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DFB-Verteidiger Mustafi gegen Algerien:Wie viel schöner wär' Ibiza

Shkodran Mustafi steht im Achtelfinale erstmals bei der WM in der Startelf des DFB - und erlebt einen unglücklichen Abend. In der ersten Hälfte leistet sich der rechte Außenverteidiger einige Fehler. Später wird er verletzt ausgewechselt - und erhält eine niederschmetternde Diagnose.

Auf Ibiza war das Wetter am Montag bestens. Kein Niederschlag, blauer Himmel, 26 bis 28 Grad. Eigentlich hatte sich Shkodran Mustafi vorgenommen, die WM-Tage dort am Strand zu verbringen, doch wie es im Leben manchmal so geht, kam ein Anruf vom Bundestrainer dazwischen, und so weilte der 22-Jährige am Montag im brasilianischen Porto Alegre (immer wieder Regen, Temperaturen gerade so im zweistelligen Plusbereich). Und weil sich Mats Hummels an diesem kühlen Ort einen grippalen Infekt eingefangen hatte, rückte Mustafi in die Startelf - und erlebte vor allem in der ersten Hälfte einen so schwierigen Abend, dass er sich zwischendurch wohl mal wünschte, in diesen Tagen doch lieber auf Ibiza zu sein.

Wohl kaum ein Spieler der DFB-Elf durfte in der jüngeren Vergangenheit in Verbindung mit seinem Namen so oft das Wörtchen "überraschend" vernehmen wie Shkodran Mustafi. Im März war es überraschend, dass er überhaupt mal in einen Länderspiel-Kader kam. Kurz vor der WM war es überraschend, dass er anstelle des verletzten Marco Reus ins Turnieraufgebot rückte. In den Vorrundenspielen gegen Portugal und Ghana war es überraschend, dass er die erste Wechsel-Option in der Defensive war. Und doch war von allen Überraschungen der Startelf-Einsatz gegen Algerien vielleicht sogar die überraschendste - immerhin hatte Mustafi gegen Ghana diverse schwache Momente gehabt.

Immerhin eine gute Kopfball-Chance

Aber es gehört zu den Eigenschaften von Joachim Löw, einen Spieler, den er, aus welchen Gründen auch immer, mal für gut befunden hat, auch dann noch gut zu finden, wenn der gegen Ghana ein paar Fehler macht. Und so fiel seine Wahl auf Mustafi - geboren 1992 in Bad Hersfeld als Sohn albanischer Eltern aus Mazedonien, U17-Europameister 2009 mit Deutschland, seit 2012 bei Sampdoria Genua -, als es um die Besetzung der rechten Abwehrseite ging. Obwohl dieser Mustafi qua Ausbildung Innenverteidiger ist.

Es dauerte nur neun Minuten, da stellten sich erstmals Zweifel ein, ob diese Entscheidung so gut war. Ein Ballverlust Mustafis leitete die erste große Chance für den Gegner ein, Manuel Neuer musste fast bis zur Seitenlinie herausstürmen. Auch danach war er sehr verunsichert, mehrere Mal flankten die Algerier gefährlich von seiner Seite. Dazu gesellten sich immer wieder ein paar kleine Fehler. Da war es nur ein schwacher Trost, dass manch erfahrener Kollege in der Defensivreihe fast ebenso hilflos durch die erste halbe Stunde taumelte wie der Neuling Mustafi.

Im Spiel nach vorne interpretierte er seine Rolle zwar offensiv, doch oft an den Ball kam er nicht. Im Zweifel zogen die Deutschen das Spiel über die andere Seite auf. Doch in Minute 35 hatte Mustafi sein erstes kleines Erfolgserlebnis: Seine Flanke war zwar nicht sonderlich überragend, aber ganz okay, und weil ein algerischer Abwehrspieler falsch stand, kam Thomas Müller zu einer Kopfballchance.

Immerhin gelang Mustafi dann noch eine Überraschung: Er musste zur Pause nämlich nicht raus, sondern blieb auf dem Feld. Kurz nach dem Wechsel kam er sogar zu einer sehenswerten Kopfball-Chance (49.). Wie so viele deutsche Spieler steigerte er sich; er profitierte auch davon, dass er nun ein Pärchen mit dem dynamischen André Schürrle bildete. Nach knapp 70 Minuten war Mustafis Achtelfinal-Einsatz aber doch beendet: Bei einer Aktion im Mittelfeld verletzte er sich ohne Einwirkung des Gegenspielers am linken Oberschenkel. Er zog sich einen Muskelfaserriss zu - und es bewahrheiteten sich bald die schlimmsten Befürchtungen: "Er spielt in diesem Turnier keine Rolle mehr", sagte Löw. Alles andere als ein schönes Ende für einen WM-Neuling.

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SZ vom 01.07.2014/mane
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