Doping:Der nächste Arzt gesteht

Georg Huber gibt nach einem SZ-Bericht zu, in den achtziger Jahren Radrennfahrern Testosteron verabreicht zu haben. Huber war bei sechs Olympischen Spielen Betreuer der deutschen Mannschaft.

Die Doping-Lawine im deutschen Radsport rollt unaufhaltsam weiter und hat nun auch den Amateur-Bereich erreicht. Der langjährige deutsche Olympia-Arzt Georg Huber hat gestanden, zwischen 1980 bis 1990 jungen Straßenradfahrern das leistungssteigernde Hormon Testosteron verabreicht zu haben. Dies teilte das Universitätsklinikum Freiburg mit. Huber sei mit sofortiger Wirkung suspendiert worden. Huber habe gesagt, er habe unrecht gehandelt, "um Schlimmeres zu verhüten", hieß es.

Doping: Suspendiert: Olympia-Arzt Georg Huber, bisher tätig in der Uniklinik Freiburg.

Suspendiert: Olympia-Arzt Georg Huber, bisher tätig in der Uniklinik Freiburg.

(Foto: Foto: dpa)

Der 64 Jahre alte Mediziner war seit 1980 unter anderem für die Ausstattung der deutschen Olympia-Apotheken zuständig. Seit 1986 engagierte er sich aktiv als Anti-Doping-Beauftragter des Behindertensportverbandes und seit vier Jahren in der Nationalen Anti-Dopingagentur (NADA). Huber war zudem Leitender Mannschaftsarzt der deutschen Olympiamannschaft bei den Winterspielen 2006 in Turin.

Er betreute deutsche Athleten bei insgesamt sechs Olympischen Sommerspielen. Seit 1972 war er für Fahrer des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) zuständig, der ihn am Samstag ebenfalls suspendierte. Huber ist nach Andreas Schmid und Lothar Heinrich der dritte Freiburger Uni-Mediziner, der im Dopingskandal geständig ist.

Huber soll nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung gemeinsam mit dem früheren Straßen-Bundestrainer Peter Weibel in den achtziger Jahren die deutschen Amateur-Radsportler systematisch mit Dopingsubstanzen versorgt haben. Dies sagten die früheren Fahrer Jörg Müller und Christian Henn der Zeitung.

"Es ging doch nicht 1995 los, wie bei Telekom, sondern schon viel früher", berichtete der 39 Jahre alte Müller. Der heutige U23-Bundestrainer Weibel sei für Dienstag "zu einem Gespräch einbestellt", teilte der BDR mit. Müller sagte, schon 1987 sei er während einer Rundfahrt in Frankreich von Weibel persönlich mit Andriol versorgt worden. Weibel habe den Fahrern auch noch weitere Medikamente gegeben: "Ich weiß nicht was, auch Injektionen."

Er berichtete, das Doping im westdeutschen Team sei als Notwendigkeit empfunden worden, um gegen die entsprechend präparierte ostdeutsche Konkurrenz bestehen zu können. "Uns war klar, dass die im Osten gedopt haben - also mussten wir auch was nehmen, das Ganze lief in enger Abstimmung mit Professor Huber von der Uni Freiburg."

Müllers Doping-Beichte bestätigte Henn zu weiten Teilen. Am Dienstag hatte er bereits zugegeben, während seiner Profizeit beim T-Mobile-Vorgänger Team Telekom gedopt zu haben. Er habe von Weibel Andriol und Kortison bekommen. Unter Weibel gewann der weiter schweigende Ex-Profi Jan Ullrich mit dem Gewinn der Straßen-Weltmeisterschaft 1993 seinen ersten großen Titel. Unter dem heute 57 Jahre alten Weibel, der weiter für den BDR-Nachwuchs zuständig ist, holte Henn 1988 in Seoul Olympia-Bronze. Müller gehörte in den achtziger Jahren dem deutschen Straßenvierer an.

BDR-Präsident Rudolf Scharping kündigte an, dass der Verband konsequent "die Versäumnisse und Betrügereien" aufklären wolle. "Es wird keine pauschale Verurteilung geben, aber auch keinen Freispruch", betonte der frühere Verteidigungsminister. Eine unabhängige Expertenkommission solle die Vergangenheit aufarbeiten und das bestehende Anti-Doping-Programm überprüfen. "Wir werden alle Möglichkeiten des Sportrechts, in bestimmten Fällen auch des Arbeitsrechts prüfen", sagte Scharping.

Telekom-Chef René Obermann bekräftigte unterdessen sein Bekenntnis zum Radsport und gab ein klares Votum für T-Mobile-Sportchef Rolf Aldag ab. Der Konzern finanziere das Team weiter, "weil Sponsoren sich nicht nur im Glanz der Erfolge sonnen dürfen", sagte Obermann in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

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