Dortmund gewinnt auf Schalke:Mkhitaryan lässt sich nicht stoppen

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Henrikh Mkhitaryan: Unaufhaltbar in Gelsenkirchen (Foto: Bongarts/Getty Images)

Borussia Dortmund kann die dritte Derby-Niederlage in Folge abwenden: Schalke 04 unterliegt dem BVB 1:3 (0:1). Vor allem Henrikh Mkhitaryan überrollt die Gelsenkirchener, Timo Hildebrand hält sein Team lange im Spiel. Doch als es spannend werden könnte, tritt Kevin-Prince Boateng an den Elfmeterpunkt.

Von Saskia Aleythe

Jürgen Klopp hat bisweilen etwas Schelmenhaftes, das sich auch in seinen Sätzen versteckt. "Es ist oft so, dass der, der im Vorfeld als besser dargestellt wird, es schwerer hat im Derby", sagte er ins Sky-Mikrofon vor der Partie bei Schalke 04, die Derby-untypisch nicht von gegenseitigem Gezeter und Gewetter begleitet wurde. Klopp meinte allerdings nicht seine Dortmunder, sondern die Schalker, schließlich hatten die die letzten zwei Aufeinandertreffen für sich entschieden. Es war ein höfliches Kompliment, aber auch eine Ansage: Wir sind bei euch in der besseren Ausgangslage. Schließlich kämpfte der BVB lediglich einen Punkt vom FC Bayern entfernt um die Tabellenführung, während sich Schalke im Mittelfeld befand.

Daran änderte auch diese Partie nichts, Dortmund holte sich mit einem 1:3 (0:1) die nächsten Zähler und bleibt ärgster Bayern-Verfolger neben den punktgleichen Leverkusenern. Pierre-Emerick Aubameyang (14.), Nuri Sahin (51.), und Jakub Blaszczykowski (74.) sorgten für die BVB-Treffer, Schalkes Max Meyer konnte zwischenzeitlich den Anschluss erzielen (62.).

"Es war brutal harte Arbeit für alle. Alle haben alles gegeben. Es mussten alle mit sich selber und dem Gegner kämpfen. 3:1 hier zu gewinnen ist außergewöhnlich. Schalke hat uns Probleme bereitet, aber am Ende haben wir verdient gewonnen", sagte Klopp nach dem Spiel gegenüber Sky. Schalke-Trainer Jens Keller erklärte: "Wir sind natürlich enttäuscht. Dortmund ist sicherlich besser ins Spiel gekommen. Wir machen zwei Fehler und laufen sofort 0:1 hinterher."

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:"Das waren schreckliche Bilder"

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In Gelsenkirchen war alles angerichtet für einen spannenden Fußballnachmittag - und als es losgehen sollte, die Spieler standen am Mittelkreis zum Anstoß bereit, Schiedsrichter Knut Kircher hatte schon die Pfeife zum Mund geführt, zeigten Fans aus dem Dortmunder Block ihre unbeherrschte Seite. Gelbe Leuchtfeuer brannten, Pyrotechnik flog auf den Rasen und in benachbarte Zuschauerränge.

"Ich habe mich in dem Moment echt geschämt", sagte Klopp, "das waren ganz schreckliche Bilder. Hier geben sich alle Mühe, damit auch jeder spürt, dass es für alle das wichtigste Spiel ist. Das geht überhaupt nicht, dafür fehlt mir jegliches Verständnis. Es hat keinen Spaß gemacht." Roman Weidenfeller begab sich für Schlichtungsversuche in die Ecke und geriet dabei selbst in die Gefahrenzone, er musste Leuchtgeschossen ausweichen. Schiedsrichter Kircher schickte die Spieler wieder vom Platz.

Als die restlichen Samstagspartien schon fünf Minuten liefen, in München die Hertha in Führung gegangen war, konnte es auch auf Schalke losgehen. Und es wurde eine munterer Start, hier ein Konterversuch der Gastgeber, auch mal ein Freistoß aus gefährlicher Distanz, doch Dortmund ließ sich davon nicht verängstigen. Robert Lewandowski und Marco Reus kombinierten sich warm, und so ergab sich in der 14. Minute ein tsunamiartiger Konter. Nach Vorarbeit von Kevin Großkreutz und Henrikh Mkhitaryan konnte Reus von rechts auf den einlaufenden Aubameyang in den von Schalkern befreiten Strafraum passen. Aubameyang machte das 0:1 aus kurzer Distanz ohne Anstalten.

