Der Deutsche Tennis Bund (DTB) hat seinen Vizepräsidenten Dirk Hordorff zum Rücktritt aufgefordert. In einer öffentlichen Mitteilung schreibt der DTB, das Präsidium habe Hordorff "unmittelbar nach Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen." Einer Aufforderung zum Rücktritt sei er jedoch bislang "nicht nachgekommen".
Am vergangenen Donnerstag hatten Süddeutsche Zeitung , NDR und "Sportschau" Recherchen veröffentlicht, denen zufolge Dirk Hordorff in mindestens zwei Fällen Spieler, die er als Manager oder Trainer betreute, wiederholt sexuell belästigt hat. Es handelt sich um den indischen Tennisprofi Sriram Balaji, der heute noch aktiv auf der ATP-Tour unterwegs ist, sowie um den ehemaligen Nachwuchsprofi Maximilian Abel. Beide schilderten im Interview mit SZ, NDR und "Sportschau" umfassend ihre Erfahrungen. Andere Betroffene, die anonym bleiben wollen, berichten Ähnliches.
Exklusiv Machtmissbrauch im Sport:Schwere Vorwürfe gegen deutschen Tennisfunktionär
Mehrere Sportler werfen Dirk Hordorff vor, sie sexuell belästigt zu haben. Der Vizepräsident des Deutsches Tennis Bundes bestreitet das, der Verband hat den Fall untersuchen lassen. Sein Amt lässt Hordorff ruhen.
Der DTB hat bereits im vergangenen Sommer eine Anwaltskanzlei mit einer internen Untersuchung beauftragt, nachdem Maximilian Abel dem Verband die Vorwürfe in einem Brief von Februar 2022 selbst offengelegt hatte. Der Verband teilte noch am vergangenen Donnerstag auf Anfrage mit, die Untersuchung komme zu dem Ergebnis, "dass der erhobene Vorwurf eines Fehlverhaltens nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden kann".
Nachdem Hordorff der Aufforderung des Präsidiums zum Rücktritt nicht nachgekommen sei, schreibt der DTB nun in der Mitteilung von diesem Montag, habe der Verband den Ombudsmann eingeschaltet und den Bundesausschuss des DTB informiert. In diesem Ausschuss sind alle Präsidenten der Landesverbände vertreten. In einer digitalen Sitzung am vergangenen Sonntag wurde beschlossen, dass Hordorff nunmehr nicht nur vom Präsidium, sondern auch vom Ombudsmann und dem Sprecher des Bundesausschusses mit Fristsetzung bis zu diesem Mittwoch zum Rücktritt aufgefordert wird.
Unabhängig davon, ob er dieser Aufforderung nachkomme, werde der formal notwendige Weg einer Abberufung aus dem Amt im Zuge einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vorbereitet, teilte der DTB mit. Sollte Hordorff von sich aus zurücktreten, entfalle diese Abberufung. "Ansonsten findet sie nach der gesetzlichen Frist von einem Monat statt. Selbstverständlich übt er das Amt weiterhin nicht aus."
Hordorff, so hat es Sriram Balaji berichtet, habe ihn im Jahr 2010 immer wieder angefasst, an den Schultern, den Armen, den Beinen, am Rücken, am Po - überall, außer im Genitalbereich. Der Tennisfunktionär habe diese Berührungen als "Muskelchecks" bezeichnet. Außer Balaji erhebt auch der frühere Tennisspieler Maximilian Abel diesen Vorwurf gegen seinen ehemaligen Trainer. Bereits mit 16 Jahren habe Abel bei Dirk Hordorff zu Hause fast nackt Liegestütze oder Übungen für Bauchmuskeln und Beine machen sollen. Im Mai 2003 habe Hordorff den Tennisspieler in einem Hamburger Hotel mit dem Gürtel auf den nackten Hintern geschlagen.
Weitere drei Betroffene, die nicht genannt werden wollen, haben ebenfalls geschildert, dass Hordorff bei ihnen mindestens einmal sogenannte Muskelchecks vorgenommen habe, die den damals Jugendlichen teils unangenehm gewesen seien, zum Beispiel, wenn diese an den unteren Bauchmuskeln stattgefunden hätten. Die geschilderten Ereignisse sollen in einem Zeitraum von den 1980er- bis in die 2010er-Jahre passiert sein. Die meisten Betroffenen haben geschwiegen - aus Angst, womöglich nicht mehr finanziell und sportlich gefördert zu werden.
Dirk Hordorff, der als einer der mächtigsten Männer im deutschen Tennissport gilt, ließ über eine Anwaltskanzlei mitteilen, dass die geschilderten Sachverhalte - also die Vorwürfe der Tennisspieler - schlicht unzutreffend seien und nicht stattgefunden hätten. Dirk Hordorff lässt sein Amt im DTB seit Kurzem ruhen - nach eigenen Angaben aus gesundheitlichen Gründen.