Basketball-Nationalteam:Nowitzki fremdelt noch

Germany v Croatia - Men's Basketball Friendly

Dirk Nowitzki probierte gegen Kroatien sogar eine neue Bewegung: Den Hakenwurf hat er in den vergangenen Jahren extra einstudiert.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Dirk Nowitzkis Rückkehr ins Basketball-Nationalteam gestaltet sich noch nicht wunschgemäß.
  • Drei Wochen vor der EM verliert er mit dem DBB zwei Testspiele gegen Kroatien.
  • Bundestrainer Fleming muss den NBA-Mann erst ins Team integrieren.

Von Jonas Beckenkamp

Wenn Dirk Nowitzki nach Deutschland kommt, passieren meist besondere Dinge. Oft ist es brüllend heiß, so wie in den vergangenen Wochen, als der gebürtige Würzburger seine Heimat vor lauter Sonnenschein als "Wüste" bezeichnete. Aus dem texanischen Dallas ist Nowitzki zwar die Hitze gewohnt, aber in den USA, dem Land der Klimaanlagen, fällt das nicht immer ins Gewicht. Besonders gestaltete sich am Sonntag in Bremen aber auch sein erstes Länderspiel auf heimischem Boden seit knapp vier Jahren. Damals hieß der Gegner in Berlin Mazedonien, diesmal ging es in der Vorbereitung auf die EM (5. bis 20. September) gegen Kroatien - und es lief, nun ja, nicht besonders gut.

Beim Ertönen der Schlusssirene staunten die 9375 Zuschauer über die gelben Zahlen auf der Anzeigentafel: Sie wies eine deftige 63:80 (27:39)-Pleite für Deutschland aus, während Nowitzki sich dicke Schweißtropfen aus dem Gesicht wischte. Sein Comeback im Nationalteam dauert nun schon über eine Woche an - so richtig gezündet hat es noch nicht. Und weil der NBA-Profi schon immer ein selbstkritischer Sportler war, ordnete er den eigenen Auftritt entsprechend ein.

"Ich muss noch ein bisschen mehr den Rhythmus mit der Mannschaft finden", sagte er, "ich habe nur vier oder fünf Schüsse genommen, das muss bis zur EM noch ein bisschen anders werden". Nur sieben Punkte waren ihm gegen deutlich eingespieltere, abgezocktere Kroaten gelungen - noch weniger als im ersten Test in Zagreb am Freitag (72:74 nach der Verlängerung), wo er elf Zähler erreichte und später berichtete, er sei herumgelaufen "wie ein Huhn ohne Kopf" weil er "nicht ganz wusste, wo es lang geht."

Im Nationalteam liegt sein Schnitt in 143 Partien bei mehr als 20 Punkten, doch zu einer solchen Ausbeute ist der Rückkehrer derzeit wohl kaum in der Lage. Die Gründe dafür sind verständlich: Nach dem Playoff-Aus mit den Mavericks Ende April hat Nowitzki seit fast vier Monaten kein Basketballspiel mehr bestritten. Klar, dass ihm noch das Feintuning und die Wurfsicherheit fehlen, dass die Hände nicht so funktionieren wie der Kopf es fordert.

Mit den Kollegen des DBB hat er erst ein paar Mal trainiert, was die Abläufe in der Offensive erschwert. Einstudierte Spielzüge liefen an ihm gegen die Kroaten in beiden Partien mehr oder weniger vorbei - Nowitzki hatte bisher schlicht keine Zeit, die Taktik zu lernen. "Ich muss mich mehr integrieren, aber nach fünf, sechs Tagen im Training ist das schwer", betonte er. "Wir haben noch über zwei Wochen Zeit, uns besser einzuspielen, die Systeme müssen noch natürlicher für uns werden. Wenn du auf dem Spielfeld das Denken anfängst, ist es meistens schon zu spät."

Immerhin: Schröder überzeugt

Am Sonntag wirkten die Versuche seiner Kollegen, ihn im Passspiel einzubinden, mühsam. Selten kam der Kapitän überhaupt in taugliche Wurfsituationen, zweimal wurde er gar beim Hochsteigen geblockt. 20 Tage vor dem Start der EM-Vorrunde gegen Außenseiter Island quälte sich die Auswahl von Bundestrainer Chris Fleming trotz eines guten Starts (16:9) mit individuellen Nachlässigkeiten und geriet zu Beginn des zweiten Viertels erstmals in Rückstand (16:18) - danach stagnierte der Vortrag immer mehr, weil außer NBA-Profi Dennis Schröder (19 Punkte) kein Nationalspieler den Weg zum Korb fand.

"Wir haben ganz gut angefangen, aber dann doch einige Fehler gemacht", sagte Nowitzki. Seinen zweiten Korb (nach einem Sprungwurf zu Beginn) erzielte der NBA-Champion von 2011 per Dreipunktwurf erst zum Start der zweiten Halbzeit. Kroatien zog bis zum Beginn des Schlussviertels vor allem durch Treffer aus der Distanz bis auf 58:41 davon und spielte die Partie locker zu Ende.

Nowitzki wirkte abgekämpft, er sah in der Schlussphase nur noch von der Bank aus zu, nachdem der Bundestrainer ihn ausgewechselt hatte. Sorgen in Richtung EM wollte sich beim DBB aber noch niemand machen. Fleming betrachtet die Vorbereitung als Prozess, seine Idee eines schnellen, variablen Spiels muss das Team erst noch verinnerlichen. "Wir haben Dirk sehr schlecht ins Spiel gesetzt, aber wir hatten auch als Mannschaft keinen Rhythmus", sagte der Coach. "Das Spiel ist eine gute Erfahrung, von der wir profitieren werden." Immerhin konnte er sich über vielversprechende Aktionen von Schröder freuen, der immer besser in seine Rolle als offensives Gehirn des Teams findet.

Der 21-Jährige von den Atlanta Hawks dürfte der neue Schlüsselspieler werden, weil Nowitzki mit 37 Jahren nicht mehr so dominiert wie früher. "Dennis ist ein wahnsinnig athletischer Spieler, so einen Aufbau hatten wir in Deutschland noch nie", schwärmte Nowitzki, "es macht unglaublich Spaß ihm zuzuschauen. Er hat eine Präsenz mit 21. Es ist beeindruckend, wie er sich im Spiel gibt, wie er schnell spielt, aber dennoch den Blick für den offenen Mann behält." Sieben Vorlagen gelangen Schröder am Sonntag, seine Pässe wird die Nationalmannschaft bei der EM genauso brauchen wie seinen Mut beim Attackieren des Korbes.

Schröder und Nowitzki werden die Dinge gegen talentiertere Teams wie Serbien, Italien oder Spanien in der EM-Vorrundengruppe aber nicht allein richten können. Speziell Center Tibor Pleiß, der zur kommenden NBA-Saison nach Utah wechselt, muss sich vorne mehr einbringen als in den bisherigen Testspielen. Zeit zum Durchschnaufen bleibt jetzt nur noch bedingt: Am Mittwoch versammelt Fleming seine Lerngruppe in Hamburg, um die Vorbereitung auf den Supercup (ein Vier-Länder-Test-Turnier) gegen Lettland, Polen und die Türkei zu starten.

Nowitzki wird die Zeit nutzen, um sich ein wenig mit der Taktik zu beschäftigen und mit seinem Mentor Holger Geschwindner an seinem Wurf zu feilen. Aus der Zusammenarbeit der beiden sind ja schon viele besondere Dinge entstanden.

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