiligt, aber trotzdem verhalten gejubelt: Der Dortmunder Kapitän Marco Reus (rechts neben Donyell Malen und Raphael Guerreiro) stellte seinen persönlichen Rekord gegen seinen ehemaligen Verein auf.

An fünf Toren beteiligt, aber trotzdem verhalten gejubelt: Der Dortmunder Kapitän Marco Reus (rechts neben Donyell Malen und Raphael Guerreiro) stellte seinen persönlichen Rekord gegen seinen ehemaligen Verein auf.

(Foto: Dennis Ewert/RHR-Foto/Imago)

Der BVB demütigt Gladbach mit 6:0 - und stürzt die Borussia noch tiefer in die Abstiegsgefahr. Kapitän Marco Reus avanciert mit zwei Toren und drei Vorlagen zum Mann des Abends.

Von Uli Hartmann, Dortmund

Hoffentlich haben Naturschützer nicht ins falsche Ohr bekommen, was Borussia Dortmunds Fußballtrainer Marco Rose am Tag vor dem Spiel angekündigt hatte: "Ich stech' rein ins Wespennest." Wespen stehen unter Schutz, man darf ihnen nicht ins Nest stechen. Rose freilich meinte bloß metaphorisch seine mitunter zum Phlegma neigenden Fußballer in ihren schwarz-gelben Wespenkostümen. Wer in ein Nest sticht, provoziert Aggression und Angriffslust. Das war Roses rhetorischer Kabinenplan gewesen nach der blamablen 2:4-Niederlage in der Europa League gegen Glasgow Rangers. Er wollte seine Spieler anstacheln. Und das ist erlaubt.

Die gegnerischen Fußballer von Borussia Mönchengladbach hätten geeignete Vorkehrungen treffen können: Zitronenkerzen anzünden, Kaffeepulver verbrennen, Wasser versprühen - was man so macht gegen unliebsame Wespen. Die Rheinländer wollten es aber spielerisch lösen. Doch in der Verfassung, mit zur Abwechslung mal wieder gut aufgelegten Dortmundern mitzuhalten, sind sie derzeit nicht. Die Gastgeber wirkten gar nicht mal so besonders aggressiv, aber wie so oft nach blamablen Vorstellungen rissen sie sich auch diesmal zusammen. Das genügte, um schwache und in dieser Verfassung abstiegsgefährdete Gladbacher mit 6:0 (2:0) zu demütigen. Mit zwei Treffern und drei Vorlagen avancierte Dortmunds Kapitän, der frühere Gladbacher Marco Reus, zum Mann des Tages.

Ein Sieg in vergleichbarer Höhe am kommenden Donnerstag im Rückspiel in Glasgow brächte die Dortmunder sogar noch ins Europa-League-Achtelfinale. Plötzlich sieht die graue Welt schon wieder hoffnungsvoller aus. "Wir mussten eine Reaktion zeigen und haben das geschafft", lobte Reus am Sonntagabend die ganze Mannschaft. "Aber das müssen wir auch dann hinbekommen, wenn wir mal nicht gut im Spiel sind." Das könne schon in Glasgow sehr wichtig werden.

Dortmunds Ausnahmestürmer Erling Haaland saß gegen Gladbach wieder nur auf der Tribüne. Auch der Innenverteidiger Manuel Akanji und der Außenverteidiger Thomas Meunier fehlten verletzt. Bei den Gladbachern, bei denen weiterhin der Kapitän Lars Stindl ausfällt, saß der neue Sportdirektor Roland Virkus auf der Bank. Er will den zurückgetretenen Max Eberl halbwegs geräuschlos ersetzen. Der 55-Jährige war zuvor für Gladbachs Nachwuchsfußball zuständig, jetzt zeichnet er mitverantwortlich für die Zukunft der Fußball-GmbH. Diese steht sportlich weiterhin am Scheideweg. Der Vorsprung zum Relegationsplatz beträgt nur vier Punkte.

"Sehr unreif", kritisiert Gladbachs Hofmann, "das darf so nicht passieren."

Vom 100. Bundesliga-Duell der beiden Borussias hatte man sich eine Hommage an die preußischen Tugenden erwartet. Schließlich ist Borussia das neulateinische Wort für Preußen. Preußische Tugenden sind Fleiß, Ordnung und Pünktlichkeit sowie alle jene Eigenschaften, die sich Rose durch den Stich ins Wespennest erhofft hatte.

Die erste Halbzeit fiel unter preußischen Gesichtspunkten sogar ein bisschen mau aus. Für den BVB aber lief es trotzdem direkt gut. Reus erzielte in der 26. Minute die 1:0-Führung, nachdem Gladbachs Torwart Yann Sommer einen Schuss von Donyell Malen von den Fäusten hatte prallen lassen. Sechs Minuten später legte Reus den Ball dann Malen auf zum 2:0. In dieser 32. Minute schien das verregnete Spiel vor 10 000 Zuschauern bereits vorentschieden zu sein. Die meisten von ihnen hatten nichts dagegen.

Schon in der ersten Halbzeit musste der BVB zwei Mal verletzungsbedingt wechseln: Julian Brandt kam für Giovanni Reyna und Marian Pongracic für Dan-Axel Zagadou. Das bedeutete aber keinen Bruch. Als relevant für die Verteidigung des Vorsprungs erwies sich, dass der Torwart Gregor Kobel in tolldreister Manier selbst gelungene Gladbacher Schüsse von dannen boxte. In der 62. Minute lenkte er dann einen Schuss von Jonas Hofmann ans Lattenkreuz. Die rheinische Borussia ist offensiv zurzeit eher harmlos.

Noch schlimmer erschien, dass sie in den letzten 20 Minuten defensiv in sich zusammenfiel. Marius Wolf (70.), Youssoufa Moukoko (74.), noch einmal Reus (81.) sowie Emre Can per Foulelfmeter in der 91. Minute erhöhten auf 6:0 und führten Dortmund ins Glück - und die andere Borussia ins Reich der Demütigung. "Sehr unreif", kritisierte Gladbachs Hofmann die Leistung in der zweiten Halbzeit. "Das darf so nicht passieren." Borussia-Trainer Adi Hütter hatte das Spiel etwas anders wahrgenommen: "Eine schwere Niederlage, wobei das Spiel erst ab der 70. Minute in eine Richtung gegangen ist, die schärfstens zu kritisieren ist. Bis dahin haben wir es auf Augenhöhe gestaltet."

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