Süddeutsche Zeitung

Dortmund besiegt Real Madrid 4:1:Königlicher Albtraum Lewandowski

Lesezeit: 3 min

Das deutsch-deutsche Finale in der Champions League rückt immer näher: Dortmunds Stürmer Robert Lewandowski erzielt alle vier Tore beim 4:1-Erfolg über Real Madrid im Halbfinal-Hinspiel. Die Ausgangsposition ist damit fast so gut wie die von Bayern München - die Aufregung um Mario Götze gerät zur Nebensache.

Es gab zwei Fragen, auf deren Beantwortung die Leute besonders neugierig gewesen waren vor dem Champions-League-Halbfinale zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid: Wie würden die Borussen-Fans Mario Götze empfangen? Und: Wie würde er spielen, nach all der Aufregung um seinen tags zuvor bekannt gegebenen Wechsel zum FC Bayern München?

Nun, die erste Frage war früh beantwortet: nicht anders als sonst. Wenn es Unmutsäußerungen gegeben haben sollte im mit 66.000 Zuschauern ausverkauften Stadion, dann gingen sie im allgemeinen, freudigen Grundrauschen unter, welches das Aufwärmen der Borussen-Elf begleitete. Und auch die zweite Frage war bald geklärt: nicht anders als sonst. Wenn Götze nervös gewesen sein sollte von den Nebengeräuschen, die sein 37-Millionen-Euro-Transfer verursacht hatte, dann ließ er es sich nicht anmerken.

Der 20-Jährige spielte allerdings auch nicht die Hauptrolle an diesem Mittwochabend, die übernahm Robert Lewandowski. Der Borussen-Stürmer erzielte alle vier Tore beim 4:1 (1:1)-Sieg, den Hattrick in der zweiten Halbzeit vollendete er innerhalb von 17 Minuten. Dortmund hat damit im Rückspiel am kommenden Dienstag in Madrid eine fast so gute Ausgangsposition, das Finale am 25. Mai in London zu erreichen, wie der FC Bayern am Tag danach beim FC Barcelona. In der Gruppenphase im vergangenen Herbst hatten die Dortmunder im Estadio Santiago Bernabéu von Real immerhin ein Unentschieden geschafft, 2:2.

Die beiden Vereine waren auch in einem Champions-League-Halbfinale schon einmal aufeinander getroffen, das ist allerdings schon 15 Jahre her. Die seinerzeit von Jupp Heynckes trainierten Madrilenen warfen dabei auf dem Weg zu ihrem siebten Pokalgewinn die titelverteidigenden Dortmunder aus dem Wettbewerb. Das Hinspiel, damals in Madrid, geriet zu einem denkwürdigen Ereignis: Das erste Tor fiel bereits eine Minute vor dem geplanten Anpfiff.

Real-Fans waren auf den Schutzzaun geklettert, hatten an ihm gerüttelt und gezerrt, bis er in Richtung der Tribüne einknickte - und das an ihm befestigte Torgestänge mit sich in die Tiefe riss. Bis ein Ersatztor vom Trainingsgelände herbeigeschafft und installiert war, vergingen eineinviertel Stunden, in denen der Fernsehkommentator Marcel Reif zwischenzeitlich seufzte: "Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gut getan."

Auch am Mittwochabend dauerte es nicht lange, bis das erste Tor fiel - nicht einmal acht Minuten nach dem Anpfiff. Götze hatte von links scharf vors Tor geflankt, wo sich Robert Lewandowski weit genug von Reals Innenverteidiger Raphael Varane löste, um den Ball mit der Fußspitze ins Netz zu lenken. Der Stürmer aus Polen hatte bereits eine Minute zuvor eine Chance gehabt.

Da war Marco Reus übers halbe Feld gedribbelt und durch drei Madrider Abwehrspieler hindurch in den Strafraum eingedrungen, aber Real-Torwart Diego López hatte seinen Flachschuss mit den Fingern gerade noch so ablenken können, dass der Einschusswinkel für den lauernden Lewandowski zu spitz geworden war.

Es war also ein furioser Beginn aus Sicht der Dortmunder, bei denen Sven Bender im defensiven Mittelfeld für den angeschlagenen Kapitän Sebastian Kehl auflief. Danach beruhigte sich das Spiel etwas. Real schob seine Viererkette im Mittelfeld unmerklich nach vorne und die Borussia damit nach hinten, fand aber keine Lücke, weil die Dortmunder die Räume geschickt zustellten.

Gefährlich waren die Gäste allenfalls nach Freistößen: Den ersten von Cristiano Ronaldo (24.) wehrte BVB-Torwart Weidenfeller mit den Fäusten ab. Für den Ausgleich benötigte Madrid die aktive Mithilfe der Dortmunder. Higuaín erlief einen zu kurzen Rückpass von Mats Hummels, passte am herauslaufenden Weidenfeller vorbei quer zum frei stehenden Ronaldo, der ins leere Tor einschob (43.).

Nun stellte sich die Frage: Wie würde die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp mit diesem Rückschlag umgehen? "Dass wir gerne ohne Gegentor bleiben würden, ist ja klar", hatte Klopp vor dem Spiel verkündet. Nun, auch diese Frage war schnell erledigt. Wenn es je Zweifel gegeben haben sollte, warum Lewandowski von allen möglichen Spitzenklubs umworben wird, dann zerstreute sie der 24-Jährige in einer guten Viertelstunde.

Nach Vorarbeit von Reus trat er den Ball vom Fünfmeter-Raum zum 2:1 ins Tor (50.), dann tänzelte er nach einem abgefälschten Schmelzer-Schuss Real-Verteidiger Pepe im Strafraum aus und schoss zum 3:1 ein (55.). Und schließlich verwandelte er einen von Xabi Alonso an Reus verursachten Foulelfmeter ganz frech zum 4:1 (67.) - hoch in die Mitte.

Vier Tore in einem Champions-League-Halbfinale hat noch keiner geschossen. Das dürfte Lewandowskis ohnehin hohen Marktwert noch einmal beträchtlich steigern. Aber die Borussia denkt ja gar nicht daran, den Polen vorzeitig aus seinem bis 2014 laufenden Vertrag zu entlassen. Robert Lewandowski, das wissen sie in Dortmund, ist schließlich noch schwerer zu ersetzen als Mario Götze.

Match-Fakten zu Dortmund - Real Madrid

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1658253
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.04.2013
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.