DFB weist Hertha-Einspruch zurück:Tatsache entscheidet

Das Relegationsspiel von Düsseldorf wird nicht wiederholt - ein anderes Urteil konnte das DFB-Sportgericht gar nicht fällen. Das zeigt allein der Blick ins Regelheft, sofern denselben nicht der Fan-Kult trübte. Dieser erste Spruch macht den Weg frei: für wirklich richtungsweisende Urteile in den nächsten Wochen.

Thomas Kistner

Das Relegationsspiel von Düsseldorf wird nicht wiederholt. Die Fortuna steigt auf in die erste Bundesliga, Hertha BSC hat in Liga zwei abgewirtschaftet. Eine andere Lösung konnte es gar nicht geben beim Blick ins Regelheft, sofern denselben nicht der Fan-Kult trübte. Auch die Berufung der Berliner dürfte aussichtslos sein.

Das DFB-Sportgericht weigert sich mit diesem Urteil, ein gewaltiges altes Fass aufzumachen. Für eine Spiel- wiederholung hätten die Richter nämlich die Tatsachenentscheidung von Schiedsrichter Wolfgang Stark kassieren müssen. Der beste deutsche Referee hatte die Partie in Düsseldorf nach vorübergehender Platz-Erstürmung durch feierselige Fans wieder angepfiffen.

Das war sein gutes Recht, denn er hatte sie zuvor nicht abgebrochen, sondern unterbrochen. Solche Tatsachenentscheidungen werden praktisch nie rückgängig gemacht. Auf ihnen basiert die ganze Fußballjuristerei; was zuweilen nachgebessert wird vor Sportgerichten im Kontext von erkennbar falschen Pfiffen, sind Strafmaße, die sich aus den falschen Entscheidungen ergeben haben. Etwa, damit nicht ein irrtümlich vom Feld gestellter Profi auch noch eine Sperre absitzen muss für ein Foul, das der Referee erkannt zu haben glaubte, das es aber nicht gegeben hat.

Die Tatsachenentscheidung ist der heilige Gral - für den deutschen, aber viel mehr noch für den globalen Fußball. Wer daran rührt, am Recht des Schiedsrichters, auch im Zeitalter der Superzeitlupe Fehler zu machen, der bekommt unweigerlich den Weltverband Fifa auf den Hals.

Die leidvolle Erfahrung machte auch schon der DFB. In den neunziger Jahren stand deshalb gar die WM-Zulassung auf der Kippe, die Fifa hat hochwirksame Druckmittel. Und am Dogma des Tatsachenentscheids hält sie fanatisch fest; selbst sportliche oder materielle Gerechtigkeit spielen da keine Rolle. Weshalb zu vermuten ist, dass die Fifa nicht nur eine Spielwiederholung in Düsseldorf sofort kassiert hätte.

Sie hätte dagegen wohl sogar dann interveniert, wenn Stark den einzigen im Reglement beschriebenen Fehler begangen und bei seinem Wiederanpfiff in Düsseldorf tatsächlich eine hohe Gefahr für Leib und Leben der Spieler bestanden hätte.

Dieser erste Spruch macht den Weg frei für wirklich richtungsweisende Urteile in den nächsten Wochen. Es geht um schlägernde Fans und Spieler beim Düsseldorfer Match, um die Frage, wie Leute ins Stadion gelangen können, die mit scharfen Geräten den Elfmeterpunkt aus dem Rasen schneiden, es geht um den Umgang mit Pyrotechnik und generell darum, ob es nicht höchste Zeit ist für die Sportjuristen, klare Zeichen gegen die Bilder zu setzen, die dieses Saisonfinale prägten.

Diese Zeichen könnten so aussehen, dass die jüngst betroffenen Klubs in Düsseldorf, Berlin und Karlsruhe ihre ersten Heimpartien in der neuen Saison ohne Zuschauer austragen müssen. Geisterspiele, gleich zum Auftakt. Damit jeder weiß, was künftig los ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: