U21 des DFB:Kuntz spricht ein vernichtendes Urteil

Belgium U21 v Germany U21 - UEFA Euro Under 21 Qualifier

Bitter: Deutschlands Mittelfeldspieler Dennis Geiger (Hoffenheim; re.) nach einem Gegentor in Belgien.

(Foto: Getty Images for DFB)

Nach dem 1:4 gegen Belgien muss die deutsche U21 um die EM-Qualifikation bangen. Der Bundestrainer beklagt sich über die Qualität des Jahrgangs.

Von Ulrich Hartmann

Als die deutsche U21-Nationalmannschaft 2009 in Schweden Europameister wurde, standen Fußballer wie Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Mats Hummels und Sami Khedira auf dem Platz. Beim Titelgewinn 2017 steckten Spieler wie Janik Haberer, Maximilian Arnold und Serge Gnabry im DFB-Trikot. Und als die U21 vergangenes Jahr im Endspiel verlor, war sie mit Spielern wie Lukas Klostermann, Jonathan Tah, Mahmoud Dahoud und Nadiem Amiri auch recht gut besetzt.

Man weiß immer erst ein paar Jahre später, wie gut sich diese 20 bis 23 Jahre alten Fußballer wirklich entwickeln, und so muss man auch Geduld aufbringen mit Spielern wie Nico Schlotterbeck von Union Berlin, Arne Maier von Hertha BSC oder Salih Özcan vom 1. FC Köln. Nach der 1:4-Niederlage im EM-Qualifikationsspiel am Dienstag in Belgien, einer der statistisch wie emotional drastischsten Niederlagen einer deutschen U21, formulierte der Bundestrainer Stefan Kuntz zwei entlarvende Sätze. Erstens: "Wir wussten, dass eventuell auch einmal schwächere Jahrgänge kommen." Und zweitens: "Es war klar, dass wir mit diesem Jahrgang kein EM-Titelfavorit sind." Wer sich mit der tieferen Bedeutung von Zeugnissprache auskennt, der weiß: Das ist ein vernichtendes Urteil.

Diesmal machte es tatsächlich keinen so guten Eindruck, als Arminia Bielefelds Innenverteidiger Amos Pieper in der 18. Minute den schnellen Belgier Lois Openda beidhändig bremste und dafür Rot sah, und als Bayer Leverkusens Torwart Lennart Grill anschließend den belgischen 18-Meter-Freistoß ins Tor fliegen ließ. Zu zehnt und ohne einen dieses Defizit ausgleichenden Elan ließen sie sich in der zweiten Halbzeit regelrecht auseinandernehmen. Schlotterbeck, Maxim Leitsch (VfL Bochum), Luca Kilian (Mainz 05) und Josha Vagnoman (Hamburger SV) bildeten eine fragile Abwehrkette, Maier und Dennis Geiger (TSG Hoffenheim) erfüllten davor ihre Funktion als Wellenbrecher nur leidlich.

In zwei Interviews beklagt Kuntz am Dienstag die Qualität des Jahrgangs

Jetzt ist Deutschland nur noch Gruppenzweiter, denn die Niederlage war die zweite gegen den Tabellenführer Belgien nach dem 2:3 im Hinspiel im November. Und auf dem dritten Rang lauert Bosnien-Herzegowina. So ist die Lage ungewiss. Als Gruppensieger ist man sicher bei der EM 2021 in Ungarn und Slowenien dabei, als Zweiter nur dann, wenn man zu den fünf besten Zweiten der neun Gruppen gehört, und als Dritter wäre man raus. Es wäre das erste Mal seit 2011, dass Deutschland eine U21-EM verpasst. Zuletzt war das Team drei Mal nacheinander im Halbfinale und zwei Mal in Serie im Endspiel. Ein Scheitern schon in der Qualifikation diesmal wäre eine Zäsur für die deutsche Nachwuchsarbeit.

Wahlweise herrscht vielleicht aber auch einfach zufällig Flaute in den Jahrgängen 1998 bis 2000. Von den vier deutschen Champions-League-Teilnehmern Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach steht derzeit kein einziger Spieler in der U21. München hätte in Jan-Fiete Arp und Adrian Fein zwei altersgerechte Spieler, Dortmund in Felix Passlack und Tobias Raschl ebenfalls und Gladbach in Jordan Beyer und Torben Müsel auch, Leipzig jedoch keinen. Die Bundesliga-Erfahrung der aktuellen U21-Nationalspieler ist geringer als die der Jahrgänge zuletzt.

Der Bundestrainer Stefan Kuntz freilich scheint sich recht extrovertiert auf diesen Umstand zu berufen. In zwei Interviews beklagte er am Dienstag die Qualität des Jahrgangs und zwei Mal binnen eines Interviews betonte er, er habe die Spieler nach dieser 1:4-Klatsche zur "Selbstkritik" und zur "Selbstreflexion" angehalten. Kuntz hat das älteste deutsche Nachwuchsteam 2017 in Polen zum Titel und 2019 in Italien ins Endspiel geleitet, er hat bewiesen, dass er Spieler dieses Alters zum Erfolg führen kann. Diesmal muss er beweisen, dass er auch aus einem nicht so starken Jahrgang etwas herausholen kann. Die 1:4-Niederlage in Belgien war auch für Kuntz ein Rückschlag.

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