Süddeutsche Zeitung

Doping:Türkisches Geständnis

"Spitzensportler aus aller Welt kommen auf diese Weise davon": Die ehemalige Olympiasiegerin Asli Cakir Alptekin gesteht am Rande der EM in Amsterdam Doping und belastet die alte Führung des Weltverbands.

Die derzeit gesperrte türkische Leichtathletin Asli Cakir Alptekin hat ihr Doping-Vergehen zugegeben und Lamine Diack, den früheren Präsidenten des Leichtathletik-Weltverbands, sowie dessen Söhne Massata und Khalil der Bestechlichkeit bezichtigt. "Es hat eine Verletzung der Anti-Doping-Regeln gegeben. Ich bin selbst sehr traurig drüber", sagte die 30-Jährige, der der Olympiasieg über 1500 Meter von London 2012 aberkannt worden war, am Samstagabend in der ARD.

Zudem bekräftigten Alptekin und ihr Mann und Trainer Ishan schwere Vorwürfe gegen den Diack-Clan, die bereits im zweiten Untersuchungsbericht einer Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur erwähnt wurden. 2012 seien Khalil und Massata, der von Interpol gesucht wird, an sie herangetreten, um den Dopingfall gegen eine Geldzahlung zu vertuschen. "Massata Diack kam zu uns in die Türkei, er wollte uns sehen. Er hat uns gesagt, dass er das Problem gegen Bezahlung lösen könnte. Er hat von uns 650 000 Euro verlangt", erzählte Alptekin. Man habe die Zahlung abgelehnt, fuhr Ishan Alptekin fort - auch, als die Diacks später weniger forderten, erst 500 000, dann 350 000 Euro.

"Nur so zu lösen"

Khalil Diack habe dann erklärt, dass die Sache "nur so zu lösen sei", sagte Asli Alptekin, "auf diese Weise würden Spitzensportler auf der ganzen Welt davonkommen." Er habe gesagt, die Türkei müsse mit der IAAF einige Projekte realisieren. Geregelt würde alles an höchster Stelle. In Telefonmitschnitten wird Khalil Diack zudem mit den Worten zitiert: "Lamine Diack ist die Person, die Alptekins Problem lösen kann. Damit man sie offiziell für sauber erklärt, müssen wir etwas auf den Tisch legen. Das sind Fälle, wo Geld ins Spiel kommen muss. Du musst es schaffen, die Leute zu motivieren, mit denen du sprichst." Ex-Präsident Diack ist inzwischen von der französischen Justiz wegen Betrugs und Geldwäsche angeklagt.

Asli Cakir Alptekin war 2004 positiv getestet und für zwei Jahre gesperrt worden. 2013 wurden bei Alptekin, wie bei einer ganzen Reihe türkischer Athleten, überhöhte Werte im Blutpass festgestellt. Im August 2015 wurde sie rückwirkend für acht Jahre bis 2021 gesperrt. Wegen ihrer Mithilfe als Doping-Kronzeugin wird die Wada ihre Sperre voraussichtlich auf vier Jahre reduzieren, dann dürfte sie ab dem 10. Januar 2017 wieder starten. Der internationale Sportgerichtshof CAS hatte vor knapp einer Woche ihren Antrag abgelehnt, die Sperre gar bis auf zwei Jahre zu reduzieren.

Kenia noch mehr im Zwielicht

Weniger als einen Monat vor Beginn der Olympischen Spiele gerät auch Kenias Leichtathletik erneut ins Zwielicht. Im bekannten kenianischen Höhentrainingslager Iten soll auch mit Doping an Ausdauer und Schnelligkeit gearbeitet werden. Ein ARD-Fernsehbericht, der ebenfalls am Samstag ausgestrahlt wurde, zeigt, wie das Blutdopingmittel Epo und gebrauchte Spritzen in Mülltonnen gefunden wurden. Außerdem wird darüber berichtet, wie einfach es nach wie vor zu sein scheint, Dopingmittel in dem afrikanischen Land zu kaufen. "Die neuen kenianischen Läufer, die aus dem Nichts kommen, sind Doper", sagte ein nicht genannter Trainer eines Olympiasiegers der ARD.

Gezeigt werden in dem Filmbeitrag auch zwei Ärzte, die Auskunft geben, welche Dopingmittel sie vertreiben und wie diese genutzt werden. Zu den Kunden soll unter anderem auch ein britischer Läufer gehören. "Die Informationen sind sehr schockierend. Man sieht, dass wir eine Menge Probleme an der Basis haben", sagte der Vorsitzende der kenianischen Nationalen Anti-Doping-Agentur, Japhter Rugut. "Wir wollen bei den Olympischen Spielen mit einer sauberen Mannschaft antreten."

Kenia war bei der Leichtathletik-WM 2015 in Peking die erfolgreichste Nation. Das Land hat erst vor Kurzem ein Anti-Doping-Gesetz verabschiedet. Das Internationale Olympische Komitee hatte angekündigt, besonders Kenias Athleten vor den Rio-Spielen auf Doping außerhalb von Wettkämpfen testen lassen zu wollen.

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SZ vom 10.07.2016 / sid
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