Doping:Französischer Ex-Fußballer: Wir haben gedopt, die Deutschen aber noch mehr

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Jean-Francois Larios bei einem Einsatz für die französische Nationalelf (Foto: imago)
  • Der französische Ex-Nationalspieler Jean-Francois Larios räumt Doping ein.
  • Einmal, so der 61-Jährige, sei er in einem Spiel "geradezu explodiert".
  • Doch Larios beschuldigt auch Fußballer aus Deutschland. "Ich hatte Captagon, aber sie hatten etwas anderes, einen Cocktail, den wir nicht kannten. Sie waren hoch überlegen", sagt er.

Von Thomas Kistner

Eine neue Fußballer-Biografie liegt vor, und auch das nächste Geständnis: Jean-Francois Larios packt aus, Frankreichs Fußballer des Jahres 1980 hat sich gern mit Amphetaminen vollgepumpt, beichtet er im Buch "Ich habe mit dem Feuer gespielt". Und wie: Einmal, so der 61-Jährige, sei er in einem Spiel "geradezu explodiert"; er habe einen Tag gebraucht, "um runterzukommen". Das war selbst für einen wie ihn, der vor großen Spielen Captagon einwarf, zu viel. Die Gesundheit habe er durchs Doping drangegeben, schreibt Larios. "Die Medikamente haben mein Hirn angegriffen. Hätte ich gewusst, was Captagon mit mir anstellt, ich hätte die Finger weg gelassen."

Larios hatte seine beste Zeit bei AS St. Etienne, an der Seite der nationalen Ikone Michel Platini. Der französische Topverein, der 1975 das Landesmeister-Finale 0:1 gegen Bayern München verlor, zählte mit Ajax Amsterdam und Real Madrid zu den großen Teams jener Ära. Larios beschreibt, mit Amphetaminen habe er Allmachtsgefühle statt Müdigkeit erlebt, auch Teamkollegen hätten gedopt. Trotzdem habe es damals auch in dieser Hinsicht schon Bessere gegeben, behauptet er. So habe er das erste Mal im Herbst 1976 im Uefa-Cup gegen Eindhoven gedopt. Der Grund: "Die Holländer und auch die Deutschen waren damals allen anderen physisch überlegen."

"Sie hatten etwas anderes, einen Cocktail, den wir nicht kannten"

Seinen Verdacht gegen Teams aus diesen Ländern präzisierte Larios nun gegenüber der Zeitung Le Parisien. Er habe nur vor großen Anlässen gedopt: "Wenn es darum ging, mit Holländern oder Deutschen gleichzuziehen." Dazu schildert er ein Uefa-Cup-Heimspiel, das St. Etienne 1:4 gegen Borussia Mönchengladbach verlor. "Ich hatte Captagon, aber sie hatten etwas anderes, einen Cocktail, den wir nicht kannten. Sie waren hoch überlegen." Profiklubs in Deutschland und anderswo haben Dopingpraktiken stets bestritten. Als Nationaltorwart Toni Schumacher 1986 per Biografie Dopingexzesse ausplauderte, warf ihn der Deutsche Fußball-Bund gar aus der Nationalelf; er musste von Köln in die Türkei wechseln.

Larios hält es auch für naiv zu glauben, dass Ajax Amsterdam mit "Johan Cruyff und seiner Clique" dreimal Europacupsieger ohne Hilfsmittel geworden sei. Er deutet an, wie er solche öffentlichen Behauptungen abgesichert hat: In St. Etienne und Bastia spielte er mit einem aus jener Clique, Johnny Rep, zusammen. Auch Nationalspieler Rep hat schon von Doping im Fußball berichtet, auch im Team um den späteren Uefa-Präsidenten Platini.

All das passt perfekt ins Raster des Fußballs, der gern so tut, als habe Doping just in dieser bestbezahlten Sprint-Ausdauer-Sparte keinen Platz; was mit negativen Dopingtests begründet wird, die im Fußball noch ineffektiver sind als anderswo. Enthüllungen gibt es also nur, wenn große Spieler in Frankreich, England, Italien, Portugal auspacken.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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