Dopingfall Contador:Problemlösung auf spanische Art

Nur anormal, nicht gedopt: Der Rad-Weltverband UCI will den Fall Contador ohne Strafe zu den Akten legen. Ursprünglich sollten die Dopingbefunde sogar vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden.

Andreas Burkert

Die Radsaison neigt sich dem Ende zu, als traditioneller Ausklang gilt die Lombardei-Rundfahrt. Sie findet in zwei Wochen statt und wird das letzte Rennen unter dem Logo der ProTour sein; die Serie mit den Prestigeterminen soll ab 2011 großspurig World Tour heißen. Der angeblich klamme Weltverband UCI möchte das Geschäft ankurbeln und seinen Sport globalisieren, und im Drehbuch der Kampagne kommt auch der Spanier Alberto Contador vor.

Alberto Contador

Der Dopingfall Alberto Contador sorgt weiter für Schlagzeilen.

(Foto: AP)

Der dreimalige Sieger der Tour de France soll sich ja in den nächsten Jahren mit dem 25-jährigen Herausforderer Andy Schleck aus Luxemburg duellieren, und an eine Korrektur der Handlung ist trotz des positiven Dopingtests von Contador nicht gedacht: Wie zu befürchten stand, plant die UCI ganz offenbar die Fortsetzung einer peinlichen Tradition: Auch Contadors Fall soll rasch zu den Akten gelegt werden. Und zwar ohne Sanktion.

Zu den Akten - ohne Sanktion

Die spanische Zeitung El País beruhigte jedenfalls am Samstag die besorgte Nation. Zur "Contador-Krise" meldete das Blatt, UCI-Boss Pat McQuaid habe am Rande der Straßen-WM in Australien iberischen Gesandten zugeraunt, es werde "keinen Fall Contador geben. In einigen Tagen legen wir die Angelegenheit zu den Akten". Nur die Indiskretion über Contadors Positivtest vom 21. Juli, dem zweiten Ruhetag der diesjährigen Tour de France, habe verhindert, die Sache wie geplant zu lösen, schrieb El País, offenbar instruiert vom Chef des spanischen Verbandes RFEC, Carlos Castano. Wie diese Lösung nach Art des Hauses aussehen soll, verschweigt ja nicht mal Contador, der am Wochenende eine ungewöhnliche PR-Offensive startete und mehrere Interviews gab.

Der Madrilene war am 24. August von der UCI über sein positives Resultat in A- und B-Probe informiert worden. Gewöhnlich hat die UCI, die wie die Welt-Antidoping-Agentur (Wada) vom jeweiligen Analyselabor in Kenntnis gesetzt wird, einen Dopingverdacht umgehend öffentlich zu machen. Bei Contador, der die geringen Clenbuterol-Werte mit dem Genuss von kontaminiertem Kalbfleisch erklärt, publizierte sie den spektakulären Fund erst nach einer ARD-Anfrage. Contador und die UCI hatten bis dahin geschwiegen, nicht mal Bjarne Riis, sein künftiger Teamchef, wurde eingeweiht. "Die UCI riet mir, niemandem etwas zu sagen", erklärte Contador im dänischen Sender TV2, "es schien, dass alles in Ordnung sei und intern gelöst würde."

"Nicht als positiven Dopingfall betrachten"

Dies soll nun ganz offenbar trotz der Indiskretion geschehen. Grundlage der dreist anmutenden Strategie ist wohl, dass es sich laut Wada-Regularien zwar um einen mit zwei Jahren Sperre zu belegenden Dopingfall handeln mag, Contador und die UCI aber ihre eigene Wahrheit bevorzugen wollen. "Man muss einen positiven Fall von einem anderen unterscheiden", sagte Contador in einem ARD-Interview für Sportschau und Sport-inside (WDR, Montag, 22.45 Uhr). "Wie die UCI unterstrich, handelt es sich bei mir um ein anormales Resultat, und solange keine endgültige Entscheidung getroffen ist, kann es nicht als positiver Fall betrachtet werden."

Nur anormal, nicht gedopt - dieses Urteil soll die UCI angeblich schon bald verkünden. Tendenz: Im Zweifel für den Champion. Und vom spanischen Verband ist keine Verfahrenseröffnung zu erwarten, obwohl internationale Experten eine mit Clenbuterol-Rückständen verseuchte Re-Infusion von Eigenblut für weitaus wahrscheinlicher halten als die Version vom baskischen Fleisch, das am Abend des 20.Juli im Teambus zubereitet worden sei. Der RFEC weigerte sich ja schon beim überführten Fuentes-Kunden Alejandro Valverde, den Landsmann zu bestrafen.

Fans von Contador

Gegen diese Untätigkeit klagten damals noch UCI und Wada (erfolgreich) vor dem Sportgerichtshof Cas, und auch nun bedürfte es wohl eines Klägers (das IOC?), um die nächste Problementsorgung nach spanischem Muster zu verhindern. Doch die Wada ist ja bereits als Helfer einer geplanten Vertuschung ertappt - und in ihrem Exekutiv-Komitee sitzt als Vertreter der europäischen Regierungen Spaniens Sportminister Jaime Lissavetzky. Er stand bis zuletzt zum Blutdoper Valverde und ist auch ein glühender Fan von Alberto Contador.

Und die UCI? Deren Richterspruch verkündete am Samstag McQuaid indirekt vorab, als er wegen des nächsten iberischen Dopingfalls (Cross-Weltmeisterin Margarita Fullana) über "ein Dopingproblem in Spanien" klagte und die dortige Regierung zu Maßnahmen aufforderte. Als Beleg zählte der Ire die Sünderliste des vergangenen Sommers auf, "mit Sevilla, zuletzt Mosquera, David Garcia und nun Fullana". Der Name Alberto Contador fehlte.

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