DFB-Team:Öffentliche Sticheleien um einen WM-Platz

DFB-Team: Beide von sich überzeugt: Mario Gomez und Sandro Wagner

Beide von sich überzeugt: Mario Gomez und Sandro Wagner

(Foto: Getty Images)

Von Matthias Schmid

Sandro Wagner ist im Herbst vergangenen Jahres 30 Jahre alt geworden, der Spieler des FC Bayern ist also im sogenannten besten Fußballeralter angekommen. Bis zur Sportlerrente hat er wohl noch ein paar gute Jahre vor sich, er darf aber schon auf die Vergangenheit zurückblicken. Er hat eine deutsche Meisterschaft gewonnen, als junger Bayern-Spieler, in der Saison 2007/08. Er ist U-21-Europameister geworden, vergangenen Sommer hat er den Confed Cup gewonnen. Aber ein entscheidender Eintrag fehlt Wagner noch in seiner Vita: eine Reise zur Fußball-Weltmeisterschaft.

Und als er jüngst nach dem Sieg in Freiburg vor die Journalisten trat, sagte er Dinge, die vor allem eins zeigten: Wagner möchte diesen Makel loswerden. Und er glaubt, dass das kein großes Problem wird. Denn Sandro Wagner findet: Der Strafraumstürmer, den Joachim Löw für die WM in Russland nominieren sollte, ja muss, ist - Sandro Wagner.

Der gebürtige Münchner ist ehrgeizig, selbstbewusst, manche behaupten, dass er zum Übermut neigen würde. Keiner aber bestreitet, dass er pointiert zu reden vermag und weiß, was in der heutigen Medienwelt Schlagzeilen produziert. Nach dem 4:0-Sieg in Freiburg also mischte er sich in die Nachfolgedebatte von Jupp Heynckes ein. Er könne sich viele Trainer für den FC Bayern vorstellen, sagte Wagner. Natürlich auch Freiburgs Christian Streich. "Ich denke, dass sich schon irgendjemand findet in der Republik, der uns in der nächsten Saison trainieren wird." Und wenn es keinen gebe, merkte Wagner an, "dann mache ich es halt selber".

Noch viel verlockender als eine Mannschaft zu trainieren, findet er aber die Aussicht, bei einer Weltmeisterschaft als Nationalspieler mitzumischen. Im Juni 2017 machte er sein erstes Spiel fürs DFB-Team, in der WM-Qualifikation gelangen ihm später fünf Tore. Bundestrainer Joachim Löw ließ schon mehrmals durchblicken, dass er neben dem gesetzten Timo Werner noch mindestens einen weiteren Stürmer mitnehmen möchte, einen echten Neuner alter Prägung, einen kantigen Mittelstürmer, der die Bälle behaupten und weiterleiten kann - und der ein besonderes Gefühl fürs Toreschießen hat.

Wagner wähnt sich schon im Flieger nach Moskau

Einen wie Sandro Wagner eben. Oder Mario Gomez vom VfB Stuttgart, der mit seinen Toren gerade seinem Klub zum Ligaverbleib verhilft. Sie sind beide ähnliche Spielertypen. Wagner oder Gomez - wen nimmt Löw also mit? Für Wagner jedenfalls stellt sich die Frage nicht. Er glaubt, die Antwort schon zu kennen: Er werde im Flieger gen Moskau sitzen, wo die DFB-Elf während der WM Quartier bezieht. "Ich bin sehr, sehr positiv, dass ich mitfahren darf", erklärte Wagner nach dem Spiel und seinem Tor in Freiburg: "Ich bin überzeugt von mir, bin gut drauf. In meinen Augen bin ich der beste deutsche Stürmer, das habe ich schon 1000 Mal gesagt, das wird sich auch nicht ändern."

"Der ein oder andere hat ja seinem Medienberater schon einen WM-Vorschuss gegeben"

Die Frage ist nur, ob Löw das auch so sieht. In der Vergangenheit ließ er oft ein besonderes Faible für beim VfB ausgebildete Spieler erkennen. Joshua Kimmich gehört dazu, Sami Khedira und Werner sowieso, auch Sebastian Rudy. Der aktuelle Verein von Mario Gomez ist übrigens zugleich sein Jugendverein: der VfB Stuttgart.

Zuletzt gelangen Gomez zwei Tore beim 3:2-Sieg in Köln, darunter "ein Gurkentor", wie er selbst sagte. Sein Trainer Tayfun Korkut hob später hervor, "dass Gomez kein Bewerbungsschreiben braucht. Jogi Löw weiß, was er kann." Auch Gomez hält sich in diesen Tagen nicht heraus aus der Debatte. Zu gerne würde er, der in 71 Länderspielen 31 Tore sammelte, an der WM teilnehmen. Das Turnier vor vier Jahren hatte er wegen einer Formkrise verpasst.

In einem Interview mit der Welt am Sonntag verwies er neulich auf seine Vorzüge. "Zu wissen, wo im Sechzehner der Ball hinkommt, ist meine absolute Stärke", sagte Gomez und ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, indirekt gegen seinen Konkurrenten Wagner zu sticheln, ohne dessen Namen zu nennen. "Wenn du beim FC Bayern nicht triffst, müsstest du dir Gedanken machen", sagte Gomez fast schnippisch.

Gomez bringt salomonische Lösung ins Spiel

Ein Satz, den sich Wagner merkte, er ahnte ja, dass Gomez ihn, Wagner, meinte. "Der eine oder andere hat ja seinem Medienberater schon einen WM-Vorschuss gegeben", entgegnete der Bayern-Spieler in Freiburg. Es klang ein bisschen nachtragend, aber Wagner fügte dann noch an: "Ich schaue nur auf mich, habe überall meine Tore gemacht. Alle anderen sogenannten Konkurrenten sind mir egal."

Möglicherweise kommt es am Ende auch ganz anders, als alle glauben. Hofft zumindest Mario Gomez. "Vielleicht sieht Joachim Löw uns ja gar nicht als Konkurrenten", sagte der Stürmer in der Sport Bild. "Vielleicht heißt es am Ende nicht Wagner oder Gomez, sondern Wagner und Gomez." Auch Sandro Wagner hätte an dieser Lösung bestimmt nichts auszusetzen.

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