Doping im Radsport:"Sie kamen alle freiwillig"

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Dopingarzt Eufemiano Fuentes referiert vor spanischen Studenten. Reue zeigt er nicht. Im Gegenteil: Er ist stolz auf seine Arbeit.

Javier Cáceres

Das akademische Viertelstündchen schöpfte Eufemiano Fuentes aus, ehe er die Aula 204 der Universidad Rey Juan Carlos in Aranjuez betrat. Es war offensichtlich, wie sehr er den Auftritt genoss. Im Fokus der Kameras schlenderte er über den Hof und dann die Treppe in den ersten Stock hinauf. Drei Bodyguards waren für die Sicherheit des Dopingarztes im hellen Sommeranzug und dem dunkelblauen Hemd abkommandiert worden; Spaniens oberster Terroristen-Jäger Javier Gómez Bermúdez, der zur gleichen Zeit, am gleichen Ort zu Jurastudenten sprach, kam mit weniger Security.

Rund 40 Studenten hatten 130 Euro für ihren Kurs mit dem berühmtesten Druiden des Radsports berappt, Dutzende Journalisten durften ebenfalls dabei bleiben - so lange sie keine Fragen stellten. Die TV-Teams durften nur filmen, wie er sich setzte. Als diese wieder draußen waren, nahm Fuentes seine Sonnenbrille ab, um den Blick auf seine stählernen Augen freizugeben. "Welch ein Empfang", sagte er.

Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit Monaten, in Spanien hatte er für Wirbel gesorgt. Spaniens Staatssekretär für Sport, Jaime Lissavetzky, sagte seine Teilnahme an den Sommerkursen ebenso ab wie der Chefredakteur der Sportzeitung As, Alfredo Relaño. Sie wollten mit Fuentes nichts zu tun haben. Die Vorstellung von Fuentes geriet deshalb auch zur Suada auf die Abwesenden. Der Sportminister habe nie auf der Teilnehmerliste gestanden, "der hat sich selbst eingeladen", giftete der Kursleiter Juan Luis Galiacha - eine dreiste Lüge. Das Wort Doping oder die Chiffre "Operación Puerto" kam Galiacha dafür nicht über die Lippen. Und schon gar nicht der Hinweis darauf, dass gegen Fuentes ein juristisches Ermittlungsverfahren anhängig ist.

Auch Fuentes schwieg zu alledem, konkrete Frage dazu verbat er sich. Sein etwas mehr als 30minütiger Vortrag über Medizin und Sport jedoch konnte wie die reuelose Rechtfertigung eines Tuns interpretiert werden, das ihm reichlich Ärger eingebracht hat, auch ein paar Nächte im Gefängnis. Auf seine Tätigkeit sei er stolz, sagte Fuentes, er habe nie jemandem Schaden zugefügt. Und überhaupt: Diejenigen, die seine Dienste in Anspruch genommen haben, "haben nie eine Pistole am Hals noch ein Messer im Rücken gehabt, sie kamen alle freiwillig." Wie gut sie ihn dafür entlohnten, sagte er nicht.

Dafür erläuterte er, dass es in seiner Sicht zwei Arten von Sport gibt: gesunden Sport, der medizinisch ratsam sei. Und ungesunden Sport. Höchstleistungssport. Er führe zu körperlichen Schäden, und diese abzuwenden, sei seine Aufgabe als Mediziner. Deshalb die Bluttransfusionen? Deshalb das Doping? "Ich würde niemandem zu Doping raten, Doping ist in Spanien illegal", säuselte Fuentes. In der Tat ist Doping illegal - da das Gesetz jedoch erst nach Zerschlagung seines Dopingrings verabschiedet wurde, hat er die Aussicht, straflos davonzukommen. Als er von einem Studenten darauf angesprochen wurde, dass er in seiner Logik das neue Antidoping-Gesetz als gesundheitsschädlich bezeichnen müsste, weil es doch all die Mittel verbiete, die er als Sportmediziner gerne anwenden würde, wich Fuentes aus: "Das muss man erst noch sehen."

Auch auf die Frage, ob er denn zurückkehren wolle, fand er keine klare Antwort. "Ich bin kein Hellseher. Möglich, dass ja; möglich, dass nein." Es gab Applaus von den Studenten.

© SZ vom 5.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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