Simone Laudehr war direkt mit dem Schlusspfiff auf dem Kunstrasen zusammengesackt. Als würde aus einer aufblasbaren Hüpfburg plötzlich die Luft gelassen, hing sie, das selbst ernannte Kampfschwein, träge auf dem Boden. Arme und Beine von sich gestreckt. Dann begann die 94-fache Nationalspielerin, die 2007 im WM-Finale gegen Brasilien ein weltbekanntes Tor fabriziert hatte, hemmungslos zu weinen. Hinter ihr tanzten die Engländerinnen, ein Gegner, den die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bis dato immer bezwungen hatte, und aus den über der Spielfeldmitte angebrachten Lautsprechern des Commonwealth Stadium von Edmonton dröhnte laute Musik.
Laudehr wollte alleine sein in diesem traurigen Moment, in dem ihr gewahr wurde, dass der aktuelle Jahrgang bei dieser Frauen-WM in Kanada nicht mal mehr gut für einen Trostpreis gewesen ist. Auch als Célia Šašić, die ausgewechselte Torjägerin, zu ihr ging und sie aufrichten wollte, blieb die 28-Jährige sitzen. Und als vor ihren Augen Team England das eilig aufgebaute Podium erklomm, um jubelnd die Bronze-Plaketten abzuholen, da rollte sie sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht in den Plastikhalmen. Vermutlich hat sie dabei das künstliche Grün besser befeuchtet als die putzigen Tankwagen, die in der Halbzeitpause herumfuhren.
Laudehr wirkt verloren wie die ganze Mannschaft
"Ich wäre gerne mit einem Metallteil nach Hause gekommen", sagte die aus Regensburg stammende Allrounderin, die inzwischen in Frankfurt eine Wahlheimat gefunden hat, in der es ihr - und ihrem Hund - richtig gut gefällt. Die mal beim FC Bayern spielende Laudehr war voller Tatendrang in dieses Turnier gegangen; sie alleine hatte im Achtelfinale an einem schwülen Sommertag in Ottawa mit Schweden Katz und Maus gespielt.
Und jetzt gegen England? Wirkte sie die 120 Minuten am rechten Flügel so verloren wie die ganze Mannschaft. Immer bemüht, stets erfolglos. "Das Spiel ist doch schnell erzählt: Wir haben gekämpft, gefightet, alles gegeben. Aber wir haben keine Tore gemacht und dann kann man kein Spiel gewinnen", sagte Silvia Neid auf der Pressekonferenz. Freimütig gestand die Bundestrainerin ein, dass der von Tabea Kemme verursachte Elfmeter, den Sara Williams in der Verlängerung zum entscheidenden 0:1 nutzte (108.), absolut berechtigt gewesen sei. "Das war sehr naiv. England hat letztlich verdient gewonnen."
Die Bilanz ist nun mehr als getrübt. Weniger der vierte Rang bei dieser WM, sondern der schleichende Abwärtstrend seit dem Achtelfinale macht Sorgen. Über weite Strecken überfordert gegen Frankreich, letztlich verdient bezwungen von den USA, nun vergeblich angerannt gegen England. In drei Partien gelang aus dem Spiel heraus kein Tor. "Letztlich müssen wir festhalten: Je besser der Gegner, desto schwerer haben wir uns getan", räumte Silvia Neid ein. Den Offensivaktionen fehlte es erneut an Esprit, Überraschungsmomenten und Präzision.