Das kann man angesichts dessen, was der DFB schon alles vorgelegt hatte, auch anders sehen. Hinzu kommt: Der Fußball-Bund soll die noch fälligen Steuern aufgrund eigener Berechnungen sogar schon bezahlt haben, bevor der Fiskus seinen abschließenden Bescheid geschickt habe. Und zwar, weil die Finanzbehörden zu lange getrödelt hätten. Aus Verbandskreisen heißt es, die Steuerfrage soll Thema einer Präsidiumssitzung im Sommer gewesen. Präsident Keller könnte also, wenn er denn wollte, vieles erklären und den eigenen Verband in Schutz nehmen. Er könnte auch Koch, Osnabrügge und Curtius bescheinigen, beim Fiskus zumindest nachträglich alles bereinigt zu haben.
Stattdessen wiederholte der DFB-Chef nach der Razzia, er stehe für "vollkommene Transparenz" im Verband. Keller sagte sogar, er könne "eine staatliche Unterstützung bei den Untersuchungen nur begrüßen . Heißt: Er findet die Razzia also in Ordnung. DFB-intern rügen manche, er sei damit seinen eigenen Leute in den Rücken gefallen. Noch sind die drei im Amt. Betonung auf noch?
Offiziell sagt der DFB zur Steuersache nicht viel. Man befinde sich mit "Unterstützung unabhängiger Experten in der sorgfältigen Prüfung der neuen Vorwürfe. Die Ergebnisse und Bewertungen daraus werden sehr zeitnah dem DFB-Präsidium vorgelegt". Man darf gespannt sein. Müssten Koch, Osnabrügge und Curtius gehen, wäre das Amateurlager im DFB stark geschwächt. Da mag man nicht an Zufall glauben, wenn gerade jetzt, kurz nach der Razzia, Bayern-Boss Rummenigge öffentlich den stark angeschlagenen Verband attackiert. Das erweckt fast den Eindruck, als würde da mit allerlei taktischen Fouls um die Macht im deutschen Fußball gespielt; womöglich wird getrickst und getäuscht.
Rummenigge hatte dem DFB vorgeworfen, Priorität hätten nur noch "Geld, Vermarktung und Politik". Nach dem WM-Triumph 2014 habe der Verband versucht, "diesen großen Erfolg finanziell auszunutzen. Mit großen neuen Sponsoring-Verträgen und vielem mehr". Vorrangige Aufgabe von Keller sei es, den Verband in "ruhigeres Fahrwasser" zu bringen. So beklagt ausgerechnet der Vorstandschef des FC Bayern München die zunehmende Kommerzialisierung im Fußball. Als hätte der FC Bayern damit nie etwas zu tun gehabt, als handele es sich beim aktuellen Meister, Pokalsieger und Champions-League-Sieger weiterhin im Kern um einen gemeinnützigen Verein - und nicht längst auch um eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft.
Razzia, Machtkämpfe - und noch mehr treibt den DFB um. Er wartet auf die Funde einer internen Untersuchung, mit der die Beratungsfirma Esecon beauftragt worden war. Es geht um alle Finanzflüsse der jüngeren Vergangenheit im DFB; bis hin zu den merkwürdigen Transaktionen um die WM 2006. Das könnte noch manchen Schmutz hochtreiben, die Frage ist nur, in welche Richtung er fliegt. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls arbeitet auf einen Prozess hin. Wegen Steuerhinterziehung.