"Sie spielen tollen Fußball, laufintensiven Fußball", hatte Schalke-Trainer Jens Keller noch vor der Partie gelobt und musste dann mit ansehen, wie dominant das auf dem heimischen Rasen aussehen kann. Dortmund flankte und passte nach Belieben und fand auch unbedrängte Abnehmer. Mal hätte Aubameyang aus drei Metern einnicken können, dann tauchte Reus frei vor Timo Hildebrand auf. Und hätte der Schalker Torwart einen schlechten, mittelmäßigen oder auch lediglich guten Tag erwischt, wäre bis zur 25. Minute bereits das 0:3 gefallen - doch Hildebrand hatte einen grandiosen Tag.

Verkriechen wollte sich Schalke freilich nicht beim Derby im eigenen Stadion, sie spielten nach ihren Möglichkeiten, rückten also auch mal in Weidenfellers Blickfeld, kamen aber zu keinen zwingenden Chancen. Die besorgte ihnen allerdings Neven Subotic: In der 29. Minute stoppte er Christian Fuchs im Strafraum mit einem missglückten Tritt nach dem Ball, der zum Rempler an den Oberschenkel mutierte. Es gab Elfmeter und den Ball schnappte sich: Kevin-Prince Boateng.

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Es war Boatengs erste Dortmund-Begegnung auf Schalke, in Punkto Derbyaufregung war er also ein Kaltstarter. Vielleicht setzte er den Fuß deshalb allzu locker an den Ball. Er flog dorthin, wo ein Ball beim Elfmeter nicht landen sollte: Halbhoch, halblinks, mit nicht allzu hoher Geschwindigkeit - kein Problem für Roman Weidenfeller.

Dass er das 1:1 versemmelt hatte, stachelte Boateng an, er versuchte sich gleich darauf an Wiedergutmachung aus 15 Metern von halbrechter Position, doch der Ball flog knapp vorbei. Bis zur Pause erspielte sich Dortmund noch zwei Chancen, ein Kopfball von Reus prallte an Hildebrand ab, dann war Aubameyang frei im Strafraum einen Schritt zu langsam für einen Ball von Reus, was Jürgen Klopp auf der Bank zum Toben brachte.

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Dass es in Derbys immer etwas härter zur Sache geht, schien Schiedsrichter Kircher nicht zu missfallen, er ließ erst Julian Draxler gegen Henrikh Mkhitaryan grätschen und dann Mats Hummels gegen Atsuto Uchida ausholen - beides blieb unbestraft. Die erste gelbe Karte der Partie zückte er wegen Meckerns, Dennis Aogo hatte sich zu lautstark beschwert.

Nach der Pause brachten sich die Gemüter durch Mätzchen zwischen Dennis Aogo und Großkreutz wieder auf Temperatur, Nuri Sahin nutzte die Aufregung für sein erstes Saisontor. Als die Schalker Verteidigung noch mit Sich-Sammeln beschäftigt war, hatte ihm Mkhitaryan schon den Ball aufgelegt, Sahin konnte sich zentral vor der Strafraumlinie die Ecke aussuchen und entschied sich für den rechten Innenpfosten. Da konnte auch Hildebrand nichts mehr ausrichten, Dortmund führte 0:2.

Die Partie war 51 Minuten alt, in denen der BVB hätte mitbekommen müssen, dass sich Schalke nicht abschütteln lassen wollte. Ihre Fahrlässigkeit konnten die Dortmunder trotzdem nicht abstellen, im Angriff verdaddelte mal Lewandowski das nächste Tor durch einen Tunnelversuch, dann durfte sich Schalke im Angriff auch noch selbst belohnen: Kaum zwei Minuten nach seiner Einwechslung nutzte der 18-jährige Max Meyer das Gewusel im Strafraum und zog aus spitzem Winkel von links einfach mal ab - plötzlich wurde aus der überlegenen Führung der Dortmunder wieder ein spannenderes Derby, es stand nur noch 1:2 (63.).

Der BVB ließ Schalke noch ein wenig spielen und hoffen, elf Minuten nach dem Anschlusstreffer explodierte dann aber Mkhitaryan vor Tatendrang. Er sprintete vom eigenen Strafraum diagonal übers Feld, als würde er ein Wettrennen mit unsichtbarem Gegner bestreiten, legte sich selbst den Ball nach vorne und spielte dann den zuvor eingewechselten Blaszczykowski an, der ihm in den Schalker Strafraum gefolgt war. Mit einem Schuss von rechts stellte er den alten Vorsprung wieder her.

Die Schalker betrübte das sichtlich, doch auch wenn die Gesichter sich verfinsterten: Die Beine liefen weiter. Keller gönnte Jermaine Jones nach seiner Denkpause wieder ein paar Minuten Fußball. Genützt hat es den Schalkern nicht mehr, es blieb beim 1:3. Die dritte Derby-Niederlage in Folge konnte Dortmund souverän abwenden. In dieser Hinsicht kann sich Klopp beim nächsten Aufeinandertreffen nicht mehr vor der Favoritenrolle drücken.

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