Dopingfall Lance Armstrong:Geldgeber fordern Millionen zurück

Lesezeit: 3 min

Die Tour-Siege sind verloren, jetzt geht es ans Geld: Lance Armstrong hat als Radprofi Millionen an Preisgeldern und Versicherungsauszahlungen erhalten, nach Streichung der Ergebnisse kündigen einige Geldgeber Rückforderungen an. Ob Armstrong dem Ruin entgegensteuert, ist allerdings schwer zu beurteilen. Niemand weiß, wie reich er wirklich ist.

Lance Armstrong ist jetzt als Bösewicht identifiziert. Doch bei der moralischen und sportrechtlichen Konsequenz wird es nicht bleiben. Nachdem der Radsport-Weltverband UCI am Montag wegen Dopings alle Ergebnisse seit dem 1. August 1998 gestrichen hatte, also auch die sieben Siege bei der Tour de France, geht es ans Geld. Muss Armstrong rückwirkend all seine Siegprämien und Bonuszahlungen erstatten? Es geht um viele Millionen und Verbände, Rennveranstalter und Versicherer wittern einen unverhofften Reibach.

Die US-Versicherungsfirma SCA Promotions hatte dem Amerikaner während seiner Karriere nach eigenen Angaben rund zwölf Millionen Dollar ausgezahlt und erwägt nun rechtliche Schritte gegen den früheren Radprofi. "Herr Armstrong ist nicht länger offizieller Gewinner irgendeines Tour-de-France-Rennens und als Ergebnis ist es unangemessen und unzulässig von ihm, jegliche Bonuszahlungen von SCA zu behalten", teilte SCA-Anwalt Jeffrey Dorough mit. Sein Kollege Jeffrey M. Tillotson führte aus: "Wir werden eine formale Forderung nach Rückzahlung der Gelder stellen. Wenn dies nicht erfolgreich ist, werden wir innerhalb von fünf Tagen ein Gerichtsverfahren einleiten."

Das Unternehmen aus Dallas hatte Armstrong 2002 eine Prämie von 1,5 Millionen Dollar für den Toursieg ausbezahlt, ein Jahr später wurden für den fünften Triumph bei der Frankreich-Rundfahrt weitere drei Millionen Dollar fällig. Tailwind Sports, Besitzer von Armstrongs Team US Postal, hatte bei SCA eine Versicherung über den Bonus abgeschlossen. Nachdem im Jahr 2004 durch das von David Walsh und Pierre Ballester veröffentlichte Buch "L.A. Confidential" Doping-Anschuldigungen laut wurden, verweigerte SCA die vereinbarte Bonuszahlung von fünf Millionen Dollar für den sechsten Toursieg. Es kam zum Prozess, in dem Armstrong schwor, keine leistungssteigernden Mittel genommen zu haben. SCA verlor und musste inklusive Anwaltsgebühren und Prozesskosten 7,5 Millionen Dollar zahlen. Auch die britische Sunday Times hatte über die dunkle Vergangenheit von Armstrong berichtet und musste nach einer Verleumdungsklage eine Million Dollar zahlen. Es winkt ein nachträglicher Geldsegen für das Blatt.

Tour-de-France-Chef Christian Prudhomme geht davon aus, dass Armstrong auch das Preisgeld für seine sieben Siege zurückgeben muss. "Das Reglement der UCI ist deutlich: Wenn einem Fahrer der Platz aberkannt wird, der Geld einbringt, muss er (das Preisgeld) zurückzahlen", sagte Prudhomme in Paris.

Nach Berechnungen der Sportzeitung L'Équipe hatte Armstrong bei seinen Tour-Erfolgen insgesamt knapp drei Millionen Euro Preisgeld gewonnen. Prudhomme wiederholte zudem seinen Wunsch, die Tour-Gesamtsiege in den Jahren 1999 bis 2005 nicht neu zu vergeben. "Diese Epoche muss gekennzeichnet sein durch das Fehlen von Siegern", sagte er.

