Basketballer Bastian Doreth über Corona:"Alle außer Gnabry konnten spielen - das hat mich gewundert"

Italien - Deutschland

Der 31-jährige Basketballer Bastian Doreth (re.) war für einige Zeit auch Kapitän des Nationalteams - er spielte u.a. beim FC Bayern und ist heute bei Medi Bayreuth.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Der FC Bayern durfte trotz Gnabrys Positivbefund gegen Atlético ran, die Bayreuther Basketballer müssen dagegen in ähnlicher Situation zwei Wochen in Quarantäne - ihr Kapitän übt Kritik.

Interview von Jonas Beckenkamp

SZ: Herr Doreth, ein Blick auf Ihren Twitter-Account zeigt, dass Sie sich zuletzt über den Umgang mit Corona in verschiedenen Sportarten wunderten. Worum ging es da?

Bastian Doreth: Der Anlass war, dass wir von Medi Bayreuth nach zwei Positivbefunden in Team und Teamumfeld geschlossen in Quarantäne mussten. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass das Gesundheitsamt so etwas anordnet. Das sind ja die Experten. Was mich stört: Es wird von Amt zu Amt und von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet, wann es Quarantäne gibt und wann nicht. Wenn die Transparenz fehlt, ist das kaum zu begreifen. Und wenn das so weitergeht, steigt der Unmut bei allen Beteiligten. Am Ende mindert das den Glauben an das System, das ist eine gefährliche Mischung.

Speziell im Fall Serge Gnabry zeigte sich diese unterschiedliche Handhabe. Nach seinem Positivbefund testete der FC Bayern kurzfristig alle Mitspieler und tags darauf trat man ohne Gnabry gegen Atlético an.

Mich irritiert, dass dieses Champions-League-Spiel trotz des Positivtests stattfand, auch wenn sich dann rausstellte, dass er "falsch positiv" getestet war. Hätten in diesem Fall dieselben Maßstäbe gegolten wie bei uns, dann hätte man die Partie verschieben müssen, um erst mal Klarheit zu schaffen. Es hat mich gewundert, dass das Amt in München entschied: alle außer Gnabry konnten spielen. Da wünsche ich mir mehr Gleichberechtigung. Wir brauchen sportartenübergreifend, vielleicht sogar länderübergreifend Regelungen. Über die Verbände wäre das machbar.

Staut sich da im Sport etwas auf, was auch gesamtgesellschaftlich langsam problematisch wird? Stichwort "Flickenteppich"?

Das wird ja immer deutlicher. Wir befinden uns in einer Krise, das bedeutet auch Drucksituationen für jeden Einzelnen. Da ist es menschlich, wenn man in den Überlebensmodus schaltet und jeder auf sein Wohl schaut. Aber ich sehe die Gefahr, dass sich Leute abwenden, wenn keiner mehr die Regeln versteht. Dann entwickeln immer mehr eine Dagegen-Haltung oder gehen auf Anti-Corona-Demos und das darf nicht das Ziel sein. Ich wäre auch total dafür, dass der Spitzensport keine Sonderregelungen bekommt. Wenn in einem Unternehmen jemand positiv getestet wird, legt man auch nicht gleich die ganze Firma lahm. Da verstehe ich auch den BBL-Geschäftsführer, der sagt: Mit der aktuellen Quarantäne-Bestimmung wird es schwierig, eine Saison durchzuziehen.

Aber wo liegt nun genau der Fehler?

Es gibt ein Kommunikationsproblem. Die Tests aus unserem Team landen in einem Labor in Berlin. Dort arbeitet ein Virologe, der eng mit der Liga kooperiert. Die BBL hat bestätigt, dass alle negativ Getesteten aus unserer Mannschaft durchaus hätten spielen können. Aber am Ende landet der Fall dann beim Gesundheitsamt in Bayreuth. Es lag ein Wochenende dazwischen, es gab viel zu tun, es fehlen vielleicht die Absprachen und so kommt dann so eine verwirrende Entscheidung zustande.

Was wäre Ihr Vorschlag, um solche Pannen zu verhindern?

Es braucht konkrete, für alle geltende Richtlinien. Es muss einheitlicher werden. Jeder soll wissen: Wenn einer aus der Mannschaft positiv ist, treten bestimmte Maßnahmen in Kraft. Dann ist die Sache klar. Man könnte zum Beispiel den Rest des Teams zweimal in der betreffenden Woche testen und dann wieder spielen. Oder: Die Mannschaft spielt - und nur der betroffene Profi wird isoliert.

So lief es bei Gnabry.

Genau. So etwas ist natürlich mit Kosten verbunden. Und man müsste vermutlich öfter testen, eventuell auch nach Spielen. Aktuell ist es bei uns so, dass wir nur einmal wöchentlich testen, wenn wir ein Spiel in dieser Woche bestreiten. Das ist auch der Unterschied zum Fall Gnabry: Die Fußballer spielen öfter und haben ganz andere Testkapazitäten.

"Saisonabsage? Da mache ich mir große Sorgen"

Ihre Spiele im BBL-Pokal sind jetzt verschoben. Mit Nachholterminen wird es eng. Wie groß sind Ihre Sorgen bezüglich des Bundesliga-Starts, die Voraussetzungen sind ja ähnlich?

Da mache ich mir große Sorgen. Wenn es so weitergeht, steigt der Termindruck und irgendwann bleibt auch aufgrund des Europapokals kein Spielraum mehr für Nachholpartien. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen die richtigen Ideen haben. Aus Spielersicht höre ich aus anderen Vereinen schon Befürchtungen, dass das ganze komplett abgeblasen wird oder dass wir wieder in eine Bubble müssen.

Im Eishockey steht eine Saisonabsage kurz bevor. Wie sehr plagt Sie ein solches Szenario?

Natürlich beschäftigt mich das. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir in Sportarten wie Basketball, Eishockey oder Handball nicht so viel verdienen, dass man in der jetzigen Situation immer ruhig schlafen kann. Wir können nicht auf irre viel Gehalt verzichten. Es gab vergangene Saison schon Einbußen. Wenn es sich nun fortsetzt, spitzt sich das zu. Da ergeht es mir als Basketballer und Familienvater nicht anders als jedem anderen Arbeitnehmer.

Können Sie mit solchen Sorgen überhaupt noch frei aufspielen oder hemmt sowas?

Es ist eine große Belastung, weil es für alle neu ist. Vergangene Saison kamen wir noch mit einem blauen Auge davon und konnten irgendwie weitermachen. Aber jetzt treiben einen natürlich wieder Ängste um. Hinzu kommt die Quarantäne: Als Sportler bin ich es gewohnt, ausgelastet zu sein, mich auf den Wettkampf zu freuen. Aber jetzt bin ich zu Hause und mache mir meine Gedanken. Es ist kein schönes Gefühl. Gleichzeitig weiß ich, dass wir Profis in einer privilegierten Lage sind. Was Existenzen angeht, hat es sicher manche viel härter erwischt.

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