Doping:Nervosität im Kreml

Der Dokumentarfilm über den Ex-Dopingfahnder Rodschenkow, der in Kürze gezeigt wird, beunruhigt die Verantwortlichen in Moskau.

Wenn Grigori Rodschenkow auspackt, dürfte es bei der Weltpremiere im Kino "The Marc" in Park City (Utah) still werden. Ein Jahr nach seiner Flucht in die USA wird der frühere Moskauer Dopinglaborchef in einem Dokumentarfilm erstmals selbst zu sehen sein. Erwartet werden Enthüllungen zu Hintergründen und zu seiner Rolle im russischen Dopingsystem: "Leuten im Kreml wird der Atem stocken", schreibt die englische Mail on Sunday.

Vor allem in Moskau dürfte man nervös und besorgt sein, wenn der 58-Jährige in der Dokumentation "Icarus", die am Freitag beim Sundance-Filmfestival erstmals gezeigt wird, Insiderwissen zum wohl größten Skandal der Sportgeschichte preisgibt. Drei Jahre hat US-Filmemacher Bryan Fogel an der 110-minütigen Doku gedreht. Und er wählte einen symbolischen Titel: In der griechischen Sagenwelt wagt sich Ikarus zu hoch hinauf - und stürzt ab.

Rodschenkow - für viele mutiger Aufklärer, für andere ein Verräter - dürfte zum Staatsfeind Russlands werden: "Er fürchtet um sein Leben", berichtet die Zeitung. Der promovierte Chemiker hatte sich im Januar 2016 nach Los Angeles abgesetzt, weil er sich in Russland nicht mehr sicher fühlte. Neun Jahre, von 2006 bis 2015, leitete Rodschenkow Moskaus Anti-Doping-Labor. Als die Welt-Doping-Agentur Wada Ende 2015 Russland vorwarf, mehr als 1400 Proben vernichtet zu haben, musste er seinen Posten als Laborleiter räumen.

Zugleich steuerte er nach eigenem Bekenntnis ein verdecktes Programm zur verbotenen Leistungssteigerung bei russischen Sportlern. Er hatte Vertuschungspraktiken in seinem Labor zusammen mit der russischen Anti-Doping-Agentur enthüllt. Seit 2014 kennen sich Fogel und Rodschenkow, seither stehen sie in Kontakt und haben für die Dokumentation "Icarus" zusammengearbeitet.

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