Doping - München:Weltsport: Harte Strafen für Mark S. und Komplizen

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Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), steht in der DOSB-Zentrale vor einem Logo des Sportverbandes. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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München (dpa) - Der Erfurter Arzt Mark S. muss das jahrelange Geschäft mit Blutdoping hart büßen. Das Landgericht München II verurteilte den 42-Jährigen am Freitag zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten und einem Berufsverbot von drei Jahren. Damit blieb das Gericht unterhalb des von der Staatsanwaltschaft geforderten Freiheitsentzugs von fünfeinhalb Jahren.

"Endlich erleben wir ein Urteil, das für die Betrüger im Sport drakonische Strafen beinhaltet", kommentierte DOSB-Präsident Alfons Hörmann den Richterspruch. "Das ist ein enorm wichtiges Signal an den gesamten Weltsport und eine wertvolle Bestätigung für all diejenigen, die den Fair-Play-Gedanken respektieren und praktizieren."

Zugleich habe das Urteil fünf Jahre nach Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes die erste praktische Bestätigung dafür erbracht, "dass dieses nicht nur bei den Ermittlungen der Täter wertvoll" sei, sondern auch bei deren Verurteilung "angemessen umgesetzt" werde. "Kurzum: der heutige Tag wird als sehr positiver in die Sportgeschichte eingehen und diese künftig an manchen Stellen prägen", sagte Hörmann.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Mark S. mehrere Winter- und Radsportler über Jahre mit Blutdoping behandelte. Zudem verabreichte er einer österreichischen Mountainbikerin in einem Fall ein Präparat, das nicht für den Gebrauch an Menschen zugelassen war. Er wurde deshalb von der Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Marion Tischler auch wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Neben dem thüringischen Mediziner wurden auch dessen vier Helfer in dem ersten großen Strafprozess in Deutschland seit Einführung des Anti-Doping-Gesetzes 2015 schuldig gesprochen. Als sein wichtigster Helfer erhielt der Handwerker Dirk Q. eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Die Krankenschwester Diana S. wurde zu einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Notfallsanitäter Sven M. und Ansgard S., ein Anwalt im Ruhestand, erhielten Geldstrafen. Gegen die Urteile sind Rechtsmittel möglich, sie sind noch nicht rechtskräftig.

Für die Nationale Anti-Doping-Agentur ist das Urteil "ein Meilenstein" mit Signalwirkung. "Es zeigt mehr als eindeutig, dass Doping der falsche Weg ist", sagte die Nada-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann. "Erstmalig werden ein im Leistungssport tätiger Arzt und seine Unterstützer nach dem Anti-Doping-Gesetz zu einer teilweise empfindlichen Freiheitsstrafe und einem Berufsverbot verurteilt." Systematisches Doping im Leistungssport sei kein Kavaliersdelikt. "Es ist wichtig zu sehen, dass das Anti-Doping-Gesetz greift."

Als eine "wegweisende Entscheidung" sieht auch Dagmar Freitag das Münchner Urteil an. Es zeige, dass bei Dopingvergehen erhebliche Haftstrafen und Berufsverbote verhängt werden können, sagte die Sportausschussvorsitzende des Bundestages. Sportler und deren Umfeld sollte zudem gleichermaßen verdeutlicht worden sein, "dass sie mit Doping nicht nur mit der Gesundheit von Menschen spielen, sondern sich selbst auch in die Gefahr begeben, im Gefängnis zu landen". Das Urteil sollte zudem die letzten Kritiker des Anti-Doping-Gesetzes überzeugen, betonte die SPD-Politikerin, "dass das Gesetz wirkt".

Das Netzwerk von Mark S. war Anfang 2019 aufgeflogen. Bei Razzien in Erfurt und während der Nordischen Ski-WM in Seefeld wurden im Rahmen der "Operation Aderlass" vier der fünf Angeklagten verhaftet. In dem Prozess legten alle fünf - teils umfassende - Geständnisse ab.

Einige involvierte Athleten wurden in ihren Heimatländern separat angeklagt und verurteilt; zumeist bekamen sie Bewährungsstrafen. In dieser Woche erhielt der österreichische Radprofi Stefan Denifl als Folge der Zusammenarbeit mit Mark S. eine Haftstrafe. Deutsche Sportler waren nicht Teil der Anklage in München. Es könnten aber noch welche belangt werden. "Unsere sportrechtlichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen", erklärte Nada-Vorstandsmitglied und Chefjustiziar Lars Mortsiefer.

Unterdessen ist der ehemalige Ski-Langläufer Harald Wurm am Freitag vom Landesgericht Innsbruck von den Vergehen gegen das Anti-Doping-Gesetz und vom Vergehen des schweren Betrugs freigesprochen worden. Verurteilt wurde der 36-jährige Tiroler aber wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage. Wurm muss eine Geldstrafe bezahlen. Wurm war im Zusammenhang mit der "Operation Aderlass" ins Visier der Behörden gekommen.

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