Doping im Sport:Eltern und Fürsorge

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Ein 15-Jähriger wies einen 35-fach erhöhten Wert für ein anaboles Steroid auf. Der Fall nährt den Verdacht, dass Minderjährigen-Doping ein großes Problem darstellt.

Thomas Hahn

Es besteht die Gefahr, dass eine gewisse Routine einsetzt beim Blick auf das Dopingproblem. So etwas wie Gleichgültigkeit, weil das Publikum sich nach all den Enthüllungen daran gewöhnt hat, dass hinter den Kulissen der bunten Athleten-Paraden der Pharma-Wahnsinn galoppiert mit gierigen Sportärzten, Dealern, Managern und Trainern als Motoren des Systems. Aber dem muss man vorbeugen, denn der Sumpf ist tiefer, als er von außen aussieht.

Bei der Dopingkontrolle wurde ein 15-Jähriger auffällig. (Foto: Foto: rtr)

Der Fall eines 15-jährigen Eisschnellläufers, der bei den nationalen C-Jugend-Meisterschaften einen 35-fach (!) erhöhten Wert für das anabole Steroid Nandrolon aufwies, lenkt in den Niederlanden gerade die Aufmerksamkeit auf eine besonders schlimme Form der Manipulation: auf das Minderjährigen-Doping. Wobei die Angelegenheit noch dadurch an Pikanterie gewinnt, dass die Eltern des Ertappten nicht etwa das sportliche Umfeld des Jungen infrage stellen. Sondern gegen die Niederländische Antidoping-Agentur (Nada) vor Gericht gezogen sind, weil diese die Frechheit besessen hatte, auch Kinder zu testen.

Die Eltern sind nicht durchgekommen mit dem Versuch, das Recht auf Datenschutz und Privatsphäre gegen die Fahnder zu richten, das Amtsgericht Rotterdam gab der Nada recht, das Sportgerichtsverfahren läuft weiter. Trotzdem ist es ein beklemmender Umstand, dass Eltern ihre Fürsorge derart umdeuten, wie jene des beanstandeten Jugend-Eisschnellläufers es tun. Sie sind offensichtlich davon überzeugt, dass nicht etwa der Schutz eines funktionierenden Antidopingsystems vor gesundheitsgefährdenden Starkmachern das Beste für ihr talentiertes Kind ist. Sondern Straffreiheit mit allen Mitteln der juristischen Kunst.

Die Rückschlüsse daraus kann jeder selbst ziehen, vielleicht will ja auch jemand glauben, was der Junge und sein Trainer Robert Welle in einem TV-Interview gesagt haben. Nämlich dass sie keine Erklärung für den astronomisch hohen Nandrolon-Wert hätten. Sicher ist jedenfalls, dass Eltern wichtige Mitspieler sind im Kampf gegen Doping. Weil sie auf die richtige Wahl des Vereins und des Trainers ihrer Sprösslinge achten können. Vor allem aber, weil sie oft die Vertrauenspersonen ihrer Kinder sind und so Dinge aus deren Training erfahren, die eine Meldung bei der Nada oder der Polizei rechtfertigen. Die Jugend wird von den Antidopingsystemen so gut wie nicht erfasst, umso wichtiger ist die Wachsamkeit der Eltern. Und umso begründeter der Verdacht, dass manche Eltern Teil der maliziösen Zirkel sind, die mit reichlich Kunstdünger junge Begabten zu großen Medaillengewinnern züchten.

© SZ vom 12.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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