Dirk Nowitzki und die Mavericks:Verzockt auf dem Schnäppchenmarkt

Die Dallas Mavericks haben einen Spieler nach dem anderen aus ihrer Meistermannschaft gehen lassen - und bekommen keinen Ersatz. Mit wem der Basketball-Klub seinen Kapitän Dirk Nowitzki in die kommende Saison schickt, ist offen. Nur ein Jahr nach dem NBA-Titelgewinn droht der Absturz ins Mittelmaß - geht vielleicht sogar der Deutsche?

Joachim Mölter

Die Basketball-Saison endete für Dirk Nowitzki schon vor zwei Monaten mit dem Erstrunden-Aus in den Playoffs der amerikanischen Profiliga NBA, aber vom Sport konnte der Kapitän der Dallas Mavericks in der Zwischenzeit nicht lassen. Der gebürtige Würzburger war in seiner zweiten Heimat beim Baseball zu sehen und beim Fußball, jeweils in Trikots der örtlichen Klubs, der Texas Rangers und des FC Dallas.

Oklahoma City Thunder at Dallas Mavericks Basketball

Geknickt: Dirk Nowitzki nach dem schnellen Playoff-Aus seiner Dallas Mavericks.

(Foto: dpa)

Und in der vorigen Woche machte er einen Abstecher zum Tennisturnier nach Wimbledon, wo er unter anderem der Berlinerin Sabine Lisicki beim Sieg über die Weltranglistenerste Maria Scharapowa aus Russland zuschaute. Aber nun schaltet Nowitzki ab, er macht Urlaub mit seiner Freundin, sein Handy ist aus.

Er hat genug schlechte Nachrichten entgegennehmen müssen in jüngster Zeit. In Wimbledon zum Beispiel meldete sich der Kollege Jason Kidd, um Nowitzkis Segen einzuholen, dass auch er die Mavericks verlassen und sich einem anderen Team anschließen wolle - den New York Knicks. Die boten dem 39-Jährigen zwar nicht mehr Geld als die Mavericks, neun Millionen Dollar für drei Jahre, aber ein bessere sportliche Perspektive. "Ich habe mit Dirk gesprochen", berichtete Kidd nach Bekanntgabe seines Wechsels, "er hat es verstanden. Das hat die Entscheidung leichter gemacht."

Während Kidd sich nun also in New York eine bessere Zukunft erhofft, sieht sie in Dallas immer düsterer aus. Nur ein Jahr, nachdem die Mavericks ihren ersten NBA-Titel feierten, droht ihnen der Absturz ins Mittelmaß, wenn nicht noch tiefer. Von der Meistermannschaft 2011 sind nur noch die Stammspieler Nowitzki und Shawn Marion, 34, übrig, dazu der Ersatz-Center Brendan Haywood, 32, und die jungen Guards Rodrigue Beaubois, 24, und Dominique Jones, 23, die seinerzeit nicht eingesetzt wurden.

Kurz vor Kidd hatte sich schon Jason Terry in Richtung Boston verabschiedet, der 34-Jährige war Nowitzki in Dallas acht Jahre zur Seite gestanden. Anderen maßgeblichen Akteuren beim Titelgewinn wie Center Tyson Chandler und den Guards J.J. Barea und DeShawn Stevenson hatte Teambesitzer Mark Cuban vor der vergangenen Saison keine neuen Verträge angeboten und sie ziehen lassen.

Weil der neue, durch eine Aussperrung der Profis zustande gekommene Tarifvertrag eine strengere Salary Cap beinhaltet, ein Limit für die Klubs, was Spielergehälter angeht, hatte Cuban vorsorglich finanziellen Freiraum schaffen wollen: für das Engagement von hochkarätigen Spielern in diesem Sommer, die Nowitzki, 34, künftig unterstützen sollten.

Geht auch Dirk Nowitzki?

Der Center Dwight Howard, 26, und der Spielmacher Deron Williams, 28, standen dabei ganz oben auf der Wunschliste. Doch Howard entschloss sich noch während der vergangenen Saison, auf seine Ausstiegsklausel bei Orlando Magic zu verzichten - und der in einem nördlichen Vorort von Dallas aufgewachsene Williams entschied zu Beginn der Transferperiode in der vorigen Woche, seinen Vertrag bei den Brooklyn Nets zu verlängern - für fünf Jahre und 95 Millionen Dollar. Die Mavericks hätten ihm laut Tarifvertrag nur 75 Millionen für vier Jahre anbieten dürfen, aber das sei nicht ausschlaggebend gewesen, berichtete Jason Kidd, der vom selben Agenten vertreten wird wie Williams.

"Er war sehr nah dran, nach Dallas zu gehen, quasi zu Hause zu spielen", erzählte Kidd: "Am Ende lief es auf den Kader hinaus, mit dem er spielen sollte, und da hatte Brooklyn seinen dramatisch verbessert." Offensichtlich hatte auch Kidd noch schnell einen Blick auf die aktuelle Besetzung der Mavericks geworfen, ehe er sich entschloss, auf seine alten Tage lieber anderswo noch mal einen Neuanfang zu wagen. Dabei war er sich mit dem Klub aus Texas schon so gut wie einig.

Die Dallas Mavericks haben also keinen Wunschspieler bekommen, aber dafür jede Menge Stammspieler verloren. Und weil sie auch nicht schnell genug waren, sich die Dienste anderer namhafter Akteure zu sichern, suchen sie nun nach Schnäppchen auf einem leergekauften Markt.

Donnie Nelson, der Sportchef der Mavericks, verteidigte am Montag in einem Radiointerview die Strategie des Klubs. Den finanziellen Spielraum, den er nun habe, will er notfalls bis nächsten Sommer bewahren. Die im Herbst beginnende Saison wird dann eben mit Aushilfskräften bestritten, quasi Saisonarbeitern, falls kein spektakulärer Transfer mehr gelingt. Bevor sich Dirk Nowitzki in den Urlaub verabschiedete, ließ er wissen, dass er Cuban und Nelson weiterhin zutraue, einen konkurrenzfähigen Kader zusammenzustellen.

Nowitzkis Vertrag in Dallas gilt noch zwei Jahre, aber "um bei einem Neuaufbau mitzumachen, bin ich offensichtlich zu alt", hatte der 34-Jährige bereits im Mai gesagt. Es kann sein, dass es auch ihn aus Texas wegzieht, wenn er aus den Ferien zurückkommt und sich den künftigen Kader anschaut.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: