DFB-Team in der Einzelkritik:Wagner walzt durch die Pfalz

Der Angreifer ist der planierraupenhafteste Spieler im Team. Leon Goretzka trifft mit und ohne Hacke. Bernd Leno fehlt das Gerry-Ehrmann-Training. Die DFB-Elf in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Kaiserslautern

Bernd Leno

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(Foto: Marijan Murat/dpa)

Stand in einem Strafraum, der normalerweise von Gerry Ehrmanns Schülern durchflogen wird. Gerry Ehrmann, das ist der Torwarttrainer des 1. FC Kaiserslautern, er hat unter anderem die Ex-Nationaltorhüter Tim Wiese und Roman Weidenfeller sowie die aktuellen Nationaltorhüter Julian Pollersbeck (U 21) und Kevin Trapp ausgebildet. Außerdem besitzt er einen Brustkorb in der Breite eines Bierkastens. Seine Torwartschule heißt in der Pfalz auch "Gerrys Flugschule", weil er seine Rekruten im Training auch mal gerne Paraden über eine Leichtathletik-Hürde machen lässt. Leno hat diese Schule nicht durchlaufen, gegen Aserbaidschan spielte er teilweise so, als hätte er gar keine Schule durchlaufen. Mit dem Ball am Fuß mit Problemen und nach 20 Minuten mit krassem Fehlpass in den Fuß des Gegners. Das 1:1 kassierte er durch einen Schuss ins kurze Eck - da hat man als Torwart nur in Ausnahmefällen eine Entschuldigung für. In diesem Fall gab es eher keine. Seitdem er den Kampf gegen Marc-André ter Stegen um die Nummer zwei im deutschen Tor auch offiziell verloren hat, spielt er fahrig. Muss aufpassen, dass er den Status als Nummer drei nicht an Ehrmann-Schüler Trapp verliert.

Joshua Kimmich

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(Foto: AFP)

Die Abwehr in Kaiserslautern ist Harry-Koch-Country. Der hatte Locken, einen Schnauzbart und einen Schädel, mit dem er im Training Backsteine aus dem Sechzehner geköpft hat. Erzählen sie jedenfalls in der Pfalz. Jetzt hat Kimmich weder Locken, noch ist er Kopfballriese und vor allem ist er der bartloseste Spieler der Mannschaft. Hindert ihn aber zum Beispiel nicht daran, Werbung für Elektrorasierer zu machen. Pflügte aber auch in diesem bedeutungslosen Quali-Spiel über den Platz, dass auch die alte Abwehrgarde ihre Freude daran gehabt hätte. Versuchte stets, den Extra-Weg in die Offensive zu gehen und probierte in der 23. Minute einen Schuss wie ihn Sebastian Rudy gegen Nordirland in den Winkel gelegt hatte - das klappte nicht. Blieb bis zum Schluss der Seitenbordmotor des deutschen Spiels.

Shkodran Mustafi

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(Foto: AP)

Besitzt einen Bart, ist aber für die Pfalz immer noch ein viel zu schöngeistiger Abwehrspieler. Gut, das ist eigentlich jeder, der mit seinem Schienbein keinen Torpfosten durchtreten kann. Rutschte in den ersten Minuten von Schöngeistigkeit eher in Richtung Lässigkeit und spielte seine Pässe nicht mit der Präzision und dem Timing, das man von ihm gewohnt ist. Als er nach 34 Minuten einem langen Ball hinterher sprinten wollte, verletzte er sich ohne Einwirkung des Gegners und blieb liegen. Weil Rüdiger dann gegen Ramil Sheydaev alleine war, fiel das Gegentor. Musste sofort gegen Matthias Ginter ausgewechselt werden. "Er hat wohl einen starken Muskelfaserriss bis Muskelbündelriss", sagte Bundestrainer Joachim Löw bei RTL.

Niklas Süle

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(Foto: Marijan Murat/dpa)

Mit fast 90 Kilogramm der kräftigste deutsche Nationalspieler, und wenn diese Masse nicht ausbalanciert ist, dann tut es weh. Trat nach sechs Minuten schief auf, versuchte es noch 16 Minuten, lief aber dabei offensichtlich nicht rund. Ging nach 22 Minuten vom Feld, die Diagnose: muskuläre Probleme im linken Oberschenkel. Für ihn kam Antonio Rüdiger.

Emre Can

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dass der Bundestrainer in der 21. Minute mal kurz am Spielfeldrand laut wurde, hatte leider viel mit Emre Can zu tun. War durch die offensive Taktik Löws einziger Spielsortierer auf der Sechs und hatte die Aufgabe, die Pässe sauber weiterzuleiten. Hatte mit dieser Aufgabe aber massive Probleme, obwohl der Druck der Aserbaidschaner auf ihn nicht maximal hoch war. Dass etwas mit seiner Spiel-Organisation nicht stimmte, merkte er spätestens, als Thomas Müller (!) neben ihm auftauchte und der Abwehr Anweisungen gab. Zuletzt mit stärkeren Auftritten in der Nationalmannschaft, diesmal in der ersten Halbzeit mit einer schwächeren Partie. Stabilisierte sich in der zweiten Hälfte und belohnte sich mit dem 5:1.

Leon Goretzka

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Schoss einfach mal direkt ein Tor per Hacke. Wie man das halt so macht: Eckball kommt rein, man steht mit dem Rücken zum Tor, und dann nagelt man das Ding mit der Ferse versiert unter die Latte. Der Namenspatron dieses Stadions, Fritz Walter, schoss übrigens mal ein Tor, in dem er sich nach vorne fallen ließ und dann mit der Hacke über den Kopf erst den Ball und dann das Tor traf. Er sah dabei wie ein Skorpion aus. Das tat Goretzka nicht, obwohl er nach dem 1:0 noch 82 Minuten Zeit hatte, es wenigstens zu versuchen. Wenn es ihm gelungen wäre, dann heute. Schoss stattdessen in der 66. Minute noch das 4:1, musste dafür nach dem Zuspiel von Leroy Sané aber nur den Fuß hinhalten.

