Eigentlich sollten spektakuläre Spiele die Nachrichten von der Handball-WM in Dänemark, Norwegen und Kroatien bestimmen, nun ist der Welthandball mit dem nächsten komplizierten Dopingfall konfrontiert. Der Portugiese Miguel Martins, 27, wurde einen Tag vor dem ersten Spiel seines Teams präventiv gesperrt, wegen eines positiven Tests auf ein exogenes Testosteron. Ein Steroid also, das auf der Liste der Welt-Anti-Doping-Agentur als jederzeit verboten gilt.
Ungewöhnlich erscheint zunächst der zeitliche Zusammenhang. So erklärt die Internationale Testagentur ITA, die für den Handballweltverband IHF ein Anti-Doping-Programm betreibt, dass Martins’ Probe gar nicht aus dem Vorfeld dieser Weltmeisterschaft, sondern bereits von der Europameisterschaft 2024 in Deutschland stamme. Vor einem Jahr, am 13. Januar 2024, war Martins demnach während einer Dopingkontrolle getestet worden – zunächst negativ.

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Dänemark hat es schon wieder geschafft: Zum vierten Mal in Folge wurde das Team um Starspieler Mathias Gidsel Handball-Weltmeister. Der Spielplan mit allen Partien im Überblick.
Bei Turnieren der Europäischen Handballföderation (EHF) ist die eigene Anti-Doping-Einheit zuständig. Diese bestätigt, Martins bei der EM getestet zu haben – jedoch mit anderslautendem Ergebnis. „Die Probe, die wir von ihm haben, ist eine Probe von der EM. Und die war negativ“, erklärte Hans Holdhaus, der Chef der Anti-Doping-Einheit der EHF, dem Portal Handball-World. EHF-Generalsekretär Martin Hausleitner bestätigte, dass die ITA die Probe „im März wieder geöffnet“ habe.
Im Gespräch mit der SZ erklärt die Testagentur, wie es zum langen Zeitraum zwischen der ursprünglichen Testung im Januar 2024 und der Suspendierung ein Jahr später kommen konnte. „Es kann passieren, dass die Erstanalyse zunächst negativ ist“, erklärt eine Sprecherin. Die erste Probe habe die Anti-Doping-Einheit der EHF untersucht; als diese negativ war, durfte Martins die EM bestreiten und auch im Anschluss zahlreiche Pflichtspiele für seine Vereine und das Nationalteam bestreiten.
Erst bei den anschließenden Analysen derselben Probe durch die ITA mit einem anderen Testverfahren (GC/C/IRMS-Methode) seien Martins Testosteronwerte auffällig gewesen. Die Analysen mit Biomarkern nach dem ABP-Programm (Athlete Biological Passport) seien zeitaufwendig, deshalb sei die Suspendierung erst nach einem solch langen Zeitraum erfolgt. Laut ITA ist alles regelkonform gelaufen: „Das Programm hat gegriffen.“ Dem Portugiesen Martin droht eine lange Sperre.
Der Schweizer Torwart Portner stand ebenfalls unter Dopingverdacht, spielt aber bei der WM
Es ist nicht lange her, als ein ähnlich kompliziert gelagerter Dopingfall den Handball aufschreckte. Der Schweizer Torwart des SC Magdeburg, Nikola Portner, wurde im April 2024 positiv auf Methamphetamin (als Partydroge Crystal Meth bekannt) getestet und von der Handball-Bundesliga (HBL) und seinem Verein suspendiert. Die B-Probe bestätigte den Befund. Doch dann die Wende: Nach einigen Wochen erklärte die HBL, dass die Konzentration des verbotenen Stoffes so gering gewesen sei, dass eine aktive Einnahme ausgeschlossen werden könne. Die Liga geht von einer „unverschuldeten Kontamination“ aus.
Seitdem darf Portner, 31, wieder spielen, im Verein und im Nationalteam. Zum WM-Auftakt rettete der Torwart den Schweizern das Unentschieden gegen Tschechien (17:17). Bei den Akten liegt der Fall aber nicht: Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) rief den Internationalen Sportgerichtshof Cas an, weil sie im Freispruch für Portner „grundsätzlichen und richtungsweisenden Überprüfungs- und Klärungsbedarf“ sieht. Der Torwart wiederum legte vor dem Oberlandesgericht Köln Rechtsmittel gegen den Cas ein. Eine Sperre für Portner ist weiterhin denkbar.
Bei der WM darf Portner spielen, im Gegensatz zu Martins. Die Portugiesen sind durch die Suspendierung des Rückraumspielers, der für den dänischen Spitzenklub Aalborg Handbold aufläuft und 111 Länderspiele für sein Land absolviert hat, deutlich geschwächt. „Dieser Sieg war für ihn“, erklärte Portugals Trainer Paulo Pereira nach dem Erfolg im ersten Turnierspiel gegen die USA. Martins erklärt, er habe die Öffnung der B-Probe beantragt.