UCI-Präsident Pat McQuaid sagte am Montag in Genf, der Weltverband wolle sich am Freitag beraten, ob die Titel von Armstrong dann an die jeweils Zweitplatzierten vergeben werden müssen. Das wären unter anderem dreimal Jan Ullrich und einmal Andreas Klöden. Unweigerlich folgt darauf die Frage, ob das von Armstrong zurückgeforderte Preisgeld dann auch dem neuen Sieger zusteht. Oder ob ein Fahrer das Preisgeld einklagt?

Betrug bei der Tour de France 1999 bis 2005
:Armstrongs gedopte Rivalen

Der Betrüger ist überführt: Lance Armstrong muss auf seine sieben Titel bei der Tour de France von 1999 bis 2005 verzichten. Zu einer Neuverteilung der Erfolge kommt es nicht - wohl aus gutem Grund: Schließlich ist keiner der einstigen Armstrong-Rivalen sauber geblieben. Ein Überblick über die Radprofis auf dem Tour-Podium an der Seite des Amerikaners - und deren Doping-Vergangenheit.

Über Lance Armstrong allerdings bricht nun scheinbar alles zusammen. Pat McQuaid und die UCI hatten sich am Montag radikal von ihrem einstigen Helden abgewandt. Es folgte der Verlust des nächsten Sponsors. Der Sonnenbrillenhersteller Oakley beendete mit sofortiger Wirkung die Zusammenarbeit mit Armstrong. "Als Lance vor vielen Jahren unserer Familie beigetreten ist, war er ein Symbol des Möglichen. Wir sind sehr traurig über die gewonnenen Erkenntnisse, blicken aber mit der Hoffnung nach vorne, dass Sportler und Mannschaften die Inspiration des Radsports sauber, fair und ehrlich wieder aufleben lassen", hieß es in einer Mitteilung.

Oakley will Armstrongs Krebsstiftung Livestrong aber weiter unterstützen. Zuvor hatten bereits eine Vielzahl an Sponsoren wie der Sportartikelhersteller Nike, die Brauerei Anheuser oder der Fahrradhersteller Trek das Sponsoring mit Armstrong eingestellt.

Ob der Amerikaner nun den Ruin befürchten muss, ist unklar. Niemand kann genau einschätzen, wie groß sein Vermögen ist. Er hat viele Millionen allein durch den Radsport und seine Sponsoren verdient, dazu war er ein gerne gebuchter Motivationsredner. Immer wieder wurde auch der Verdacht geäußert, dass sich Lance Armstrong aus den Einnahmen seiner Krebsstiftung Livestrong bedient. "Seine Stiftung ist nur ein Alibi, um unter dem Deckmantel der Krankheit Geld zu verdienen", schrieben 2009 die Journalisten Pierre Ballester und David Walsh in ihrem Buch "Le sale tour" (Die schmutzige Tour). Amerikanische Medien schätzen, dass Armstrong über mehr als 100 Millionen Dollar verfügt.

Von dem Texaner ist zur Sache weiterhin nichts zu hören. Dabei werden die kleinsten Regungen Armstrongs aufmerksam registriert. So meldeten die Nachrichtenagenturen am Dienstagmorgen, dass der 41-Jährige sein Profil auf dem Internetdienst Twitter geändert habe.

Er veränderte dort seine Statusmeldung und ließ den Hinweis auf die Tour-Siege verschwinden. "Erziehe meine fünf Kinder. Bekämpfe den Krebs. Schwimme, fahre Rad, laufe und golfe, wann immer ich kann", ist jetzt auf dem Profil zu lesen. Zuvor hatte sein Status "Vater von fünf tollen Kindern, siebenmaliger Gewinner der Tour de France, Vollzeit-Krebsbekämpfer und Teilzeit-Triathlet" gelautet.

© SZ.de/hum/dpa/dapd/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: