DFB: Schiedsrichter-Affäre:DFB verweist auf Personenschutz

Der DFB-Schiedsrichter-Affäre droht eine Ausweitung: Nach SZ-Informationen gab es auch in der 3. Liga einen Annäherungsversuch.

Thomas Kistner

Die Affäre um sexuelle Belästigungen im DFB-Schiedsrichterwesen nimmt offenbar eine Wendung. Am Donnerstag meldete sich nach SZ-Informationen ein Referee bei DFB-Justitiar Jörg Englisch und Personalchef Stefan Hans, der einen Annäherungsversuch nach einem Drittliga-Spiel am 13. Mai 2009 zu Protokoll gegeben haben soll. Der Übergriff soll durch einen Kollegen aus einem anderen Gespann erfolgt sein, das nach einem Bundesligaspiel im selben Hotel einquartiert war. Bei der nun belasteten Person soll es sich um einen Referee handeln, der auch in die laufende Affäre um den zurückgetretenen Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell involviert sei. Amerell spielt in dem neuen Vorfall keine Rolle.

Der DFB dementierte den Sachverhalt auf SZ-Anfrage am Freitag nicht. Er reagierte ausweichend. "Wir können uns zu solchen Fragen prinzipiell nicht äußern, weil wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und der Diskretion unsere internen Telefongespräche grundsätzlich vertraulich behandeln", sagte ein Sprecher auf die Frage, ob es eine Telefonkonferenz mit dem neuen Beschwerdeführer gab. Ob sich die Beschwerde gegen einen Bundesliga-Referee richte, ließ der DFB gleichfalls unbeantwortet.

Irritierend wirkt der Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz bei dieser generellen Frage zum Sachverhalt. Zumal der DFB selbst in der Causa Amerell vielfach öffentlich erklärte, es gäbe zahlreiche Referees, die Amerell belasteten. Gäbe es jetzt eine neue Anschuldigung, könnte auch ein neues Verfahren notwendig werden. Die Frage, ob es ein solches Verfahren gibt, ließ der Verband offen.

Die Amerell-Affäre hatte ein gleichgelagerter Vorfall ausgelöst. Am 17. Dezember hatte Fifa-Referee Michael Kempter bei Schiedsrichterchef Volker Roth sexuelle Belästigungen durch Amerell beklagt. Der DFB geriet in der Folge unter Druck, weil Roth den Vorgang erst gar nicht, Verbandschef Theo Zwanziger ihn später schleppend behandelt hatte.

Nach Öffentlichwerden der Causa am 10. Februar setzte der DFB Anhörungen an. Dabei, so Zwanziger, sollen immer mehr Referees Belästigungen durch Amerell bezeugt haben. Als dieser am 12. Februar zurücktrat, schloss der DFB die Akte. Amerell, dem der DFB Akteneinsicht verwehrt, klagt vor dem Münchner Landgericht gegen die Vorwürfe des DFB. Am 4. März wird dort verhandelt.

Amerells Anwalt Jürgen Langer wollte die neuen Anschuldigungen, die nicht auf seinen Mandanten zielen, weder bestätigen noch dementieren. Ob er in Kontakt mit dem neuen Zeugen stünde, ließ er offen. "Unsere Linie bleibt, dass wir am Donnerstag vor dem Münchner Landgericht die Wahrheit auf den Tisch bringen", sagte er.

Und, im Hinblick auf den neuen Vorgang: "Mit Spannung beobachten wir, ob der DFB mit dem Sachverhalt ähnlich verkehrt umgeht wie bei Manfred Amerell." Am Dienstag hatte der DFB für Kempter in Frankfurt eine Reihe von Interviews organisiert, bei denen der 27-Jährige erstmals öffentlich Anschuldigungen erhob.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: