Süddeutsche Zeitung

Dortmund deklassiert Gladbach:Wie in einem Kitsch-Roman

Ausgerechnet gegen seinen ehemaligen Verein gelingt Marco Reus sein bisher bestes Spiel für den BVB. Gegen Borussia Mönchengladbach leitet er einen erfolgreichen Abend für den zuletzt angeschlagenen Meister ein. Der meldet sich mit einer beeindruckenden Leistung zurück.

Saskia Aleythe

Ein paar SMS hat Marco Reus in den vergangenen Tagen nach Gladbach zu seinen Ex-Kollegen geschickt. Über den Inhalt lässt sich freilich nur mutmaßen, ein wenig emotional dürften die Nachrichten aber schon ausgefallen sein. Auf der Pressekonferenz kurz vor dem Duell der Borussen sagte er, er hätte in Gladbach drei wunderschöne Jahre gehabt, Freunde kennengelernt und werde beim ersten Aufeinandertreffen mit seinem ehemaligen Verein "ohne Pipapo" jubeln, sollte er ein Tor machen.

Und - natürlich - sollte er ein Tor machen. So zeigte Reus in der 35. Minute, wie das Jubeln ohne Pipapo aussieht: Er schoss das Tor für den BVB, stand vom Rasen auf und lief ohne Regung in Armen und Gesicht Richtung Mittellinie, bis seine Kollegen auf ihn zustürmten und ihn umarmten. Jürgen Klopp nickte kurz und schenkte ihm einen hochgestreckten Daumen. Mit Toren von Neven Subotic (40.) und Reus' zweitem Treffer (70.) sowie Toren duch Ilkay Gündogan (79.) und Jakub Blaszczykowski (85.) sicherte sich der BVB ein 5:0 (2:0) gegen Borussia Mönchengladbach und machte damit einen beeindruckenden Schritt aus der Minikrise.

Allerdings hatte der Deutsche Meister in den letzten Wochen eine Phase durchgemacht, die so emotional war, dass von Minikrise kaum noch die Rede sein konnte. Nach dem 3:3 gegen Aufsteiger Frankfurt und damit sieben Punkten Rückstand auf Bayern München musste sich Gündogan noch von Klopp trösten lassen. Gegen Gladbach durfte er dann zum vierten Mal in dieser Saison von Beginn an aufs Feld, eine Überraschung gab es auch im Angriff: Julian Schieber spielte, Robert Lewandowski blieb auf der Bank. Größere personelle Umstellungen gab es bei Gladbach. Lucien Favre musste den verletzten Millionen-Einkauf Luuk de Jong ersetzen, ebenso den Rot-gesperrten Martin Stranzl.

Für die Partie gegen seinen ehemaligen Verein hatte sich Reus einiges vorgenommen, Dortmund wolle "sehr fokussiert, mit Leidenschaft und Aggressivität" gegen die Gäste auftreten. Tatsächlich war es dann aber ein holpriger Start ins dritte Heimspiel der Saison. Ein Fehlpass von Blaszczykowski brachte Dortmund bereits in der dritten Minute in Bedrängnis. Roman Weidenfeller verhinderte den frühen Rückstand durch eine Parade gegen Mike Hanke.

Gladbach zeigte gleich zu Beginn, welche Ambitionen es mit nach Dortmund gebracht hatte, spielte immer wieder schnell nach vorne. Fortan kamen die Gastgeber dann aber besser in die Partie und beinahe hätte es nach einer Ecke von Marcel Schmelzer eine frühe Führung der Dortmunder gegeben. Subotic setzte sich im Strafraum durch, sein Kopfball landete allerdings nur an der Latte (11.)

Und Marco Reus? Der am meisten beobachtete Dortmunder zeigte, dass er dem BVB auch defensiv helfen kann, was in den bisherigen Partien nur selten zu sehen war. In der Offensive bot er, was ihn schon in Gladbach so wertvoll gemacht hatte: Er wirbelte mit und ohne Ball übers Feld, nahm sich seine Schüsse und kam dann durch einen Spurt von der Mittellinie aus über einen stolpernden Alvaro Dominguez bis in den Strafraum. Mit einem frechen Ball tunnelte er Marc-André ter Stegen zum 1:0 (35.).

Doppeltreffer hatten den BVB in den vergangenen Partien geärgert, diesmal war es der BVB, der nach der Führung sofort erhöhte. Subotic köpfte nach einer Flanke von Blaszczykowski Richtung Gladbacher Tor, ter Stegen versuchte noch, mit der Hand abzuwehren, konnte das 2:0 aber nicht verhindern (40.).

In die Pause gehen konnte die Dortmunder mit einer komfortablen Führung. Allerdings hat das Wort "komfortabel" in den letzten Wochen eine instabile Aura erhalten, hatte doch Frankfurt die Partie gegen den BVB innerhalb von zwei Minuten kurz nach dem Wiederanpfiff mit zwei schnellen Toren gedreht.

Es hieß also, die Konzentration oben zu halten. Bis auf einen gefährlichen Kopfball von Igor de Camargo, den Weidenfeller sicher abwehren konnte (51.), gelang das den Dortmundern auch. Gladbach mühte sich, kam in der Offensive aber zu keinen aufregenden Aktionen und hatte den munteren Tricksereien von Reus und Götze wenig entgegenzusetzen.

Reus marschierte weiter durch die Abwehrreihen und ließ die Partie zu einem Kapitel wie in einem Kitsch-Roman werden: Ausgerechnet im ersten Spiel gegen seinen ehemaligen Klub machte er das bisher beste Spiel für Borussia Dortmund. Mit einem maßgenauen Schuss aus spitzem Winkel gelang ihm sein zweiter Treffer und das 3:0 für den BVB (70.). Nun jubelte Reus doch ein wenig, ein Lächeln huschte über sein Gesicht und er streckte den Zeigefinger in die Höhe. Und von den Fans gab es ordentlich Pipapo: In der 75. Minute wechselte Klopp Reus aus und Sven Bender ein, durch das Dortmunder Stadion hallte ein einziger Reus-Sprechchor.

Für Gündogan gab es dieses Mal keinen Grund für miese Stimmung: Nach einem Pass von Blaszczykowski kam er im Strafraum frei zum Schuss und netzte ins rechte Eck unhaltbar ein (79.). Gegen zum Schluss resignierende Gladbacher spielte Gündogan dann noch eine schöne Vorlage zu Blaszczykowski, der zum 5:0 (85.) traf. Trösten muss Klopp diesmal sicher niemanden.

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