Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Musketiere mit schmaler Brust

Tim Wiese zeigt seine Fäuste aus Hartholz, Holger Badstuber gibt den Porthos in der wenig heldenhaften Abwehr und Toni Kroos übt sich in vornehmer Zurückhaltung. Bei der Niederlage der DFB-Elf gegen Frankreich überzeugen nur wenige Löw-Männer - einzig Mesut Özil ist überall. Das deutsche Team in der Einzelkritik.

Thomas Hummel, Bremen

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Tim Wiese

Deutschland - Frankreich

Quelle: dapd

Tim Wiese zeigt seine Fäuste aus Hartholz, Holger Badstuber gibt den Porthos in der wenig heldenhaften Abwehr und Toni Kroos übt sich in vornehmer Zurückhaltung. Bei der Niederlage der DFB-Elf gegen Frankreich überzeugen nur weniger Löw-Männer - nur Mesut Özil ist überall. Das deutsche Team in der Einzelkritik.

Tim Wiese: 1:2, 2:2, 2:2, 1:2, 2:2 - das waren die Ergebnisse des Torwarts Tim Wiese vor seinem sechsten Länderspiel. Im Moment des Anstoßes hallten bei seinem sechsten Einsatz "Wiese-Wiese"-Sprechchöre durchs Bremer Stadion. Werder-Torwart Wiese hatte ein Heimspiel und da sollte es mit dem ersten Sieg klappen. Doch nach den ersten Paraden rutschte der Schuss von Olivier Giroud durch seine Beine - 0:1. Beim Knaller von Debuchy bewies er, Fäuste aus Hartholz zu besitzen. Beim 0:2 wieder ohne Chance. Die Länderspiel-Geschichte des Tim Wiese bleibt eine tragische.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Jérôme Boateng

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Jérôme Boateng: Der Bayern-Spieler gab der Verbandsplattform dfb.de vor dem Spiel ein Interview, in dem er auf die Erziehung seiner bald einjährigen Zwillings-Töchter einging: "Ganz wichtig finde ich, dass sie allen Menschen gegenüber respektvoll auftreten", sagte er. Ob er diesmal ein gutes Vorbild sein würde, ausgerechnet gegen seinen Münchner Kameraden Franck Ribéry? Ja, er spielte bisweilen den Ball höflich zu den Franzosen oder flankte netterweise hinters Tor. Und er verschaffte Ribéry freundlicherweise einige Freiräume. Seltsam schwach auf rechts, nur minimal besser nach Pause in der Mitte. Gut, dass seine Töchter wohl schon im Bett waren.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Mats Hummels

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Mats Hummels: Die Franzosen hätten verwirrt sein können angesichts dieses deutschen Abwehrspielers: Sieht er nicht aus wie der leibhaftige d'Artagnan? Und das Erstaunliche: Mats Hummels spielt auch Fußball wie es die Romanfigur getan hätte: Elegant, scheinbar ohne Anstrengung nahm er den Franzosen den Ball ab und leitete zumeist im gleichen Moment den Gegenangriff ein. Der Dortmunder musste auf rechts immer wieder den desorientierten Boateng retten. In der zweiten Halbzeit zusammen mit seinen Nebenleuten häufig hilflos den Kontern der Franzosen ausgesetzt. Aber hat Mats Hummels geschwitzt? Nicht doch!

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Holger Badstuber

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Holger Badstuber: In der deutschen Musketier-Abwehr würde der Münchner die Rolle des Porthos einnehmen, den der Autor Alexandre Dumas als etwas raue Figur zeichnete, der zur Not auch mal ordentlich dazwischenhaut. Vergaß allerdings vor dem 0:1 die Nähe seines alleinstehenden Nebenmannes Aogo zu suchen, weshalb sich nach dessen Stellungsfehler eine Lücke im Abwehrverbund auftat so groß wie die Ile de France. Hatte die meisten Ballkontakte der Deutschen in der ersten Halbzeit, was jedoch nur einmal auffiel, als er den Ball an den Pfosten köpfelte. Dann ausgewechselt.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Dennis Aogo

Germany's  Aogo challenges Giroud of France during their international friendly soccer match in Bremen.

