Doping im Radsport:Tyler Hamilton belastet Bjarne Riis

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Tyler Hamilton: Aussage per Videobotschaft. (Foto: REUTERS)

Der Doping-Kronzeuge Tyler Hamilton kommt bei seiner Aussage im Madrider Fuentes-Prozess schnell zur Sache: Er sei Patient von Eufemiano Fuentes gewesen - den Kontakt zum spanischen Dopingarzt habe sein Rennstallchef Bjarne Riis hergestellt.

Von Andreas Burkert

Mit einstündiger Verspätung begann das Verhör von Tyler Hamilton, der per Video aus der spanischen Botschaft in Washington zugeschaltet war. Anfangs hakte es mit dem Ton, aber der frühere US-Radprofi kam dann rasch zur Sache. Zwischen 2002 und 2004 sei er Patient gewesen des Dopingarztes Eufemiano Fuentes, dem zurzeit in Madrid der Prozess gemacht wird, dies bestätigte er zu Beginn der dreistündigen Aussage.

Bis Ende 2003 fuhr Hamilton für den CSC-Rennstall von Bjarne Riis. Der Däne hatte 2007 im Zuge der Team-Telekom-Enthüllungen für seine aktive Zeit um den Tour-Sieg 1996 Epo-Doping einräumen müssen. Doch Riis wird auch verdächtigt, als Teamchef für seine Fahrer Doping organisiert zu haben, was er bestreitet. Hamilton hatte Riis diesbezüglich in seinem Buch beschuldigt. Am Dienstag wiederholte er das nun, diesmal jedoch unter Eid: "Riis hat mich mit Eufemiano Fuentes in Kontakt gebracht."

Fuentes, 58, und vier weitere Angeklagte stehen seit Ende Januar vor Gericht, freilich nur wegen Verstößen gegen Gesundheitsvorschriften und nicht wegen des finanziell einträglichen Sportbetrugs im großen Stil. Fuentes hatte eingeräumt, auch andere Sportler behandelt zu haben, darunter Fußballer und Tennisspieler. Zu Nachfragen der Richterin führte dies nicht, womit der Prozess zur Operación Puerto meist nur um Randsport kreist.

Hamilton, dessen Enthüllungen den Sturz Lance Armstrongs mit ausgelöst hatten, erklärte am Dienstag, im März 2002 erstmals von Fuentes Transfusionen erhalten zu haben; ebenso Epo, Wachstumshormone, Insulin, Testosteron. Meistens habe ihm Fuentes das Eigenblut zugeführt. Aber auch dessen Laborchef José Merino Batres und bei der Tour 2002 sogar Fuentes' medizinisch unkundiger Handlanger Alberto Léon - ein früherer Biker, der sich vor einem Jahr erhängte - hätten dies getan: in Apartments und "vielen, vielen Hotelzimmern".

25 000 bis 30 000 hat Hamilton pro Jahr gezahlt: "cash". Bei der Tour 2004 - als er für Phonak fuhr - habe es Komplikationen gegeben, "nach einer Transfusion hatte ich Fieber, fühlte mich krank. 35, 40 Minuten später war mein Urin schwarz."

Fuentes behauptet, die - verbotenen- Bluttransfusionen seien aus medizinischen Gründen erfolgt und unter klinischen Bedingungen. Dies ist nach den Aussagen von Gutachtern, Ermittlern und Kronzeugen wie nun Hamilton oder Jörg Jaksche ("hat mich nie aus gesundheitlichen Gründen behandelt, sondern wegen Doping") kaum noch zu halten. Ein im Raum stehender Freispruch für den einstigen Gynäkologen müsste vom Tisch sein.

Offen ist aber weiterhin, ob die bisher nicht identifizierten gut 100 Blutbeutel, die in Barcelona lagern, den Sportinstanzen zur Verfügung gestellt werden - und wie etwa der zwielichtige Radsport-Weltverband UCI mit dem nächsten Vorwurf gegen Riis umzugehen gedenkt. Der Däne hat abgestritten, seine Topfahrer zu Fuentes gebracht zu haben. Dabei sind drei seiner Kapitäne schon als Klienten des Blutmischers bekannt: Ivan Basso, der zurzeit wegen Dopings gesperrte Frank Schleck sowie der ertappte Dopingsünder Alberto Contador, dessen Kürzel "AC" aber früh aus den Puerto-Akten verschwunden war.

Für Riis fuhren lange auch der Schweizer Zeitfahr-Olympiasieger Fabian Cancellara (2006 - 2010), Schlecks jüngerer Bruder und Toursieger von 2010, Andy (2005 - 2010), sowie der 15-malige Tourstarter Jens Voigt aus Berlin (2004 - 2010). Contador sollte am Freitag aussagen, als Zeuge der Verteidigung. Er zog nun aber zurück.

Contador ist im Juli wieder bei der Tour startberechtigt und favorisiert. Als Kapitän von Riis' Team.

© SZ vom 20.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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