Doping-Sperre für Sachenbacher-Stehle:War's das jetzt?

Sotschi 2014 -  Evi Sachenbacher-Stehle

Mit der Ruhe ist es vorbei: Evi Sachenbacher-Stehle hat offenbar einem Mann vertraut, der an der Grenze zur Scharlatanerie arbeitet.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Die Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle bekommt für den Konsum eines Pflanzenkonzentrats eine Zwei-Jahres-Sperre - sie selbst nennt das Urteil "ausschließlich verbandspolitisch motiviert". Es könnte ihr Karriereende bedeuten, doch eine Berufung wäre aussichtsreich.

Von Thomas Hahn

In dürren Worten steht das Urteil nun da im Dopingfall der Olympiasiegerin, Biathletin und früheren Langläuferin Evi Sachenbacher-Stehle, 33. Man kann es auf der Internetseite des Biathlon-Weltverbandes IBU nachlesen. Das Urteil sagt: Evi Sachenbacher sei schuldig des Dopings mit dem Stimulans Methylhexanamin, auf das sie am 17. Februar im Rahmen der Olympischen Spielen von Sotschi bei einer Kontrolle nach dem 12,5-Kilometer-Massenstartrennen positiv getestet wurde.

Das Urteil führt dazu, dass die IBU alle ihre Ergebnisse ab dem Tag der Kontrolle gestrichen hat, auch der vierte Platz der deutschen Mixed-Staffel gilt damit nicht mehr. Außerdem setzt es eine saftige Sperre: "Frau Sachenbacher-Stehle wird mit einem Wettkampfverbot für eine Spanne von zwei Jahren belegt, die rückwirkend mit dem Tag der Kontrolle beginnt."

Ihre Olympiasiege waren Höhepunkte der Langlauf-Historie

War's das nun also mit dem Fall der Evi Sachenbacher-Stehle? Mit ihrer Sportler-Karriere? Mit dem ganzen Theater, das um sie herum in den vergangenen Jahren immer wieder aufflammte?

Die Nachricht von der Zweijahressperre der Evi Sachenbacher-Stehle, die am späten Mittwoch-Nachmittag die Medien erreichte, wird wohl eher kein Schlussstrich sein. Die ganze Geschichte der Ausdauerleisterin Sachenbacher-Stehle aus Reit im Winkl ist geprägt von achterbahnähnlichen Schwankungen, und was genau man dabei glauben kann, ist schwer zu sagen. Ihre Olympiasiege mit der Staffel (2002) und im Teamsprint (2010) sind Höhepunkte in der Langlauf-Historie des deutschen Skiverbandes (DSV) gewesen.

Ihre Wandlung zur Biathletin war ein prominentes Gesprächsthema in der deutschen Wintersportfolklore. Aber dazwischen war die Debatte um einen erhöhten Blutwert bei den Spielen in Turin 2006, dessen genaue Ursache wohl bis in alle Ewigkeit ungeklärt sein wird. Ihr positiver Doping-Befund von Sotschi passte da irgendwie ins Bild dieser irgendwie schillernden, irgendwie chaotischen Karriere. Alle schüttelten den Kopf. Die Evi habe sich verzettelt bei ihren Alleingängen durch den Märchenwald der Gurus und Heilsversprecher. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

Aber dass sie ihr Thema jetzt ruhen lässt, ist eher nicht zu erwarten, auch wenn sie in einem ersten Statement, dass sie am späteren Mittwochabend über ihren Mann und Manager Johannes Stehle verbreiten ließ, noch keine konkreten Schritte ankündigte. Sie wolle "die Urteilsbegründung in aller Ruhe analysieren", erklärte sie, aber klang doch auch etwas ungehalten: "Heftig" sei die Sperre, "überhaupt nicht nachvollziehbar" und "ausschließlich verbandspolitisch motiviert".

21 Tage um das Urteil anzufechten

Evi Sachenbacher-Stehle hat von Anfang an gesagt, dass ein verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel die Quelle des positiven Befunds sei. Sie habe nicht absichtlich gedopt. Und tatsächlich zählt Methylhexanamin nach der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada zu den sogenannten spezifischen Substanzen, bei denen die Möglichkeit besteht, dass sie auch ohne echte Doping-Absicht in den Organismus gelangen.

Wer positiv auf eine solche Substanz getestet wird, kann darauf hoffen, die Regelsperre zu verkürzen. Erst am Montag ist das dem früheren 100-m-Weltrekordler Asafa Powell gelungen, der wegen seines Positivtests auf das Stimulans Oxilofrin zunächst für 18 Monate aus dem Betrieb gezogen war; der Sportgerichtshof Cas reduzierte die Sperre auf sechs Monate. Evi Sachenbacher-Stehle könnte Ähnliches gelingen. Sie hat 21 Tage Zeit, das IBU-Urteil anzufechten.

Eine Berufung vor dem Sport-Gerichtshof dürfte Chancen haben

Die Strenge der IBU wirkt ein bisschen konstruiert im Sachenbacher-Fall. Nachzulesen in der 17-seitigen Urteilsbegründung: Demnach konnte Evi Sachenbacher-Stehle den Anti-Doping-Ausschuss der IBU zwar davon überzeugen, dass das Methylhexanamin in ihrem Körper von einem Teekonzentrat aus der Schisandra-Pflanze stamme.

"Jedoch hat die Athletin dem Ausschuss nicht ausreichende Informationen gegeben, um vollends überzeugt davon zu sein, dass sie das Produkt nicht mit der indirekten Absicht nahm, ihre sportliche Leistung zu verbessern." Für die IBU ist das Präparat, das Evi Sachenbacher-Stehle vorstellte, offensichtlich synthetisch genug, um als Dopingmittel durchzugehen. Eine Berufung vor dem Cas gegen diesen Schluss dürfte belastbare Chancen haben.

Immerhin, die Urteilsbegründung bietet ein paar Einblicke in Evi Sachenbacher-Stehles Wahrheit. Vor dem Ausschuss hat sie ausgesagt, dass ihr "Ernährungsberater, Herr Saxinger", bei dem es sich wohl um den Bad Tölzer Heilpraktiker Stefan Saxinger handelt, ihr "wiederholt versichert" habe, dass das Produkt "keine verbotenen Substanzen" enthalte. Und dass andere Saxinger-Athleten mit demselben Produkt nie Probleme gehabt hätten. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, aber verzettelt hat sich die Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle wohl tatsächlich.

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