Deutscher Fußball-Bund:Abmahnung und Anzeige

13.04.2021, xhbx, Fussball Länderspiel, Deutschland - Norwegen emspor, v.l. DFB Präsident Fritz Keller (DFL/DFB REGULATI

Im Zentrum eines Intrigenspiels: DFB-Präsident Fritz Keller.

(Foto: Harald Bremes/Jan Huebner/Imago)

In den Grabenkämpfen beim Deutschen Fußball-Bund scheint die letzte Eskalationsstufe erreicht zu sein. Damit versinkt der Verband zu einem heiklen Zeitpunkt im Führungschaos.

Von Thomas Kistner

Seit Monaten tobt der Grabenkrieg im Deutschen Fußball-Bund (DFB), unversöhnlich steht eine Funktionärsriege um Generalsekretär Friedrich Curtius dem Lager von Präsident Fritz Keller gegenüber. Nun halten die Anfeindungen zunehmend auch die Justiz auf Trab. Curtius hatte im März Kellers Büroleiter Samy Hamama fristlos gefeuert, die Sache geht vors Arbeitsgericht. Aber dem Generalsekretär droht nun selbst eine Abmahnung - und am Donnerstag teilte die Frankfurter Staatsanwaltschaft auf SZ-Anfrage, ob ihr eine Anzeige eines früheren DFB-Medienberaters gegen Keller oder Hamama vorliege, über eine Sprecherin mit: "Ich kann bestätigen, dass hier eine entsprechende Strafanzeige eingegangen ist." Man bestätige keine Namen. Aber auch so ist damit die nächste, womöglich letzte Eskalationsstufe erreicht.

Eine Anzeige gegen den DFB-Präsidenten von einem Dienstleister, dessen nur vage bekanntes, aber üppig besoldetes Wirken ein zentraler Punkt der internen Auseinandersetzungen ist: Dieser Vorgang wäre einmalig, völlig ungeachtet konkreter Inhalte, mit denen sich gegebenenfalls die Justiz zu befassen hat. Er wird auch intern als letzte Zuspitzung eingeschätzt, die Grabenkämpfer an der Verbandsspitze müssen sich nun positionieren. Der DFB versinkt im Führungschaos: Nur Tage vor einer Sitzung der Europa-Union Uefa. Anfang nächster Woche wird in Montreux über die Vergabe von vier Spielen der Fußball-EM im Sommer an München entschieden; zugleich steht für die ewige Nummer zwei im DFB, Rainer Koch, die Berufung in den Uefa-Vorstand auf dem Spiel. Der Münchner Multifunktionär hat weder im Lager Kellers noch am Genfer See besonders viele Freunde. Umso aufmerksamer wird die Kabale in Frankfurt auch in der Schweiz verfolgt.

Für den DFB liefern die jüngsten Vorgänge Aufschluss zum Kernthema, wer pikante Drähte pflegt mit wem. Der Sachverhalt im Schnelldurchlauf: Keller wollte Ende 2020 den Vertragsinhalten des ominösen, von Curtius' Seite sehr diskret behandelten Medienberaters auf den Grund gehen. Deshalb wies der Präsident seinen Büroleiter Hamama an, Einblick in eine Rechnung des Agenten an den DFB zu nehmen. Curtius glaubt, dass dieser Vorgang unberechtigt war, er feuerte den Mitarbeiter. Auch wurde Hamama verdächtigt, die Berater-Rechnung an das ZDF durchgestochen zu haben. Beweise dafür gibt es nicht.

Zwar gibt es bisher auch keine Beweise dafür, dass der Kommunikationsberater DFB-Interna gegen Keller an Medien durchgestochen habe - doch die Causa Hamama ist jetzt auch zu einer Causa Curtius/Medienberater geworden.

Wie landeten Kellers Darlegungen beim Medienberater?

Keller hatte vor Wochen die DFB-Ethikkommission um Überprüfung des Hamama-Rauswurfs gebeten. Denn den Rechercheauftrag an seinen Büroleiter hatte der Präsident im Zuge einer Risikobewertung erteilt, weil er, selbst ja erst seit Herbst 2019 im Amt, besorgt auf Steuer-Strafermittlungen schaut, die auch eingesessene Funktionäre wie Curtius und Koch betreffen. In der Rolle als mit seinem Vermögen haftender Vorstand eines gemeinnützigen Verbandes wollte Keller wissen, wofür die Mittel des DFB verwendet werden.

Keller schickte seine Darlegungen an die Ethiker. Und die fanden nicht nur dort einen großen Widerhall. Sachgemäß war das Dokument an Curtius weitergereicht worden - aber plötzlich meldete sich dazu konkret der Medienberater bei den Ethikern zu Wort. Curtius, ergaben die internen Recherchen, soll ihm das vertrauliche Keller-Papier weitergereicht haben. Nach SZ-Informationen bewerteten Compliance-Experten und ein externer Arbeitsrechtler diese Weitergabe als unzulässig; die DFB-Ethiker wollen sich dazu noch erklären. Was wohl überflüssig wäre, sofern passiert, was die Sport-Bild am Mittwoch meldete: Der DFB mahne seinen Generalsekretär ab. Öffentlich blieb das bisher unwidersprochen.

Auf SZ-Anfrage, ob eine Abmahnung für Curtius vorgesehen oder bereits erfolgt sei, ließ der DFB am Donnerstagabend einen Medienanwalt antworten: Die Anfrage beträfe "ausschließlich einen internen Sachverhalt, der noch dazu den vertraulichen Personalbereich betrifft." Derlei Anfragen würden vom DFB "regelmäßig weder beantwortet noch kommentiert".

Der DFB erlebt ein Intrigenspiel, das den rituellen Liga-Betrieb in den Schatten stellt

Zur Frage, ob eine Anzeige gegen Keller vorläge, lässt der DFB mitteilen: "Sofern es eine angebliche Strafanzeige gibt, gilt, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle einer bloßen Strafanzeige eine identifizierende Berichterstattung verbietet, da die Grundsätze der zulässigen Verdachtsberichterstattung in diesem Fall nicht erfüllt sind." Nur ist so eine Anzeige im vorliegenden Falle, ungeachtet ihres Inhalts, von politischer Bedeutung.

Sie könnte der ohnehin problematischen Weiterleitung des Keller-Schreibens an den Medienberater eine größere Dimension geben. Denn der Berater soll, wie die SZ erfuhr, schon im März eine Klage angedroht und dabei auf eine Passage aus Kellers Stellungnahmen zum Ethikverfahren verwiesen haben. Sollte diese Passage Bestandteil der Anzeige in Frankfurt sein, hätte die Weitergabe eines vertraulichen Präsidenten-Papiers an einen früheren Dienstleister gravierende Folgen ausgelöst. Aber auch sonst bleibt die Frage spannend: Auf welche Erkenntnisse, falls nicht auf Kellers vertrauliches Papier, stützen sich die Vorwürfe?

Keller bietet die explosive Gemengelage die Chance, glasklare Positionierungen von seinen internen Widersachern einzufordern. So der so. Das gilt auch für Rainer Koch, der bisher Curtius' Lager zugerechnet wurde und ein langjähriger Bekannter des Medienberaters ist. Außer Frage steht: Der DFB erlebt ein Intrigenspiel, das den rituellen Liga-Betrieb längst in den Schatten stellt. Und die Uefa? Hat vielleicht kein Interesse, sich nächste Woche Protagonisten dieses Spektakels ins europäische Haus zu holen.

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