Deutsche Fußball-Liga:Die DFL sucht einen Friedensstifter

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Hans-Joachim Watzke (Mitte), Sprecher des DFL-Präsidiums, mit den Interims-Geschäftsführern Oliver Leki (links) und Axel Hellmann. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Nach dem Platzen des Investorendeals ist der Posten des Geschäftsführers der Deutschen Fußball-Liga weiter vakant. Dabei ist die Stimmung weiter mindestens kritisch - eine Trennung von erster und zweiter Liga steht im Raum.

Von Philipp Selldorf, Köln

Dem DFB-Marketinggeschäftsführer Holger Blask wird im Umfeld der Nationalmannschaft nachgesagt, er sei notfalls imstande, die eigene Großmutter zu verkaufen. Das klingt möglicherweise nicht sehr charmant, ist aber ausdrücklich bildhaft gemeint. Die Nachrede weist auf Eigenschaften hin, die grundlegend zu seinem Beruf gehören. Als in dieser Woche "Bild" meldete, Blask sei der neue Favorit für den vakanten Posten des Geschäftsführers bei der Deutschen Fußball Liga, schien sich daher eine plausible Lösung anzubahnen. Endlich, wie mancher Vertreter der Branche erleichtert anmerkte. Zumal Holger Blask vor seinem Wechsel zum DFB 14 Jahre bei der DFL gearbeitet hatte.

Doch sowie der Name auf der in den Medien gehandelten Besetzungsliste aufgetaucht ist, kann man ihn auch wieder streichen. Die Liga hat keineswegs vor, den Partner-Verband DFB ein Jahr vor dem Start der Europameisterschaft in Deutschland einer seiner wichtigsten Führungskräfte zu berauben und dadurch die mühsam befriedeten bilateralen Beziehungen zu stören. Eine Abwerbung findet nicht statt.

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Gewiss, der Einstieg eines Großinvestors ist kein Allheilmittel - aber dass der deutsche Fußball-Profibetrieb nicht einmal in die zweite Phase des Investorenthemas vordringen wollte, irritiert.

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Die Suche nach dem neuen Spitzenmann in der Frankfurter Ligazentrale geht also weiter. Theoretisch käme auch eine neue Spitzenfrau für den Posten in Frage, damit ist vorerst aber nicht zu rechnen. Das hat einerseits mit Donata Hopfen zu tun, die als Nachfolgerin von Christian Seifert nicht die ihr zugedachte Rolle auszufüllen vermochte, und andererseits mit dem Wunsch, dass der neue Chef des Dienstleisters DFL aus Kreisen der Liga stammen und mit dem hiesigen Fußball-Geschäft aus eigener Erfahrung vertraut sein sollte.

Die noch bis Ende Juni amtierenden kommissarischen DFL-Geschäftsführer Oliver Leki und Axel Hellmann hätten sich somit ebenso als ständige Lösung für die offene Stelle geeignet wie das DFL-Präsidiumsmitglied Jan-Christian Dreesen. Als es drauf ankam, zog jedoch jeder der Herren die alte Adresse vor: Kandidat eins, Freiburgs Geschäftsführer Leki, handelte mit dem Sportclub einen neuen Vertrag aus; Kandidat zwei, Frankfurts Vorstandssprecher Hellmann, nutzte die Offerte der DFL, um - nicht zu seinem Schaden - hierarchische Fragen bei Eintracht Frankfurt zu klären; Nummer drei, Bayern Münchens scheidender Finanzvorstand Dreesen, trat erst gar nicht ins Verhandlungsstadium ein, weil ihm die absehbar revolutionäre Entwicklung im Verein eine andere Bestimmung beim FC Bayern verhieß. Der für die Personalie zuständige DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke will, so heißt es aus dem Präsidium, im Juli einen Anwärter präsentieren, der den Job beim Dachverband tatsächlich übernehmen möchte.

Die Frage, wer künftig die DFL führen soll, betrifft nicht nur die Betriebsleitung der auch in anderen Abteilungen neu zu strukturierenden Organisation. Der neue CEO müsste zudem als Vermittler oder gar Friedensstifter tätig werden, denn die Stimmung im Plenum der beiden Ligen ist nach dem Scheitern des Investoren-Projekts mindestens kritisch. Von der drohenden Scheidung zwischen erster und zweiter Liga ist die Rede. Einige Erstligavertreter machen ihre Kollegen aus der zweiten Klasse dafür verantwortlich, den Plan mit dem Private-Equity-Finanzier zu Fall gebracht zu haben.

In anderen Ländern sind erste und zweite Liga längst getrennt

Die Konfrontation sei "eine Belastungsprobe" für die Einheit, sagte Wolfsburgs Manager Michael Meeske am Donnerstag auf dem Kongress SpoBis. Ein anderer einflussreicher Erstliga-Funktionär raunt, die Trennung werde irgendwann unausweichlich sein, "wenn das Abstimmungsverhalten regelmäßig diametral auseinandergeht", und darin liege auch kein Drama: In anderen prominenten Fußball-Ländern gingen Ober- und Unterklasse längst ihre eigenen Wege, das könne sich auch in Deutschland ergeben: "Es gibt keinen Masterplan für die Trennung, doch das kann ein Thema werden."

Die immer noch hitzige politische Debatte mischt sich mit persönlichen Auseinandersetzungen. Auf dem besagten Kongress in Düsseldorf kritisierte Axel Hellmann, einer der führenden Befürworter des Investoren-Projekts, öffentlich den St. Pauli-Präsidenten Oke Göttlich, der auch dem DFL-Präsidium angehört: Als Mitglied des Gremiums habe Göttlich gegen das Verfahren keine Einwände erhoben und sich dem einstimmigen Votum für den Investorendeal angeschlossen, auf der anschließenden Vollversammlung vor den 36 Klub-Vertretern habe er dann aber Kritik an der Geschäftsstrategie geäußert. "Waghalsig" finde er dieses Verhalten, sagte Hellmann, diplomatisch formulierend.

Axel Hellmann, Vorstandssprecher der Eintracht Frankfurt Fußball AG, spricht während des SpoBis-Kongresses. (Foto: Roberto Pfeil/dpa)

Doch der Frankfurter Funktionär dürfte wissen, dass der FC St. Pauli auch vorher schon eine erklärtermaßen skeptische Haltung zum ambitioniert getimten Procedere hatte. Um die allgemeinen Wissensmängel zu minimieren, hatten die Hamburger beantragt, die Entscheidung über Pro oder Kontra Investor zu vertagen. Am Stichtag der Abstimmung zog Göttlich, offenbar nicht ohne Druck seitens der übrigen Präsidiumsmitglieder, den Antrag zurück.

Tatsächlich versichern auch jene Klubs, die gegen das Manöver gestimmt hatten, dass sie gemeinsame Investitionen in den Profifußball befürworten. Es geht ihnen um die Methode der Finanzierung und um den Umfang der Erlöse, der für die Modernisierung des Ligamarketings zu erzielen wäre. Watzkes Ausspruch in der vorigen Woche, das Thema sei sozusagen erledigt, dürfe nicht das letzte Wort in der Sache sein, heißt es aus der Chefetage eines Erstligisten. Eben deshalb sei es nun wichtig, so schnell wie möglich, die Vakanz bei der DFL zu schließen: "Wir brauchen dort einen neuen Geschäftsführer, ein neues Management und ein neues Konzept."

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