Dieter Müllers Rekord:"Wenn's einer packt, dann einer von Bayern"

Dieter Müller

Sechs Tore in einem Bundesliga-Spiel, das hat bislang nur der Kölner Dieter Müller geschafft.

(Foto: imago sportfotodienst)

Sogar sechs Tore in einem Bundesliga-Spiel - das hat bisher nur Dieter Müller im Jahr 1977 mit Köln geschafft. Der SZ erzählt er, wie er Lewandowskis Fünferpack gegen Wolfsburg erlebte.

Von Christopher Gerards

Dieter Müller, 61, glaubt noch heute, dass er am 17. August 1977 ein, zwei Tore mehr hätte schießen können, aber er klagt auf hohem Niveau: Sechs Treffer erzielte er in einem Spiel, beim 7:2 des 1. FC Köln gegen Werder Bremen - so etwas ist bis heute keinem anderen Spieler in der Bundesliga gelungen. Am Dienstagabend allerdings saß Müller etwas unruhig vor dem Fernseher: Bayerns Robert Lewandowski schoss in neun Minuten fünf Tore gegen den VfL Wolfsburg - und da war noch eine halbe Stunde zu spielen.

SZ: Gratulation, Herr Müller. Das wurde ja ganz schön knapp.

Dieter Müller: Ich saß vor dem Fernseher und habe die Bundesliga-Konferenz gesehen. Auf einmal wurde ich ständig erwähnt. Mich riefen Leute an und schrieben SMS, die meinten: Dein Rekord ist in Gefahr.

Sie hatten keine Angst, dass der geknackt wird?

Dann wäre es halt so gewesen. Ich habe immer gesagt: Wenn's einer packt, dann einer von Bayern München. Weil das eine Mannschaft ist, die unglaublich viele Ausnahmespieler hat - zum Beispiel Thomas Müller oder eben Robert Lewandowski. Ich wusste immer: Irgendwann wird es mich mal treffen. Gestern habe ich fast recht behalten. Das war echt knapp.

Fangen wir mal bei Ihren sechs Toren an. Die haben Sie am 17. August 1977 geschossen, beim 7:2 des 1. FC Köln gegen Werder Bremen. Wie schafft man so was?

Das ging so ähnlich wie beim Lewandowski, nur ein bisschen verteilter. In der ersten Halbzeit habe ich drei Tore gemacht, in der zweiten drei. Vier Tore habe ich mit dem Kopf erzielt, drei fielen nach Ecken. Ich muss dazu sagen: Ich habe in einer guten Mannschaft gespielt - damals mit Heinz Flohe, Herbert Neumann, Bernhard Cullmann.

Robert Lewandowski hat auch nicht die schlechtesten Mitspieler.

Bei einer Mannschaft wie Bayern ist es natürlich leichter. Und irgendwann ist es wie ein Kreislauf: Wenn man zwei Tore schießt, bekommt man dermaßen viel Selbstvertrauen, dass man Dinge macht, die man sonst nicht machen würde. Der Lewandowski hat einfach große Qualität. Und dann hatte er so viel Selbstvertrauen, dass er den Ball vor dem 5:1 per Seitfallzieher nimmt. Sensationell. Natürlich haben die Wolfsburger sich auch dämlich angestellt. Dass einer in zehn Minuten fünf Tore macht, spricht ja nicht gerade für das Abwehrverhalten.

Weshalb niemand Müllers Tore filmte

Ihr Gegenspieler in der Bremer Abwehr hieß damals Horst-Dieter Höttges, Spitzname: 'Eisenfuß'.

Auf den Höttges war ich ein bisschen sauer, weil der in Bremen immer ziemlich getreten hat. Und ich glaube, so eine Serie gelingt einem nur, wenn du ein bisschen sauer bist.

Zuletzt war Michael Tönnies ein Fünferpack gelungen, vor 24 Jahren. Ist es heute schwieriger, derart viele Tore zu schießen?

Früher lief es taktisch ganz anders. Die Stürmer arbeiten heute mehr nach hinten. Das haben sie zu meiner Zeit auch gemacht, aber nicht so extrem wie heute. Der Fußball ist zudem viel athletischer, schneller geworden. Bei uns wurde auch guter Fußball gespielt, ich erinnere mich da an das Finale im DFB-Pokal 1973, Köln gegen Gladbach (1:2 nach Verlängerung, das Siegtor schoss Günter Netzer, der sich selbst einwechselte; Anm. d. Red.). Aber heute ist alles akribischer. Das wird ja in der Jugend schon vorgelebt, dass sie anders trainieren, sich anders ernähren. Oder die Sache mit dem Eiswasser: Wer wäre damals auf die Idee gekommen, sich in einen Eisbottich zu setzen?

Ein weiterer Unterschied ist: Niemand hat damals Ihre sechs Tore gefilmt.

Traurig, ja. Es war ein Nachholspiel, mittwochabends. Damals waren die Medien weniger präsent. Ich habe mich später noch bemüht, ein Video zu bekommen. Ist mir nicht gelungen. Zumindest gibt es Fotos von den Toren.

Und Ihr Rekord besteht noch immer.

Ich sag ja immer: Im Leben ist alles irgendwo Bestimmung. Als der Lewandowski noch 30 Minuten Zeit hatte, dachte ich, dass es eng wird. Aber es sollte nicht sein.

Und haben Sie viele Glückwunschschreiben bekommen?

Ein paar Leute haben sich gemeldet, ja. Die meinten: Geschafft, dein Rekord besteht weiter. Gleich gebe ich noch ein Interview, aber sonst ist es ein ganz normaler Tag für mich.

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