Doping in Russland:Russland verhält sich höchst merkwürdig

Report: More than 1,000 Russian athletes involved in state-sponso

So zog die russische Mannschaft bei Olympia in Sotschi ein - wird sie diesmal komplett fehlen?

(Foto: dpa)

Das Land ist über die Berichte zum Staatsdoping empört, weigert sich aber, wichtige Labordaten herauszugeben. Das lässt nur einen vernünftigen Schluss zu.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Welt-Anti-Doping-Agentur lässt die russische Agentur Rusada weiter suspendiert. Was natürlich die Russen hell empört bis hin zu hohen Würdenträgern im Kreml; auch andernorts sieht mancher immer noch anti-russische Kräfte walten. Dabei ist der Schritt angesichts der Faktenlage unumgänglich.

Zum einen verfügt die Wada laut Selbstauskunft seit Kurzem über starke weitere Belege, ihr wurde eine Datenbank des Moskauer Anti-Doping-Labors für die Zeit 2012 bis 2015 zugespielt. Zum anderen wäre das Verhalten der Russen auch ohne dieses neue Material, dessen noch nicht publizierte Inhalte brisant sein sollen, in zwei Punkten inakzeptabel: Russland weigert sich, den Untersuchungsreport des unabhängigen Sonderermittlers Richard McLaren anzuerkennen. Und es verweigert strikt die Herausgabe der eigenen Labor-Daten.

Mutko schwebt über allen Planungen für die Fußball-WM

Letzteres allein lässt der Wada keine andere Wahl. Es ist aber auch aus Sicht unbefangener Beobachter höchst merkwürdig: Russlands Funktionäre beklagen seit zwei Jahren, die Vorwürfe des Staatsdopings träfen nicht zu; sie haben das gar soeben als Ergebnis einer eigenen Untersuchungskommission präsentiert. Was also hält sie zurück, der Wada und der ganzen Sportwelt ihr massives Entlastungsmaterial vorzulegen? Warum rücken sie ihre Labordaten nicht heraus? Diese würden ja, sofern sie unauffällig sind, die detaillierten Vorwürfe des McLaren-Reports in Luft auflösen - und die Sportwelt zum Umdenken zwingen.

Insofern lässt die Zurückhaltung der Daten nur einen vernünftigen Schluss zu: Sie können die Vorwürfe wohl nicht widerlegen. Sie würden sie bestätigen.

Ebenso heikel aus russischer Sicht ist die zweite Wada-Forderung: Den McLaren-Report anzuerkennen, hieße, auch die darin beschriebene Verwicklung des seinerzeitigen Sportministers Witali Mutko anzuerkennen. Der aber ist mittlerweile zum Vize-Premier in Moskau aufgestiegen, Mutko schwebt über allen Planungen für die Fußball-WM im nächsten Sommer. Und diesen Mann bringt der Report nun sogar selbst mit der Verschleierung eines Fußball-Dopingfalls in Verbindung. So etwas kann der Kreml auf keinen Fall akzeptieren.

Auch wäre damit ja offiziell die Staatsdoping-Frage geklärt - und dem bisher sehr gewogenen Internationalen Olympischen Komitee jede Chance genommen, einen Komplettausschluss des russischen Teams bei den Winterspielen über die stets gut gefüllte hauseigene Trick- und Regelkiste zu verhindern.

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