Der frühere Langlauftrainer des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV), Walter Mayer, ist am Sonntag an seinem Wohnort in der Steiermark wegen Verdachts auf Verstoß gegen das neue Antidopinggesetz festgenommen worden. Er soll das Blutdopingmittel Epo bezogen und weitergegeben haben, so der Vorwurf, der sich auf die Aussage anderer Beschuldigter stützt.
Die spektakuläre Verhaftung ist Teil einer großangelegten Aufklärungsaktion des Wiener Bundeskriminalamtes, sie war schon die dritte im Zusammenhang mit Dopinghandel. Am 13. März war ein Kärntner Radprofi verhaftet worden, wenig später ein Wiener Apotheker, der ihm Epo und Testosteron besorgt haben soll. Die Höchststrafe für den Vertrieb von Dopingsubstanzen liegt nach dem seit Sommer 2008 geltenden Gesetz bei bis zu fünf Jahren Gefängnis.
Dass Sportminister Norbert Darabos die Festnahme begrüßte, wird in Fahnderkreisen als Ermutigung gewertet. Weitere Verhaftungen sollen folgen, von bis zu zehn ist die Rede, und die Ermittler befürchten eingedenk der Größenordnung die Einmischung der Politik. Auch die vielzähligen Affären um Mayer hatten in der Vergangenheit Kreise bis in höchste Bereiche von Politik und Sport gezogen.
Walter Mayer ist eine schillernde Figur. Im österreichischen Skisport galt der frühere Wasa-Lauf-Gewinner in den neunziger Jahren als Medaillenschmied der lange abgeschlagenen Langläufer. Unter seiner Regie ernteten sie ihre ersten Olympia-Medaillen in Nagano 1998 durch Markus Gandler, heute ÖSV-Direktor für Langlauf/Biathlon, und Christian Hoffmann.
Sie gewannen Staffel-Gold bei der Heim-WM in Ramsau 1999. Bei Olympia 2002 geriet Mayer ins Zwielicht. In Austrias Spiele-Quartier waren Blutbeutel und Infusionsbestecke gefunden worden, das IOC sperrte Mayer für die Spiele 2006 und 2010. Kürzlich gestand er gegenüber der Kleinen Zeitung, dass er sich in Salt Lake außerhalb der IOC-Regeln bewegt habe.
Trotzdem reiste Mayer 2006 nach Turin, wurde dabei begleitet von einem befreundeten Sportmanager, der gleichfalls immer wieder im Kontext von Dopingaffären auftaucht. Zuletzt als Manager des bei der Tour de France als Epo-Doper überführten Gerolsteiner-Profis Bernhard Kohl. Auch Mayers Präsenz in Turin hatte das IOC veranlasst, die italienische Polizei einzuschalten. Bei Razzien in der Teamunterkunft von Langläufern und Biathleten fand die Polizei Dopingmaterialien. Es folgt Mayers wilde Flucht vor der Polizei, die in einer Straßensperre endet. Und die fristlose Entlassung Mayers durch den Skiverband ÖSV. Danach wurde es still um Mayer.
Angeblich, weil ein Olympia-Lobbyist sein Schweigen zum Wohle der - letztlich erfolglosen - Salzburger Spiele-Bewerbung für 2014 erkauft haben soll. Der Lobbyist wehrte sich gegen die Darstellung, es sei bei der Vereinbarung mit Mayer um Exklusivrechte an dessen Geschichte gegangen. Zudem habe er das bereits gezahlte Geld erst unlängst bei Mayer eingeklagt, weil der nicht geliefert habe. Mayer selbst begründete sein Schweigen auch mit dienstlichen Anweisungen seines Arbeitgebers, des Bundesheeres.
Mayers Festnahme steht in einem weit größeren, internationalen Zusammenhang. Im großen Stil soll aber auch in der alpenländischen Ausdauerszene mit Starkmachern gehandelt worden sein - da drängt sich fast die Frage auf, welcher österreichische Athlet aus der Branche nicht zum Abnehmerkreis zählte?
Auch die nationale Antidopingagentur Nada will nun ermitteln. Im Blick hatte sie jüngst auch eine kleine Affäre, die Österreichs Langläufer beim Weltcup-Finale in Falun zu verzeichnen hatten. Christian Hoffmann, ein hochdekoriertes Mitglied Mayers früherer ÖSV-Nationalmannschaft und seit der Disqualifikation des überführten Blutdopers Johann Mühlegg als Olympiasieger 2002 geführt, wies bei der Gesundheitskontrolle ein auffälliges Verhältnis von roten und unreifen roten Blutkörperchen auf. Der Befund rechtfertigte nach dem neuen Reglement der Weltantidopingagentur Wada eine Schutzsperre von 14 Tagen für Hoffmann. Die Österreicher ließen den Test am Krankenhaus in Falun wiederholen, meldeten anschließend normale Werte und protestierten.
Aber Rasmus Damsgaard, der Antidopingchef des Weltskiverbandes Fis, sagt: "Ein zweiter Test wurde bei der offiziellen Antidoping-Firma PWC durchgeführt, die auch für die erste Analyse zuständig war. Die folgenden Ergebnisse bestätigten die ersten. Die Österreicher führten ihre eigenen Blutproben und Analysen durch in Laboren in Falun. Diese Labore folgen nicht den Regeln und Kriterien von Fis/Wada (...). Manipulation des Blutes nach dem ersten Test kann nicht ausgeschlossen werden und deswegen bringt (der Test der Österreicher) keine weitere Information darüber, ob die Analyse korrekt ist oder nicht."
Wollten die Österreicher ablenken von ihrem ramponierten Ruf nach Turin? Damsgaard sagt, ohne den Test als Beweis zu werten: "Der beste Indikator im Blut für Blut-Manipulationen mit Epo oder Blutransfusionen ist das Verhältnis von Reticulozyten und Hämoglobin." Und Fis-Sprecherin Sarah Fussek meldet: "Die Agentur (PWC, d. Red.) hat gegenüber dem ÖSV die vom ÖSV aufgeworfenen einzelnen Bedenken aus technischer Sicht Punkt für Punkt widerlegt."
Sollten die Vorwürfe gegen das verhaftete Trio stimmen, hofft die Nada auf eine Kundenliste von der Staatsanwaltschaft. Nach Informationen der Tiroler Tageszeitung geht das Bundeskriminalamt von etwa 100 Kunden aus. Das Blatt zitiert dazu Gernot Schaar, den Leiter der Rechtskommission der Antidopingagentur: "Spannende Entwicklung. Umso mehr, als man ja die eingefrorenen Proben des einen oder anderen Beschuldigten genauer untersuchen wird müssen."