Wenn es in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL) jemanden gibt, der die Lizenz zum seriellen Produzieren von emotionalen Momenten hat, dann ist es wohl Don Jackson. Der US-Amerikaner ist die Personifikation des Erfolgstrainers im deutschen Eishockey, neun Mal hat er in der 31-jährigen DEL-Historie als Cheftrainer den Meistertitel gewonnen – einsamer Rekord. Profitiert von seinen herausragenden Fähigkeiten haben in erster Linie zwei Klubs: die Eisbären Berlin, mit denen er fünfmal den Meisterpokal holte, und der EHC Red Bull München, den er viermal zum Titel führte. Und so passte es wunderbar, dass die Berliner ihn am Donnerstagabend vor dem Duell mit den Münchnern für seine Eisbären-Verdienste ehrten, indem sie sein Banner unter das Hallendach hievten. Jackson ist der erste Trainer, dem diese Ehre in der DEL zuteilwurde.
Was die Eisbären zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht wissen konnten: Jackson erschien am Donnerstag nicht nur zur Banner-Zeremonie, sondern auch, um gegen die Eisbären anzutreten: auf der Trainerbank der Münchner. Deren bisheriger Trainer Max Kaltenhauser hatte den Klub am Montagabend darüber informiert, dass er aus persönlichen Gründen sein Cheftraineramt zur Verfügung stellt. In dieser Situation an Jackson zu denken, sei naheliegend gewesen, sagte EHC-Manager Christian Winkler zur kurzen Trainerfindungsphase, vor allem, als er das „Funkeln in Dons Augen“ gesehen habe. Jackson fasste die Rückkehr kurz und knapp zusammen: Er sei gefragt worden, ob er es machen wolle, „und ich war bereit“.
Berlins langjähriger Manager Peter John Lee leitete Jacksons Banner-Zeremonie, die er an der Seite seiner Ehefrau, Kinder und Enkelkinder erlebte, ein mit den Worten: „Donnie, du bist immer für Überraschungen gut.“ Er werde sich beeilen, fügte Lee Richtung Jackson an, denn er wisse, „dass du heute noch Arbeit zu erledigen hast“. Und diese erledigte Jackson so, wie er es jahrelang meistens tat: erfolgreich. 3:2 siegten seine Münchner nach Penaltyschießen, holten so zwei wichtige Punkte im engen Rennen um die direkte Playoff-Qualifikation und verteidigten Platz fünf in der Tabelle. Der Rückstand auf die zweitplatzierten Eisbären beträgt immer noch stattliche 14 Punkte.
Dass Jackson im Alter von 68 Jahren wieder auf die EHC-Trainerbank zurückkehrt, verdeutlicht, wie turbulent die Münchner Saison verläuft. 16 Spielzeiten lang hatte sich der Klub nicht während der Saison von einem Trainer getrennt, nun ist Jackson bereits der dritte der laufenden Spielzeit. Toni Söderholm, der ihn nach der Meisterschaft 2023 beerbt hatte, war nach etwas mehr als einer Saison hinter der EHC-Bande im Oktober beurlaubt worden – nach einer Heimniederlage gegen die Düsseldorfer EG. Kaltenhauser teilte dem Verein seine Entscheidung ebenfalls nach einer Heimniederlage gegen die DEG mit – eineinhalb Tage später war Jackson wieder installiert. Er war dem Klub seit seinem vermeintlichen Trainerkarriereende als eine Art „Trainervater“ erhalten geblieben, tauschte sich sowohl mit Söderholm als auch mit Kaltenhauser immer wieder aus und war bei zahlreichen Spielen zugegen.
„Wir wollen einfach wieder zu unseren alten Strukturen finden, zum Eishockey, das den Don so erfolgreich macht“, erklärt EHC-Verteidiger Abeltshauser
Im Duell der beiden Trainer, die die vergangenen vier Meisterschaften unter sich aufgeteilt haben (Berlins Serge Aubin schnappte sich drei, Jackson mit München jene 2023), brauchte Jackson am Donnerstag etwas Zeit, um „emotional“ wieder reinzukommen. Aber nach dem „ersten schlechten Pfiff“ (der Unparteiischen, Anm. d. Red.), „war ich wieder da“, erzählte er lächelnd. Die drei Treffer, die er von seinem Team sah, erzielten allesamt Meisterspieler von ihm: Maximilian Daubner und Yasin Ehliz aus dem Spiel heraus, Chris DeSousa im Penaltyschießen. „Wir wollen einfach wieder zu unseren alten Strukturen finden, zum Eishockey, das den Don so erfolgreich macht“, erklärte EHC-Verteidiger Konrad Abeltshauser, der zur ersten Drittelansprache Jacksons sagte: „Der Don ist kein Mann der vielen Worte.“ Dank der Aura, die er ausstrahle, genügten ihm „ein paar Worte“. Jacksons Ziel sei „nur ein Ding“, sagte der neue, alte Trainer lachend. Er müsse es nicht aussprechen, tat es aber zur Sicherheit doch: die Meisterschaft.
Nach dem erfolgreichen Start geht es jetzt auch für Jackson darum, der Mannschaft Kontinuität einzuimpfen. Starke Münchner Auftritte gab es auch unter Kaltenhauser immer wieder, darauf folgten aber auch immer wieder enttäuschende Leistungen und Ergebnisse. Zwei Siege in Serie gab es für die Münchner letztmals vor sechs Wochen. Jackson hat die Chance dazu am Sonntag in Wolfsburg (19.15 Uhr), dort wo er den EHC im Frühjahr 2016 zum ersten von vier gemeinsamen Meistertiteln führte.