Quelle: REUTERS

Dennis Aogo: Ein Hamburger in Bremen - kann das gutgehen? Das Bremer Publikum ließ sich jedenfalls zunächst nichts anmerken und schrie "Aogo" wie jeden anderen Namen bei der Kadervorstellung in die nasskalte Luft. Dennoch schien der HSV-Verteidiger auf dem Werder-Rasen anschließend fehl am Platz. Fand keine Bindung zu seinen Mitspielern, betrübte den Bundestrainer vor dem 0:1 mit einem kapitalen Stellungsfehler. Die Franzosen nutzten die deutsche Schwachstelle links hinten auch vor dem 2:0. Dennis Aogo nutzte die Chance, nach dem Ausfall von Philipp Lahm sich als Nummer zwei zu etablieren, nicht.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Sami Khedira

Deutschland - Frankreich

Quelle: dapd

Sami Khedira: Erregte zuletzt Aufmerksamkeit, als er zusammen mit seiner nackten Freundin auf einem Magazin prangte, ihr Busen nur verdeckt durch seinen starken Arm. Das irritierte vor allem die Heimat seines Vaters Tunesien. Auf seine Leistung auf dem Fußballplatz hat das offenbar keine Auswirkung: Sami Khedira bestimmte im defensiven Mittelfeld den Spielaufbau der Deutschen, bildete mit Özil zusammen eine lange Zeit starke Zentrale. Glich sich aber zunehmend seinen schwachen Mitspielern an.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Toni Kroos

Germany v France - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Toni Kroos: Lief mit einer merklich schmaleren Brust über den Rasen als zuletzt, was vielleicht an seiner Degradierung beim FC Bayern zuletzt zum Ersatzspieler lag. Hatte ungewohnte Probleme im Spielaufbau, kam schlecht mit dem Pressing der Franzosen zurecht. Weiter vorne mit schöneren Szenen. Dennoch: ein schwacher Auftritt des Toni Kroos.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Marco Reus

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Marco Reus: In seinem ersten Länderspiel von Beginn an erwies sich der Gladbacher als erstaunlich textsicher bei der Nationalhymne. Verrichtete dann seinen Dienst auf der Außenbahn mit gewohnter Schnelligkeit. War in der ersten Halbzeit der wesentlich auffälligere Flügelflitzer, zeigte seinem neuen Trainer Jürgen Klopp schon mal, dass er auch einem Champions-League-Sieger wie Eric Abidal davonsprinten kann. Wechselte nach dem Schürrle-Aus auf links. Dort verschwand er aber und ward nicht mehr gesehen.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Mesut Özil

Deutschland - Frankreich

Quelle: dapd

Mesut Özil: In einem Mantel- und Degenfilm hätte Mesut Özil die Rolle des jungen Prinzen sicher, der in fremde Länder auszog und als strahlender Held nach Hause zurückkehrt. Das Publikum in Bremen durfte den jungen Özil ja schon bewundern, aber nun wissen die Menschen: Er ist noch viel, viel besser geworden. Was Mesut Özil auch anfing mit dem Ball, mit dem Raum mit den Franzosen - fast jede Aktion war ein Ereignis. Auf engstem Raum überlupfte er französische Füße, er spielte Pässe in Räume, die nur er sah. Er suchte den Torabschluss. Özil war überall. War aber alleine überfordert, das deutsche Spiel gerade nach der Pause vor einem Niveauabfall bewahren. José Mourinho wird ihn wieder aufbauen müssen.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:André Schürrle

