DFB-Elf in der Einzelkritik:Fernab der geheimen Räume

Sebastian Rudy spielt den neuen Lahm, Erik Durm wird mehr gefordert, als ihm lieb sein kann und ganz vorne erinnert Thomas Müller an berühmte Torschützen. Die deutsche Auswahl beim 2:1 gegen Schottland in der Einzelkritik

Von Philipp Selldorf, Dortmund

Manuel Neuer

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dank der deutschen Vorne-Verteidigung brauchte er sich nicht zu langweilen. Mehrfach durfte er im offenen anstelle seiner weit aufgerückten Abwehrkollegen als letzte Instanz aushelfen. Das macht ihm bekanntlich Freude. Zweimal erhielt er für seine Ausflüge donnernden Szenenapplaus, im zweiten Fall leitete er mit einer hingebungsvollen Rutschpartie einen gelungenen Konter ein. In der klassischen Torwartrolle selten gefordert. Beim Gegentor ohne Chance.

Sebastian Rudy

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(Foto: Dennis Grombkowski/Getty Images)

Bisher sich selbst und dem Rest der Welt nicht als Rechtsverteidiger bekannt. Bekam den Vorzug vor Kevin Großkreutz, der zwar etwas mehr Erfahrung auf der Position hat, seine Kenntnisse am vorigen Mittwoch beim Spiel gegen Argentinien aber scheinbar mutwillig verleugnete. Rudy ist wohl der bessere Fußballer als Großkreutz, das kam auch auf dem ihm fremden Außenposten zum Ausdruck. In schwierigen Momenten fand er meistens spielerisch den Ausweg. Legte Müller mit einer exakten Flanke das 1:0 auf. In der zweiten Halbzeit lernte er die Tücken seines Jobs kennen, als ihm Linksaußen Anya öfter entwischte.

Jérôme Boateng

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wurde seit der WM dringend vermisst in der deutschen Innenverteidigung. Steht mittlerweile im Rang einer arrivierten Autorität, in Dortmund hatte er in der Viererkette die leitende Rolle. Dieser Aufgabe nahm er sich zunächst verantwortungsbewusst an. Allerdings deutete sich schon in der ersten Halbzeit an, dass er noch mit der Form ringt. Zunächst lediglich unpräzise in einigen Zweikämpfen, später auch in den übergeordneten Momenten in ernsthaften Schwierigkeiten.

Benedikt Höwedes

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(Foto: Dennis Grombkowski/Getty Images)

Wie gewohnt für die harte Arbeit zuständig. Warf sich dem schottischen Zehner mit dem schönen Namen Barry Bannan effektvoll in den Weg, als dieser sich nach 14 Minuten anschickte, das deutsche Tor zu bedrohen. Lieferte sich mit dem schottischen Mittelstürmer Steven Naismith einige hübsche Kopfballduelle. Lange Zeit konzentriert und zuverlässig, später an den Nöten der Abwehr nicht ganz unschuldig.

Erik Durm

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(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Wurde am vorigen Mittwoch von den Kritikern als Lehrling abqualifiziert, weil der Angel di Maria nicht aufgehalten hatte. Fair war das nicht. Die Schotten hatten keinen Angel McMaria vorzuweisen und boten Durm ein Kontrastprogramm, indem sie auf das Spiel über den rechten Flügel weitgehend verzichteten. Durm konnte sich als Zuarbeiter der Offensive die Zeit vertreiben. Schoss auch mal unverbindlich aufs Tor und hätte beinahe aus zwanzig Metern einen Treffer gelandet. In der zweiten Hälfte wurde er defensiv öfter gefordert, als es gut für ihn war.

Christoph Kramer

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Drittes Spiel hintereinander in der Startformation, man könnte ihn beinahe zu den etablierten Kräften zählen, und so ähnlich trat er auch auf. Sein Eifer war beachtlich, seine Präsenz auffällig. Beschränkte sich nicht auf den Abschirmdienst vor der Abwehr, unternahm stattdessen weitreichende Expeditionen auf die Flügel und in die Tiefen des Strafraums. Etwas Zurückhaltung hätte seiner Effizienz aber gelegentlich gut getan.

Toni Kroos

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Beim Wiedersehen mit Argentinien hatte er den Testspiel-Modus aktiviert. Gegen die Schotten ging er's etwas ernster an, ohne sich aber gleich vollständig zu verausgaben. Betätigte sich als Ballverteiler und als Mann im Hintergrund des deutschen Spiels. Schaltete eher selten auf höheres Tempo um, ihm genügte das gemäßigte Standardprogramm, um die Spielkontrolle auszuüben. Als den Deutschen die Ordnung abhandenkam, war Kroos nicht in der Lage, sie wiederherzustellen.

Thomas Müller

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sein Treffer zum 1:0, eine Reminiszenz an Uwe Seeler, war seine dritte aufsehenerregende Kopfballszene. Als Fußballer war er weniger beeindruckend. Die schädlichen WM-Nachwirkungen sind offensichtlich. Sein Spiel ist angestrengt, ihm verspringen die Bälle, verrutschen die Pässe. Die geheimen Räume, die er üblicherweise entdeckt, bleiben ihm verborgen. Zur zweiten Halbzeit schien er dann in einem geheimen Nichts verschwunden zu sein - bis er plötzlich in der 70. Minute wieder hervorkam und à la Gerd Müller das 2:1 schoss. Schoss noch mal gegen den Pfosten und verdiente sich eine leuchtend gelbe Karte, indem er seinen Gegner umriss, als wäre er Catcher. Faszinierend.

Marco Reus

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hätte den Deutschen in der zweiten Halbzeit die beruhigende 2:0-Führung bringen können, aber er schoss vorbei, und das passte durchaus zu seiner Leistung, die eher daneben lag. Ging zwischen den schottischen Abwehrreihen verloren und kam nur selten aus der Deckung hervor. Als er doch einmal ins Rampenlicht rückte, war der Anlass äußerst unglücklich: Reus musste humpelnd vom Feld. Der linke Knöchel zwickte wieder einmal.

André Schürrle

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ungeheuer fleißig und von nicht nachlassendem Bemühen getragen. Rannte hierhin und dorthin, schoss von Nahem und aus der Ferne aufs schottische Tor. Allerdings sah es immer so aus, als wäre das Glück, das er jagte, noch schneller als er.

Mario Götze

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es hieß ja, dass Mario Gomez mit seiner erfolglosen Vorstellung am vorigen Mittwoch Werbung für die falsche Neun gemacht habe. Nun lässt sich von Götze zwar nicht sagen, dass er Werbung für die Einbeziehung eines echten Mittelstürmers gemacht hätte. Aber es war auch nicht so, dass er sich in der Rolle der verkappten Sturmspitze als Patentlösung aufgedrängt hätte. Starker Pass auf Reus vor dessen großer Chance, ansonsten aber wenige auffällige Aktionen und nicht besonders durchsetzungsstark.

Einwechselspieler: Lukas Podolski und Matthias Ginter

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Lukas Podolski: Ersetzte Schürrle. Kam zu seinem 118. Länderspieleinsatz. Matthias Ginter: Kam in den letzten Sekunden zur Absicherung für Marco Reus, der wieder mal angeschlagen ausgewechselt werden musste.

© SZ vom 8.9.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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