Süddeutsche Zeitung

Doping im Boxen:"Peinliche Situation"

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Boxer Saúl Álvarez wurde positiv auf Clenbuterol getestet. Álvarez' nächster Kampf soll dennoch stattfinden: Im Mai soll der Rückkampf des mexikanischen Nationalhelden gegen den Kasachen Gennadi Golowkin das Duell des Jahres werden, mindestens.

Von Benedikt Warmbrunn, Los Angeles/München

Im weltweiten Boxen hat kein Termin einen ähnlich ruhmvollen Klang wie El Cinco del Mayo. An jenem Tag, am 5. Mai, wird der Schlacht von Puebla gedacht, in der 1862 die mexikanische Armee eine zahlenmäßig überlegene Truppe der Franzosen besiegte. In Mexiko feiern diesen Tag eigentlich nur die Menschen rund um Puebla selbst, in den USA wird er dennoch gerne als mexikanischer Nationalfeiertag bezeichnet (der eigentlich am 16. September stattfindet); und den geschäftstüchtigen Managern im Boxen reicht das als Grund, um das mexikanische Publikum zu diesem Termin mit einem spektakulären Kampf vor den Fernseher zu locken. In diesem Mai soll das Spektakel der Rückkampf des mexikanischen Nationalhelden Saúl Álvarez gegen den Kasachen Gennadi Golowkin sein, es soll das Duell des Jahres werden, mindestens.

Es sei denn, aus einer "peinlichen Situation" wird noch ein Vorfall, der den gesamten Kampftag verhindert.

Álvarez' nächster Kampf soll dennoch stattfinden

Die Golden Boy Promotions, die Álvarez betreut, gab am Montag bekannt, dass der 27-Jährige positiv auf das Kälbermastmittel Clenbuterol getestet worden sei - und lieferte gleich eine Erklärung mit: Der Weltmeister des Verbandes WBO habe kontaminiertes Fleisch gegessen. Genommen wurde die Probe während freiwilliger Dopingtests am 17. sowie am 20. Februar in Guadalajara. Der Direktor des beauftragten und von der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada lizenzierten Labors, Daniel Eichner, sagte: "Alle Werte sind im Bereich dessen, was mit einer Fleischkontamination begründet werden kann." Aufgrund dieser zwei Punkte - der Freiwilligkeit der Tests sowie der Erklärung - kommt die Golden Boy Promotions zum Schluss: Der Kampf gegen Golowkin ist nicht gefährdet.

Im ersten Duell im September 2017 sollten die Athleten klären, wer der beste Mann des gegenwärtigen Boxens ist; es war ein knapper Kampf, beide fanden, dass sie besser waren - gewertet wurde das Duell als Unentschieden, was aus Sicht der Vermarkter eine hervorragende Grundlage für einen weiteren Kampf war. Ob es zu diesem kommen wird, entscheidet die Nevada State Athletic Commission. Golowkins Manager Tom Loeffler sagte am Montag: "Stand jetzt hat sich für uns nichts geändert. Wir müssen auf eine Entscheidung der Kommission warten. Gennadi trainiert und hofft, dass der Kampf stattfindet."

Álvarez selbst verlagerte sein Trainingslager zurück in die USA, in einer Mitteilung erklärte er: "Ich bin ein Athlet, der den Sport respektiert, und es überrascht und stört mich, weil mir so etwas noch nie passiert ist." Er stehe für weitere Tests zur Verfügung, "um diese peinliche Situation zu klären". Die Nevada State Athletic Commission hat weitere Tests angekündigt.

Der Boxsport ist in der Vergangenheit jedoch nicht durch strenge Kontrollen und harte Strafen aufgefallen. Dass sich Álvarez und die Golden Boy Promotions auf ihre Freiwilligkeit beziehen können, liegt daran, dass viele Verbände sich nicht an die Vorgaben der Wada halten; diese fordert unangekündigte Trainingskontrollen, so wie bei Álvarez durchgeführt. Die meisten Verbände, darunter der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB), halten Kontrollen nach dem Kampf für ausreichend. BDB-Präsident Thomas Pütz sagte 2016, dass anabole Steroide kein wirksames Doping-Mittel für Boxer seien: "Für Boxer ist Reaktionsvermögen und Kondition wichtig, nicht Muskelaufbau." Damals war Felix Sturm positiv auf Stanozol getestet worden.

An einem Kampfabend verdienen nicht nur die Sportler und die Manager, sondern auch die Verbände, an die Gebühren gezahlt werden müssen - bei einer Absage sinken für alle die Einnahmen. 2016 war der Mexikaner Francisco Vargas positiv auf Clenbuterol getestet worden, auch damals hieß es, er habe kontaminiertes Fleisch gegessen. Die damals zuständige California State Athletic Commission entschied sich für ein salomonisches Vorgehen: Sie befragte Vargas und dessen Gegner Orlando Salido, ob der Kampf stattfinden solle. Beide sprachen sich dafür aus. Vargas wurde daraufhin häufiger getestet, die Boxer lieferten sich einen intensiven Kampf, der später als Kampf des Jahres bezeichnet wurde. Es war für alle ein lohnendes Geschäft.

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Quelle:
SZ vom 07.03.2018
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