Dortmund gewinnt in Freiburg:Unglückliches Fähnlein

Der SC Freiburg kassiert eine bittere 1:4-Pleite gegen den Meister aus Dortmund - auch weil ein Schiedsrichter-Assistent zum falschen Zeitpunkt seine Fahne hebt und das Spiel trotzdem weiterläuft. Nach der zweiten Führung spielt der BVB befreit auf und bleibt erster Bayern-Verfolger.

Martin Anetzberger

Es war die kurioseste Szene des Spiels, die ein bis dahin ausgeglichenes Spiel zu Gunsten der Dortmunder entschied. Beim Stand von 1:1 fand in der Freiburger Hälfte ein Steilpass den Weg zu Dortmunds Stürmer Blaszczykowski. Der stand verdächtig nahe am Freiburger Gehäuse, was wohl der Grund dafür war, warum der Assistent die Abseits-Fahne hob.

SC Freiburg -Borussia Dortmund

Chancenlos zum Dritten: Freiburgs Keeper Baumann kann das 1:3 nicht verhindern, Blaszczykowski sieht gespannt zu.

(Foto: dpa)

Doch Schiedsrichter Perls Pfeife blieb stumm, Blaszczykowski lief weiter, spielte quer auf den mitgelaufenen Gündogan, der nur noch einschieben musste, weil die Verteidiger schon längst im Abseits-Modus und geistig schon dabei waren, die Schuld beim Schiedsrichter zu suchen. Freiburgs Baumann war zum zweiten Mal ohne eigenes Verschulden geschlagen. Der Meister führte mit 2:1 beim akut abstiegsbedrohten Sportclub - und gewann am Ende 4:1.

Was war passiert? Blaszczykowski stand zwar im Abseits, der Pass war jedoch nicht von einem Dortmunder sondern von Freiburgs Rosenthal gekommen. Für diesen Fall liegt laut Regelbuch kein Verstoß vor. Der Schiedsrichter hatte alles richtig gemacht, doch sein Assistent wird an diese Szene wohl noch öfter mit Unbehaben zurückblicken.

So unprofessionell sich Freiburgs Abwehr verhielt, so menschlich war es auch und stand buchstäblich für das Pech einer Mannschaft, die am Tabellenende steht. "Es war ein intensives Spiel mit hohem Tempo. Die ausgeglichenste Partie, die wir in dieser Saison gewinnen konnten. Diese Führung war wichtig für uns", sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Und Sportclub-Coach Marcus Sorg meinte: "Wenn ein Linienrichter so mit der Fahne winkt, ist es schon erstaunlich, wenn nicht auf Abseits entschieden wird. Das war schwer zu verdauen."

Bis zum 1:2 hatten die Gastgeber dem Favoriten aus Dortmund durchaus paroli geboten. Klopp hatte seine Spieler gewarnt, sich nicht allzu früh mit den bevorstehenden Feiertagen zu beschäftigen: "Viele denken ja schon an Weihnachten. Aber meine Mannschaft ist glücklicherweise nicht behämmert, sie will die Hinrunde mit einem Sieg abschließen."

Der Dortmunder Coach musste in Freiburg auf Mario Götze (Muskelfaserriss im Oberschenkel) sowie die Langzeitverletzten Sven Bender, Neven Subotic und Moritz Leitner verzichten, dazu waren Ilkay Gündogan und Lucas Barrios grippegeschwächt. Gündogan stand dennoch in der Startelf, Barrios saß nur auf der Bank.

Trotzdem machten die ganz in Gelb gekleideten Dortmunder schnell ernst mit den Vorgaben ihres Trainers: Kagawa spielte vom linken Flügel auf Gündogan, lief weiter in den Strafraum, bekam den Ball wieder zurück. Wenige Meter weiter rechts stand Lewandowski und musste nur noch den Fuß hinhalten (7. Minute). So einfach geht's, wenn der Gegner nur zusieht und das Selbstvertrauen da ist.

Nur eine Minute zuvor hatte Anton Putsila eine sehr gute Chance für die abstiegsgefährdeten Freiburger vergeben: Nach einem guten Dribbling von Makiadi war der Ball eigentlich schon weg, landete aber dann doch durch Zufall bei Putsila, der zielte aus gut 15 Meter aber knapp links vorbei.

Geschockt zeigten sich die Freiburger vom frühen Rückstand nicht. Sie hatten ohnehin nicht vorgehabt, sich gegen den Meister hinten reinzustellen und vorne nur auf Cissé zu hoffen. So entwickelte sich in der Folge ein Spiel, in dem beide Teams den Ball vorwiegend auf dem Boden hielten und trotz des regennassen Rasens ein schönes Passspiel zeigten. Bei Ballgewinn spielten beide schnell nach vorne, wobei die Dortmunder oft einen Tick schneller und gefährlicher waren. So kamen Lewandowski und Kehl zu weiteren Gelegenheiten, während Putsilas Schuss lange Zeit die einzige echte Gelegenheit für den Gastgeber blieb.

Einmal schliefen die Dortmunder jedoch: Rosenthal ließ mit einer simplen Körpertäuschung zwei BVB-Spieler stehen, spielte steil auf Putsila, bekam den Ball im Strafraum nur wenige Meter vor Weidenfeller wieder zurück. Der fälschte den Ball noch deutlich ab, aber Rosenthals Schuss war zu hart (34.). Der zweite schöne Doppelpass im Spiel, das zweite Tor. Nur kurz später nahm Cissé ein Flanke volley, konnte sie aber nicht gefährlich aufs Tor bringen.

Großkreutz bricht den Freiburger Willen

In der zweiten Halbzeit drängten die Freiburger den BVB zunächst in seine Hälfte. Die Dortmunder versuchten dagegen sicher zu stehen und spielten bei Ballbesitz lieber kontrolliert als schnell nach vorne. Doch nach gut zehn Minuten verebbte der Freiburger Angriffsschwung, der außer einer Chance von Makiadi nichts gefährliches hervorgebracht hatte.

Und so fiel in der 59. Minute Kevin Großkreutz die Rolle zu, den Willen der tapferen Freiburger zu brechen. Nach einem schönen Steilpass wurde der Winkel für Lewandowski zu spitz. Deshalb legte er den Ball auf Großkreutz zurück, der genug Zeit und Gefühl im rechten Fuß hatte, mit einem halbhohen Schuss ins rechte Eck zu vollenden. Wenige Minuten später scheiterte Cissé an einer starken Parade von Roman Weidenfeller.

Von nun an spielten die Dortmunder befreit auf. Die Gelben waren stets in Überzahl, Freiburg verlor viele Bälle und hatte den folgenden Angriffen nicht mehr viel entgegenzusetzen. Die logische Folge war das 4:1: Nach einem Traumpass von Kagawa bediente Großkreutz Lewandowski (70.).

Vor dem Spiel hatte Jürgen Klopp ein wenig verblüfft reagiert, als er eine Hinrunden-Statistik betrachtete: "Die laufen noch mehr als wir, was schon schwer ist." Es half den Freiburgern nichts und einige ihrer Fans sangen: "Wir haben die Schnauze voll."

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