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

André Schürrle: Der Hochgeschwindigkeits-Fußballer befindet sich gerade in seiner ersten Schaffenskrise. In Leverkusen ging schon nicht viel zusammen zuletzt, und im Gegensatz zu Konkurrent Lukas Podolski erfuhr er auch keine Löw'sche Wunderheilung. Wetzte zwar eifrig ohne Ball die linke Seite lang, aber immer umsonst. Sein Unglück vervollständigte sich, als er den Ellbogen von Mathieu Debuchy auf seiner Nase spürte. Der DFB-Pressechef Harald Stenger teilte die Diagnose mit: "Abscherung des Nasenknorpels vom Nasenknochen." Sollte am Wochenende wieder spielen können.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Miroslav Klose

Deutschland - Frankreich

Quelle: dapd

Miroslav Klose: Noch so ein Heimkehrer, Miroslav Klose wird ja in Rom allgemein gelobt, was die Erwartungen an ihn nach oben trieben. Hatte dann aber einen seltsamen Auftritt, seine Leistung erinnerte eher an Mario Gomez: Kleiner Radius, wenig zu sehen, aber wenn, dann gefährlich. Hatte die beste Chance zum 1:1 vor der Pause, als er den einen Freistoß erst wunderbar stoppte, dann aber am Torwart scheiterte.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Thomas Müller

Germany v France - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Thomas Müller: Wenn man schon Ersatzspieler sein muss, dann bitte zusammen mit Thomas Müller. Der Bub aus Oberbayern führte sich beim Aufwärmen phasenweise auf wie ein Clown. Als er nach Schürrles Verletzung kam, erfuhr er, dass auch ein Münchner Spieler in Bremen sehr beliebt sein kann: das Publikum begrüßte ihn euphorisch - in der Hoffnung, er würde das deutsche Offensivspiel beleben. Führte sich mit einem genauen Pass auf Mitspieler Franck Ribéry ein, bemerkte aber dann, dass der diesmal bei den anderen kickte. Brachte sein Formtief aus München mit.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Mario Gomez

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Mario Gomez: Für den verkappten Gomez (Klose) kam zur Pause der echte Mario Gomez. Versuchte sogleich, den Klose zu geben und half fleißig mit bei der Balleroberung. Litt aber vorne stärker als sein Vorgänger unter dem mangelhaften Offensivspiel der Mannschaft.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Benedikt Höwedes

Deutschland - Frankreich

Quelle: dapd

Benedikt Höwedes: Hatte einen dankbaren Job: Konnte nach Boatengs schwacher Vorleistung als rechter Verteidiger nur noch wenig falsch machen. Franck Ribéry war nach der Pause auch nicht mehr da. Fiel dann auch tatsächlich nicht auf. Positiv aber auch nicht.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Cacau

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Quelle: AP

Cacau: Der Stuttgarter kam spät. Damit hat er kein Problem, das ist Cacau von zu Hause im Schwabenland gewöhnt. Auch dort darf er derzeit nur spät noch den Alleinunterhalter geben. In der Nationalmannschaft fügte er sich besser ein, rannte viel, bot sich dauernd an und war mehr Unterhalter als alleine. Das dankten ihm die Kollegen, zuvorderst Thomas Müller. Der legte ihm den Ball mustergültig vor die Torlinie, Cacau vollendete aus einem Meter ins äußerste lange Eck.

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Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Joachim Löw

Länderspiel Deutschland - Frankreich

Quelle: dpa

Joachim Löw: Erklärte in einem Interview mit 11 Freunde zuletzt zum wiederholten Male, dass er auf einen erkloppten, erkämpften Erfolg nicht aus ist. Gab in Bremen am Seitenrand öffentlich zu erkennen, dass er Schlechtspielerei auch nicht mag. Trieb seine Spieler schon nach 20 Minuten mit kreisenden Handbewegungen nach vorne, war nach einer Stunde ernstlich erzürnt. Immerhin: Er hielt mit seinem französischen Gegenspieler Laurent Blanc mit, modisch zumindest.

© Süddeutsche.de/hum/jbe/fred
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