DFB-Stürmer:Werner wandelt zwischen den Welten

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Ein bisschen verzweifelt: Timo Werner in Belfast. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • In der Liga glänzt Timo Werner mit fünf Toren in drei Spielen, in der Nationalmannschaft tut er sich weiterhin schwer.
  • Obwohl neben ihm zum ersten Mal mit Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann drei Leipziger im Nationalteam stehen.
  • Vor dem Spiel gegen den FC Bayern geben er und Halstenberg sich angriffslustig.

Von Saskia Aleythe, Belfast

Es soll schon deutsche Nationalspieler gegeben haben, die ihre Tore per Salto zelebrierten. Aber gut, für so einen Premierentreffer gegen Nordirland wäre das auch ein bisschen übertrieben gewesen. Marcel Halstenberg jedenfalls, am Montagabend zum vierten Mal im Trikot der deutschen Nationalmannschaft, hob einmal schüchtern die Fäuste zur Brust und ließ sich dann abklatschen im Kreis der Kollegen. Als hätte er nicht gerade per artistischer Volley-Annahme das 1:0 nach viel glücklosem Gemurkel der Kollegen geschossen, sondern den Ball im Trainingsspiel aus Versehen ins leere Tor befördert.

"Ja, gut getroffen", kommentierte der 27-Jährige sein Kunststück später in ähnlicher Nüchternheit, "was soll ich großartig sagen?" Und so ist das ja manchmal: Wer ansehnlich trifft, braucht tatsächlich nicht mehr viel zu erklären. Schöner wird es dann ohnehin nicht mehr.

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Diesen Montagabend konnte man sich aus Vereinsfußball-Perspektive unter der Rubrik "Neuheit" vermerken: Zum ersten Mal hatten drei Spieler von RB Leipzig in der Startelf gestanden (nach vier Bayern die stärkste Fraktion) - und dann leitete auch noch ein Leipziger den Sieg ein. Für diese Dinge ist ja aber eigentlich Stürmer Timo Werner vorgesehen und nicht Außenverteidiger Halstenberg, der für den verletzten Nico Schulz ins Team gekommen war.

Timo Werner lacht sogar ein wenig

Im Ergebnis war das freilich egal. "Ich habe mich innerlich extrem gefreut", sagte Halstenberg dann doch. Vereinskollege Lukas Klostermann hatte die Flanke in den Strafraum gegeben, die Julian Brandt per gescheitertem Kopfball zu Halstenberg verlängerte. Es war das erlösende Tor nach vielen brenzligen Situationen durch die Nordiren. Werner lief als einer der ersten auf den Torschützen zur Umarmung zu. Und die tat ihm vermutlich selbst auch ganz gut.

Denn den Mittelstürmer umtreibt in der Nationalmannschaft derzeit eine merkwürdige Abschlussschwäche. Obwohl er nach seiner Vertragsverlängerung bei den Sachsen (und zähen Monaten ergebnislosen Wartens auf ein konkretes Angebot des FC Bayern) in der Bundesliga zuletzt groß aufgespielt hatte, mutierte der 23-Jährige gegen die Niederlande wie gegen Nordirland zum Chancentod. "Dass das nicht Glanz und Gloria war, ist auch klar", warf er in der Mixed Zone von Belfast kurz in die Mikrofone, wollte aber einen Schritt in die richtige Richtung erkannt haben.

Dann wurde er zur Freude von Vereinstrainer Julian Nagelsmann sogar ein bisschen angriffslustig. Am Samstag trifft Tabellenführer Leipzig auf den FC Bayern. "Ich habe jetzt meine Torpause in den zwei Länderspielen gehabt, jetzt kann man gegen Bayern wieder treffen", sagte Werner. Und lachte sogar ein wenig.

Dass die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr nur aus Münchnern und Dortmundern besteht, ist ein Abbild der Liga: Mit drei Siegen sind die Leipziger in die Liga gestartet, schon beim 4:0 gegen Union Berlin wurde Halstenberg zum Torschützen. In der Jugend durfte er noch als Stürmer seine Kreise ziehen, rutsche dann über Stationen bei Hannover 96 II, Borussia Dortmund II und dem FC St. Pauli immer weiter nach hinten. 2015 holten ihn die Leipziger, 2017 Joachim Löw ins Nationalteam: Da war der gebürtige Niedersachse schon 26.

Ein dreifacher Handbruch (nach Zusammenprall mit dem Pfosten) sowie ein Kreuzbandriss (nach Zusammenprall im Training mit einem Kollegen) setzten Halstenberg längere Zeit außer Gefecht, er verpasste die WM. Doch wenn es für späte Talente (mittlerweile ist Halstenberg 27) eine Chance in der Nationalelf gibt, dann wohl im Moment.

Von den Kollegen im Team und damit den Konkurrenten in der Liga werden die Leipziger jedenfalls mit der gebotenen Mischung aus Rivalität und Neckerei bedacht. "Der Serge kam nach seinem Tor zu mir und meinte, am Samstag haue ich euch auch einen rein", berichtete Halstenberg noch von Serge Gnabry, der gegen Nordirland das 2:0 gemacht hatte, "das verhindere ich auf jeden Fall." Fürs Toreschießen und Jubeln darf dann gerne wieder Timo Werner sorgen.

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