Süddeutsche Zeitung

DFB-Team:"Wozu diese Spieler infrage stellen? Das wäre ja fatal"

  • Vor dem wichtigen Spiel gegen Schweden stärkt Bundestrainer Joachim Löw die deutschen Führungsspieler.
  • Welche Aufstellung er wählen wird, weiß Löw am Freitagabend noch nicht genau, nur Mats Hummels werde "sehr wahrscheinlich nicht spielen können".
  • Hier geht es zum WM-Spielplan.

Von Christof Kneer, Sotschi

Joachim Löw machte eine kurze Pause, er blickte in die internationale Presserunde vor ihm, und vielleicht dachte er dann noch kurz daran, dass im fernen Moskau ein Übersetzer sitzt, der jedes Trainerwort für die offiziellen Fifa-Medienkanäle nutzbar macht. Joachim Löw fügte der kurzen Pause anschließend noch eine etwas kürzere Pause hinzu, und dann sagte er leicht gedehnt: "Mor-gen zählt's."

Löw, 58, war schon ganz cool in dieser letzten Presserunde vor dem großen Spiel gegen die Schweden, was ein paar Reporter aus anderen Ländern zu der Frage animierte: Ist der immer so? Auch unter Druck? Ja und nein muss die Antwort korrekterweise lauten: Löw ist kein Trainer, der vor bedeutenden Partien bedeutend in die Gegend guckt, er haut auch keine Parolen raus, die auf den Effekt berechnet sind. Er wirkt meistens ganz locker, und er macht auch mal ein Löw'sches Witzchen. Manchmal lachen die Leute sogar. So war der deutsche Bundestrainer am frühen Freitagabend in Sotschi schon auch - aber eben nicht nur. Es war nicht zu überhören, dass da ein Spiel bevorsteht, das - wenn es gut geht - sehr, sehr wichtig war. Wenn es nicht gut geht, war es historisch.

Deshalb hat Löw tatsächlich ein paar Parolen rausgehauen. Die zwei wichtigsten "Waffen" seien "Energie und eine andere Körpersprache", sagte er zum Beispiel. Den Sieg werde jene Mannschaft holen, "die den Sieg mehr will", das sagte er auch, "und ich gehe davon aus, nein, ich bin sicher, dass wir das sind". Und dann eben, schön mehrsilbig: Mor-gen zählt's.

Zu mehr Zugeständnissen ist Löw selbst unter Druck nicht bereit

Löw bildet sich viel darauf ein, dass er kein Wir-müssen-Gras-fressen-Trainer ist, er will die Dinge gewaltfrei lösen, mit abgespreiztem kleinen Finger, nicht mit der Faust. Er weiß aber, dass das jetzt gerade nicht geht, er weiß, dass er den Menschen draußen und drinnen zeigen muss, dass hier ein entschlossener Bundestrainer sitzt, der nicht nur an das Gute im Ball glaubt, sondern auch an so triviale Dinge wie Kampf und Einsatz und Leidenschaft.

Zu mehr Zugeständnissen ist dieser Bundestrainer aber selbst unter Druck nicht bereit, er hat das am Freitagabend so klar formuliert wie selten zuvor. Unmittelbar nach dem Mexiko-Spiel war er ja schon gefragt worden, ob er jetzt grundsätzliche Pläne über den Haufen werfen müsse, er hat den Frager angeschaut, als ob der doch etwas streng rieche. "Über den Haufen werfen wir schon mal gar nix", hatte er leicht missbilligend geantwortet. Am Freitagabend wollte nun jemand wissen, ob sein Vertrauen in die sogenannten Führungsspieler nicht "erschüttert" sei nach der doch etwas erschütternden Leistung gegen Mexiko. Diesmal schaute Löw nicht streng, er lächelte milde. "Ich bitte Sie", sagte er, "warum sollte das so sein?"

Löw will sich seinen Özil und seinen Müller nicht wegnehmen lassen, ebenso wenig seinen Khedira, einen schwäbischen Vertrauten der ganz frühen Tage. "Wegen einem Spiel?" fragte Löw und klang nun doch fast ein wenig entrüstet. "Das grundsätzliche Vertrauen in die Spieler, die schon länger bei uns sind, wird doch nicht durch ein einziges Spiel in die Brüche gehen", sagte er, und hätte er diesen Satz bei WhatsApp geschrieben, dann hätte er gewiss ein Erhobener-Zeigefinger-Emoji angehängt. "Natürlich ist jeder bei uns dem Leistungsgedanken ausgeliefert, aber diese Spieler sind in der Weltklasse immer noch ganz weit oben", sagte Löw demonstrativ, "also wozu diese Spieler infrage stellen? Das wäre ja fatal." Mindestens zwei Zeigefinger, eher drei.

Das heißt nicht zwingend, dass der Bundestrainer alle Weltmeister auch gegen Schweden in seine Startelf schicken wird, es könne durchaus sein, meinte Löw, dass ein, zwei dieser Spieler vielleicht mal eine Partie pausierten und dann wiederkämen. Aber allzu viele Weltmeister wird es gegen Schweden schon deshalb nicht erwischen, weil einer von ihnen wohl ohnehin passen muss: Mats Hummels werde "sehr wahrscheinlich nicht spielen können", sagte Löw, "er hat sich am Donnerstag im Training einen Halswirbel verrenkt, konnte in keine Kopfballduelle gehen". Zwar habe man "noch ein bisschen Zeit, aber in der Regel ist es bei solchen Geschichten so, dass die Dinge über Nacht nicht unbedingt besser werden". Niklas Süle oder Antonio Rüdiger stünden als Ersatz bereit.

Welche Aufstellung er am Ende wählen würde, das wusste Löw am Freitagabend auch noch nicht genau, er müsse noch das Abschlusstraining abwarten, meinte er. Beobachter wollen dort eine kühne Offensivvariante mit Mario Gomez als Mittelstürmer und Julian Brandt als Linksaußen entdeckt haben, aber es könnte natürlich auch sein, dass Joachim Löw diese Formation eher mit einem Zwinker-Smiley versehen hat.

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SZ vom 23.06.2018/fued
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