Dopingskandal:Die nächste Explosion steht bevor

Seit Dopingarzt Eufemiano Fuentes öffentlich erklärt hat, sein Wissen preiszugeben, zittert Spaniens Sport vor neuen Enthüllungen.

Javier Cáceres

Eufemiano Fuentes atmete tief durch, und entweder rang Spaniens Dopingarzt Numero Uno wirklich mit sich, oder er ist ein begnadeter Schauspieler, was man nicht wirklich ausschließen möchte.

Der spanische Arzt Eufemiano Fuentes, dpa

Der spanische Arzt Eufemiano Fuentes

(Foto: Foto: dpa)

"In Ordnung", sagte Fuentes, nachdem ihn Jose Ramon de la Morena, der Anchorman der mitternächtlichen Sport-Radiosendung El Larguero, zum x-ten Mal vorgeschlagen hatte, ins Studio des Radiosenders Cadena SER zu kommen, um Auge in Auge über den beispiellosen Dopingskandal in Spanien zu diskutieren, in dessen Zentrum Fuentes steht.

"In Ordnung. Ich komme. Aber unter einer Bedingung: Dass du mich das, was ich sagen muss, sagen lässt... Wenn ich die Wahrheit sagen muss, werde ich sie sagen. Wenn ich von anderen Sportarten reden muss, werde ich es tun. Ich werde all das erzählen, was mir das Berufsgeheimnis nicht verbietet."

Verhängnisvolle Andeutungen

Seither lebt Spaniens Sportwelt in einer Mischung aus banger Erwartung und Schockzustand, denn das Wissen des Eufemiano Fuentes, dem Hauptdarsteller einer Affäre, die unter anderen auch den deutschen Radprofi Jan Ullrich die diesjährige Tour-Teilnahme kostete, ist so umfangreich und disziplinübergreifend, dass es wohl den gesamten Hochleistungssport Spaniens ins Wanken bringen kann. Mindestens.

Dahingehende Andeutungen lieferte Fuentes in dem rund elfminütigen Radiointerview. "Ich bin Pionier in vielen Dingen. Doch muss ich auch ein Pionier darin sein, den Ring der Heuchelei zu zerschlagen?", fragte Fuentes mit offenkundigem Bezug auf den gesamten Berufssport.

Nach Erkenntnissen der spanischen Polizei hat Fuentes mit einem Hämatologen namens Jose Luis Merino Batres einen Dopingring in Madrid geleitet, er flog am 23. Mai auf und soll insbesondere Radsportlern bei Eigenblut-Transfusionen und der Versorgung mit Dopingmitteln zu Diensten gewesen sein. Gegen Fuentes und Merino wurde Haftbefehl erlassen, der zur Kaution ausgesetzt ist.

Er habe beileibe nicht bloß Radler "behandelt", sondern auch Sportler aus anderen Bereichen: "Aus der Leichtathletik, dem Tennis oder dem Fußball", sagte Fuentes.

Das ist eine gewaltige Überraschung, denn der Oberste Spanische Sportrat CSD hatte am Montag in einem Communiqué erklärt, dass ausschließlich Radsportler vom Skandal betroffen seien. Das wiederum war eine Reaktion darauf gewesen, dass der Präsident des Radsportweltverbandes UCI, Pat McQuaid, am Samstag gesagt hatte, auch andere Sportarten seien betroffen.

Das Wochenblatt Journal du Dimanche setzte daraufhin in die Welt, Fußballer von Real Madrid sowie der Tennisspieler Rafael Nadal hätten auch die Dienste von Fuentes beansprucht.

Wieso diese - offenbar falsche - Klarstellung durch den CSD erfolgt sei, wisse er nicht, sagte Fuentes und bezeugte, "ganze Mannschaften" aus der ersten und zweiten spanischen Fußball-Liga hätten auf seine Methoden zurückgegriffen.

Überhaupt zeigte sich Fuentes über die "selektive Nennung" der Sportler erstaunt, die in einem Atemzug mit ihm genannt werden. Die Liste von Klienten, die in der Presse kursiere, sei weder korrekt noch vollständig. "Das indign(iert mich)... Nicht alle, die (auf der Liste stehen), waren dabei, und nicht alle, die dabei waren, stehen da (auf der Liste). Es sind Namen dabei, die ich nicht mal kenne."

"Nie jemanden geschadet"

Bei der Tour de France seien weiterhin Fahrer dabei, die sich von ihm behandeln lassen haben. Dass er dabei gegen geltende Gesetze verstoßen habe, bestritt er vehement. "Ich habe kein Verbrechen begangen und fühle mich auch nicht als Krimineller."

Die Absicht, die hinter den Eigenbluttransfusionen bei Leistungssportlern stehe, erklärte er so: "Man kann ihm (dem Sportler/d. Red.) das Blut wieder injizieren oder nicht, man hat zehn Jahre, um das zu entscheiden. Um es klar zu sagen: Die Absicht ist, ein Problem zu lösen - ein gesundheitliches oder ein regeltechnisches. Diese Behandlungen macht man, um innerhalb der Regeln zu sein und um die Leistung zu erhöhen." Seine Methoden seien im übrigen nicht ausschließlich blutgestützt gewesen.

Fuentes erzählte, dass er die Vermutung hatte, von der Polizei abgehört worden zu sein. "Es gab Sachen, die mir seltsam vorkamen... Du rufst an und hörst seltsame Geräusche, hast den Eindruck, dass eine andere Person in der Leitung ist, (die Verbindung) bricht zusammen. Ich vermutete, kontrolliert zu werden, aber natürlich dachte ich nicht, dass es wegen irgendwelcher Dinge sei, die ich machte. Ich habe nie jemandem geschadet."

Verabredet haben sich Fuentes und die Cadena SER für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag; El Larguero kann im Schnitt auf mehr als 1,5 Millionen Hörer zählen. Die Quote dürfte sich toppen lassen.

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