Dortmund besiegt Düsseldorf im DFB-Pokal:"Tierisch dumm, tierisch stolz, tierisch dankbar"

Ersatzgeschwächt erreicht Dortmund in Düsseldorf das Viertelfinale des DFB-Pokals - trotz fast 90-minütiger Unterzahl. Ein klarer Fall für das Geschichtsbuch, meint BVB-Trainer Jürgen Klopp. Das Spiel zeigte noch einmal beispielhaft, was Dortmund 2011 so stark gemacht hat.

Philipp Kreutzer, Düsseldorf

Patrick Owomoyela fühlte sich auch eine Stunde nach dem Spiel noch schuldig. "Tierisch dumm" fand der Dortmunder Aushilfsverteidiger nach eigener Aussage sein Verhalten in der Szene, die ihm schon nach 34 Minuten eine gelb-rote Karte eingebracht hatte. "Tierisch stolz" sei er allerdings auch gewesen, berichtete Owomoyela.

Und zwar auf das, was er von seiner Mannschaft sah, als er sich nach einer knappen Stunde Spielzeit wieder aus der Kabine traute. "Tierisch dankbar" schließlich war er, weil seine Mitspieler in Unterzahl mit 5:4 (0:0) nach Elfmeterschießen bei Fortuna Düsseldorf gewannen und ins Viertelfinale des DFB-Pokals einzogen.

Noch die Kinder und Kindeskinder derjenigen Schwarz-Gelben, die diese dramatische Begegnung miterlebten, werden in vielen Jahren mit Wonne von einem legendären Sieg sprechen. Das glaubt jedenfalls Dortmunds Trainer. "Das war ein Pokalspiel, das in unsere Geschichte eingehen wird", ordnete Jürgen Klopp den Erfolg ein.

Schließlich, so seine Argumentation, hatten sich die Dinge zuvor eindeutig zu Ungunsten seiner Mannschaft entwickelt: Zu einer langen Verletztenliste inklusive Mario Götze, Sven Bender und aller verfügbaren Innenverteidiger exklusive Mats Hummels gesellte sich unmittelbar vor dem Anpfiff auch noch Shinji Kagawa aufgrund von Magenproblemen.

Im Spiel folgten dann der - aufgrund von zwei ziemlich ungeschickten Fouls allerdings berechtigte - Platzverweis gegen Owomoyela und die daraus resultierende fast 90-minütige Unterzahl des BVB. Kurz vor dem Ende der Verlängerung meckerte dann auch noch Klopp zu heftig und wurde auf die Tribüne verbannt. Im Elfmeterschießen schließlich musste Jakub Blaszczykowski nach einem verwandelten Versuch noch einmal ran, während der zunächst gescheiterte Düsseldorfer Andreas Lambertz eine zweite Chance erhielt. Und natürlich traf.

"Und trotzdem", stellte Klopp hinterher genüsslich grinsend fest, "stehen wir als Sieger da." Wie mit einem Erfolg, der unter solchen Umständen zustande kommt, am besten zu verfahren ist? "Wir nehmen das auf, wir nehmen das mit und werden es nie vergessen."

Für den Trainer und die Mannschaft war dieser Sieg des Willens der krönende Abschluss eines Jahres, das die meisten Spieler in ihren 2011-Resümees nach Spielschluss als "perfekt", "großartig" oder "überragend" einordneten.

"Die Fortuna ist wieder da!"

Dem Hoch durch den überraschenden Gewinn der Meisterschaft folgte mit dem enttäuschenden Vorrundenaus in der Champions League zwar eine Delle. In immerhin zwei Wettbewerben aber sind die Dortmunder aktuell auf Kurs: In der Meisterschaft beträgt der Rückstand des Tabellenzweiten auf Bayern München zur Winterpause nur drei Punkte, und im Pokal, in dem der BVB in den vergangenen Jahren eine eher bescheidene Bilanz verzeichnete, fehlen noch drei Siege zum Titel. "Unser Ziel ist Berlin", versicherte Mats Hummels: "Und wenn man da erst mal ist, will man ja nicht unbedingt verlieren."

Borussia Dortmund's Grosskreutz, Weidenfeller, Perisic and Kehl celebrate after beating Fortuna Duesseldorf in a penalty shoot-out in Duesseldorf

Dortmunds Spieler hatten nach 120 Minuten und fünf getroffenen Elfmetern Grund zu feiern.

(Foto: REUTERS)

Die Leistung in Düsseldorf wird die Dortmunder in ihren Absichten bestärken. "Das ist ein Ausrufezeichen", befand Sebastian Kehl. Der Kapitän gestand, "sehr stolz" zu sein auf seine Mannschaft, denn "jeder haut sich hier rein, jeder gibt hier alles". Die wesentliche Grundlage für den Erfolg bildeten neben dem Teamgeist die taktische Variabilität und die Laufstärke der BVB-Spieler. Nach Owomoyelas Ausschluss übernahm zunächst Rechtsverteidiger Lukas Piszczek dessen Part, während sich Kevin Großkreutz aus dem Mittelfeld nach hinten rechts fallen ließ. In der Pause stellte Klopp dann auf eine Dreier-Abwehrkette um, mit Großkreutz als Linksverteidiger.

Der ungewohnten Rollenverteilung zum Trotz behielt Dortmund durch seine Ballsicherheit die Kontrolle und ließ keine klaren Möglichkeiten des Zweitliga-Spitzenreiters zu. Auch in Unterzahl gelang es dem BVB häufig, den Gegner an der Seitenlinie zu doppeln. Das aggressive Spiel gegen den Ball, ein wesentlicher Schlüssel zum Gewinn der Meisterschaft, hat diese Mannschaft einfach verinnerlicht. Siehe auch neunter Bundesliga-Spieltag, als es trotz fast 45-minütiger Unterzahl einen 2:0-Sieg in Bremen gab.

"Zehn Dortmunder waren brandgefährlich", bestätigte Andreas Lambertz. Der Düsseldorfer Kapitän räumte allerdings auch ein: "Manche Situation hätten wir vielleicht besser ausspielen können." Mehr Druck der Hausherren hatten auch die Dortmunder erwartet. "Sie haben es wohl bis zum Ende nicht so ganz verstanden, dass wir nur zehn Leute waren, denn sie haben ihr Spiel nicht geändert", wunderte sich Kehl.

Doch so ausgereift und selbstbewusst ist die Fortuna trotz ihrer Spitzenposition in der zweiten Liga offensichtlich (noch) nicht. Das finden die seit Monaten euphorisierten Anhänger allerdings verzeihlich. Schon wenige Minuten, nachdem Ivan Perisic zum Dortmunder Sieg getroffen hatte, setzten sie die Düsseldorfer Aufbruchstimmung mit ihrem Lieblingshit fort: "Die Fortuna / ist wieder da!"

Wenn sie dann im Mai sogar in die Bundesliga zurückkehren sollte, würde das Mats Hummels nicht wundern. Er findet die Mannschaft bereits jetzt "erstligareif" und würde in der kommenden Saison gern erneut in Düsseldorf spielen: "Die Anreise ist so schön kurz."

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