Doping:Kratzer an der Flasche

Rio 2016 - Darja Klischina

Fühlt sich betrogen - oder hat sie betrogen? Weitspringerin Darja Klischina.

(Foto: Franck Robichon/dpa)

Der Internationale Sportgerichtshof Cas entscheidet, ob die Weitspringerin Darja Klischina in Rio starten darf. Russland wittert eine Provokation.

Erst wurde sie in der Heimat als "Verräterin" beschimpft, nun setzt Russland alles für die einzig noch mögliche Leichtathletik-Starterin bei den Rio-Spielen in Bewegung. "Das sieht nach Provokationen aus, die bewusst begangen werden", schimpfte Russlands Sportminister Witali Mutko über den drohenden kurzfristigen Olympia-Ausschluss der Weitspringerin Darja Klischina. Denn der Weltverband IAAF habe doch eigens darauf gedrungen, dass Klischina starten darf, sagte Mutko am Sonntag in Moskau der Agentur Tass.

Am Vortag war bekannt geworden, dass die IAAF der Sportlerin ihr Sonderstartrecht wieder entzogen hatte. Dabei geht es angeblich um neue Informationen zum Bericht des Ermittlers Richard Pound für die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada über systematisches Doping in der russischen Leichtathletik. Nach Informationen der ARD sollen Doping-Proben Klischinas in Russland entdeckt worden sein, die mutmaßlich illegal geöffnet wurden. Wie der TV-Sender am Sonntag aus Rio berichtete, wiesen die in einem Kühlschrank gelagerten Probenflaschen von ihr Kratzer auf. Dies habe die ARD aus sicherer Quelle erfahren. Zudem soll in den gefundenen Urin-Proben der Athletin die DNA von zwei verschiedenen Personen analysiert worden sein.

Klischina wehrt sich vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS, der in Rio den Fall noch am Sonntag (Ortszeit) verhandeln und entscheiden wollte. Die Hallen-Europameisterin von 2011 und 2013 will am Dienstag in der Weitsprung-Qualifikation antreten. Der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Russlands (ROC), Alexander Schukow, äußerte ebenfalls Unverständnis. "Das ist alles sehr unschön, deshalb sollte der CAS ihren Fall möglichst schnell entscheiden", sagte er im russischen Fernsehen. Unmittelbar nach der Wende hatte er von einer "zynische Verhöhnung der Sportlerin seitens der IAAF" gesprochen. Die IAAF hatte 67 Leichtathleten des Landes wegen systematischen Dopings suspendiert und von Olympia ausgeschlossen. Ursprünglich war Klischina als einzige Russin für die olympischen Wettbewerbe zugelassen worden, weil sie in den USA auf Doping kontrolliert wurde.

Klischina klagt, sie fühle sich betrogen

Die Sportlerin meldete sich auf ihrer Facebook-Seite zu Wort. "Im Moment kann ich mich nur von einem System betrogen fühlen, dem es nicht darum geht, den Sport sauber zu halten und die breite Masse der Athleten zu unterstützen, sondern Siege außerhalb der Sportarenen zu erzielen", schrieb sie.

Im Doping-Skandal um die Sotschi-Winterspiele hatte der Kanadier Richard McLaren im Auftrag der Wada in Russland ermittelt und staatlich gelenktes, flächendeckendes Doping nachgewiesen. Trotz dieses Berichtes hatte das Internationale Olympische Komitee auf einen Komplett-Ausschluss Russlands bei den Sommerspielen verzichtet. Nach einer vom IOC angeordneten Einzelüberprüfung der nominierten russischen Sportler wurde rund 270 Athleten aus dem Land zugelassen. Nach der Hälfte der Wettkämpfe hat Russland sieben Mal Gold gewonnen und fast 30 Medaillen gesammelt.

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