Dopingaffäre im Radsport:Cas sperrt Contador und erkennt Tour-Sieg ab

Der Internationale Sportgerichtshof Cas urteilt gegen Alberto Contador. Die Richter sperren den spanischen Radprofi wegen Dopings für zwei Jahre. Zudem verliert Contador je einen Titel bei der Tour de France und beim Giro d'Italia. Der Präsident des Weltradverbands UCI spricht von einem "traurigen Tag für unseren Sport" - aus Spanien kommt harsche Kritik.

Noch am Sonntag hatte Alberto Contador eine Twitter-Nachricht abgeschickt. Er sei auf dem Weg nach Palma, es sei ziemlich kalt, schrieb der Radprofi. Dazu veröffentlichte er den Link zu einem Bild, das verschneite spanische Autobahnen zeigt. Wie kalt es erst tags darauf für ihn werden würde, ahnte Contador zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Radprofi Alberto Contador

Radprofi Alberto Contador bei der 17. Etappe der Tour de France 2010.

(Foto: dpa)

Am Montagmittag erklärte der Internationale Sportgerichtshof Cas, er habe Contador wegen einer positiven Dopingprobe bei der Tour de France 2010 rückwirkend zwei Jahre Sperre gesperrt. Contador verliert damit alle Erfolge, die er in dieser Zeit errungen hat, also sowohl seinen Tour-Titel von 2010 als auch den Sieg beim Giro d'Italia 2011. Ob der Spanier zusätzlich eine Geldstrafe von mindestens 2,485 Millionen Euro zahlen muss, werde noch geprüft. Das bestätigte der Cas in seiner Urteilsbegründung.

Für die Urteilsfindung benötigte das dreiköpfige Richtergremium 18 Monate. Der 29-jährige Radprofi war am 21. Juli 2010 am zweiten Ruhetag der Tour überführt worden, das als Kälbermastmittel verwendete Clenbuterol eingenommen zu haben. Der spanische Radverband RFEC hatte ihn im Februar 2011 aber von jeder Schuld freigesprochen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) und der Radsportweltverband UCI brachten daraufhin den Fall vor den Cas.

Die Richter folgten der Argumentation Contadors nicht, der ein verunreinigtes Steak als Grund für den positiven Befund angeführt hatte. Es hätte keinen Beweis für eine Fleisch-Kontamination gegeben, und außerdem werde im Gegensatz zu anderen Ländern in Spanien Clenbuterol in der Mast nicht eingesetzt, hieß es in der Urteilsbegründung weiter. Ferner sei kein anderer positiver Dopingfall in Zusammenhang mit dem Verzehr von spanischem Fleisch bekannt.

Wada und UCI hatten sich auf Daten aus dem biologischen Pass konzentriert und darüber hinaus auf eine unerlaubte Bluttransfusion, durch die Spuren von Clenbuterol in der Urinprobe Contadors zustande kamen. Der Spanier hatte Doping stets vehement bestritten.

Das Gericht schließt in seiner Begründung, dass weder die Version Contadors noch die der Verbände wahrscheinlich sind. Das Clenbuterol sei vermutlich durch die Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittels in den Körper des Radfahrers gelangt, schreiben die Richter.

Die vom Cas ausgesprochene Sperre dauert bis zum 6. August 2012. Damit darf Contador weder bei der Tour 2012 noch bei den Olympischen Spielen 2012 in London an den Start gehen.

"Es wurde das Reglement angewendet. Es war eine klare Entscheidung, basierend auf einem positiven Test. Es gab keinen Grund, den Athleten freizusprechen", sagte CAS-Generalsekretär Matthieu Reeb.

"Das Strafmaß ist völlig übertrieben"

In einer Stellungnahme erklärte die UCI, sie sei zwar froh über das Ende dieser langanhaltenden Affäre, die "sehr schmerzhaft für den Radsport" gewesen sei, spüre aber keine Befriedigung. UCI-Präsident Pat McQuaid sprach von einem "traurigen Tag für unseren Sport. Einige mögen dies als Sieg werten, aber das ist nicht der Fall", sagte der Ire. Wenn es um Doping gehe, gebe es keine Gewinner. "Jeder Fall ist immer ein Fall zu viel."

Die Cas-Entscheidung ist auch für die Formation des ehemaligen Telekom-Stars und Teamchefs Bjarne Riis eine Katastrophe: Saxo-Bank war komplett auf Contador ausgerichtet. Sogar eine Tour-Startzulassung könnte jetzt auf dem Spiel stehen.

Der spanische Verband reagierte empört auf die Sperre Contadors. "Wir hatten auf eine positive Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs gehofft", sagte der Präsident des spanischen Radsportverbandes (RFEC), Juan Carlos Castaño, am Montag. Der Tour-Sieger von 2008, Carlos Sastre, meinte: "Das Urteil entbehrt jeder Logik. Man kann einen Profi nicht zu einer Sperre verurteilen, wenn ihm kein Doping nachzuweisen ist."

Der Ex-Radprofi und Tour-de-France-Sieger von 1988, Pedro Delgado, sagte: "Im Kampf gegen das Doping verlieren die Verantwortlichen die Orientierung. Das Strafmaß ist völlig übertrieben."

Ambivalent war am Montag die Reaktion von Katusha-Teamchef Hans-Michael Holczer, der 2008 mit Stefan Schumacher und Co. einschlägige Doping-Erfahrungen machen musste. "Ich kann nicht jubeln, weil wieder Negativschlagzeilen produziert wurden. Aber es ist auch als gutes Zeichen zu werten, dass unabhängig von Person und Reputation ein solches Urteil gefällt wurde. Erfolg schützt vor Strafe nicht - diese Message ist im Anti-Doping-Kampf wichtig", sagte Holczer der Nachrichtenagentur dpa.

Der ehemalige HTC-Teamchef Rolf Aldag monierte vor allem den langen Zeitraum der Urteilsfindung. "Der Fall Contador hätte am 1. August 2010 und nicht am 6. Februar 2012 abgeurteilt werden können. Aber wenigstens ist die Beschädigung des Sports jetzt nach 18 Monaten beendet. Das Urteil ist ein klares Statement", sagte Aldag (hier ein ausführliches SZ-Interview mit Aldag vom 11.1.2012).

Durch die Streichung der großen Contador-Erfolge nach dem 21. Juli 2010 können jetzt der Luxemburger Andy Schleck (Tourzweiter 2010) und der Italiener Michele Scarponi (Giro-Zweiter 2011) auf ein Aufrücken hoffen. Das muss vom Radsport-Weltverband UCI aber noch abgesegnet werden.

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