Julian Brandt

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(Foto: dpa)

Ist definitiv ein guter Fußballer aber er ist ein bisschen langsamer, ein bisschen uneleganter, ein bisschen unpräziser und insgesamt halt ein bisschen schlechter ist als ein Leroy Sané. Gilt als Talent und hat so langsam das ernste Problem, mit seinen 21 Jahren schon ein bisschen zu lange als Talent zu gelten. Hatte mit Joshua Kimmich den offensivsten Abwehrspieler auf seiner Seite, nutzte die Räume, die der ihm riss, für gefährliche und scharfe Flanken. Kein wirklich schlechtes Spiel von ihm, aber zu wenig angesichts der Konkurrenz, die er neben Sané noch so auf der Außenbahn hat (Draxler, Özil, Reus).

Leroy Sané

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(Foto: dpa)

Sorgte für die zunächst wenigen Ooooohhhh und Aaaaahhhh-Momente in diesem Spiel und war neben Goretzkas Zauberhacke der Grund, warum sich der Eintrittspreis (bis zu 80 Euro) gelohnt haben könnte. Führte dann den Ball so leicht, elegant und schnell über das Feld, wie man es in Kaiserslautern seit den Tagen Ratinhos nicht mehr gesehen hat. Wäre in der 46. Minute fast einmal mit dem Ball über das komplette Feld gerannt, wurde aber rüde gefoult. Knallte ein paar Minuten später aus freier Position die Kugel ohne Not am langen Pfosten vorbei. Der einzige Moment, wo er auf Kraft statt Technik vertraute.

Thomas Müller

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Spielt bekanntlich in München, und beim 1.FC Kaiserslautern ist es immer noch Tradition, vor jedem Spiel auf die Vereinsliedzeile "Jeder Club ist uns willkommen/jede Mannschaft gern gesehen" geschlossen "AUSSER BAYERN" durchs Stadion zu schreien. Wurde aber vom Pfälzer Publikum bejubelt, weil er in der zweiten Halbzeit einen Ball noch vor der Außenlinie abgrätschte. Grätschen ziehen auf dem Betzenberg immer. Spielte engagiert, aber vor allem in der ersten Halbzeit ziemlich unsichtbar. Kam seinen Pflichten als Kapitän nach und sortierte die vor allem zu Beginn konfuse Mannschaft - hätte aber bestimmt nix dagegen gehabt, auch selbst mal wieder ein Tor zu schießen. Ging nach 70 Minuten für Amin Younes.

Lars Stindl

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(Foto: AFP)

Ein bisschen der Verlierer dieser beiden Länderspiele - was aber weniger mit ihm zu tun hat, sondern vor allem mit Sandro Wagner (siehe dort). Spielte gegen Aserbaidschan ein Lars-Stindl-Spiel. Lief viel, arbeitete sauber, knallte auch in der 61. Minute den Ball an den Pfosten. Lieferte eine absolut saubere Leistung ab - aber er weiß auch, dass der Bundestrainer von vier Stürmern (Timo Werner, Mario Gomez , Wagner und er) wohl nur drei nach Russland mitnehmen kann.

Sandro Wagner

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(Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

In Kaiserslautern und in der Nationalmannschaft spielte einst der Spieler Hans-Peter Briegel. Der war gelernter Zehnkämpfer, wurde 1985 "Deutschlands Fußballer des Jahres", und sein Markenzeichen war, dass er ohne Schienbeinschoner spielte. Spitzname: Walz von der Pfalz. Sandro Wagner war spätestens mit der Auswechslung von Niklas Süle der planierraupenhafteste Spieler im Team und er versuchte wirklich alles, um seinen walzigen Körper in die Bälle zu werfen. In der 31. Minute schoss er einen Querpass von Müller erst gegen Torwart Agayev, der wehrte den Ball gegen den Pfosten ab, von dort sprang er zurück zu Wagners Schienbein und von dort am Tor vorbei. In der 54. Minute knallte er dann zum dritten Mal seinen Kopf wie eine Abrissbirne gegen den Ball - diesmal konnte Agayev erst hinter der Linie klären. Hat sich dieses 3:1 erarbeitet und lieferte nach seinem Auftritt gegen Nordirland wieder eine starke Partie ab. In dieser Form braucht Joachim Löw den Wagner-Walzer.

Antonio Rüdiger

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(Foto: Marijan Murat/dpa)

Ist auch nach mehrfachem Check diverser Kaderlisten definitiv Innenverteidiger beim englischen Spitzenklub FC Chelsea. Hatte als solcher in der 34. Minute die Aufgabe, ein Eins-gegen-Eins-Duell gegen Ramil Sheydaev zu gewinnen. Der stürmt für einen Verein namens Qarabag Agdam. Agierte gegen den so schwerfällig, als hätte er einen Saumagen im Bauch und ließ sich auswackeln. Kann aber verlangen, dass darüber nicht mehr geredet wird, weil er später das 3:1 schoss und damit seine Einlage wieder gutmachte.

Matthias Ginter

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(Foto: dpa)

Kam für den verletzten Niklas Süle. Zeichnet sich oft dadurch aus, dass er unauffällig und souverän spielt. Spielte unauffällig und souverän.

Amin Younes

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(Foto: Sebastian Widmann/Getty)

Kam für Thomas Müller und zeigte noch ein paar schöne Schlenker. (Archivbild)

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