DFB: Schiedrichteraffäre:Raue Zeiten für den Chef

Dass auf DFB-Präsident Theo Zwanziger raue Zeiten warten, hat der Augsburger Eröffnungsakt um Manfred Amerell nur angedeutet.

Thomas Kistner

Am Montag war beim Augsburger Landgericht die erste öffentliche Justizfehde in der Schiedsrichteraffäre Amerell/Kempter zu verfolgen, und der Eindruck, den die DFB-Vertreter hinterließen, war besorgniserregend. Nicht, weil sie eine krachende Niederlage für ihren Chef Zwanziger einfuhren. Sondern, weil bereits diesem (im Kontext zu vernachlässigenden) Zivilverfahren Fingerzeige für die ausstehenden harten Prozesse zu entnehmen sind.

Die Kernfrage ist, wie die Beziehung Kempters zu Amerell war: einvernehmlich - oder erzwungen, wie Kempter behauptet? Als Amerell kürzlich eindeutige Mails von Kempter im TV verlas, konterte der Referee öffentlich, auch dieser intime Ton sei erzwungen worden. Sonst hätte ihn Amerell gleich wieder traktiert, ob was nicht stimme.

Kempter hat einschlägige Mails also bestätigt, das dürfte es künftigen Strafrichtern leicht machen, die Authentizität Hunderter weiterer Mails festzustellen, die Amerell nun dem Staatsanwalt übergab. Zugleich ging der Aktenordner an DFB und DFL.

Sie werden kaum umhin kommen, auf Basis dieser angeblich höchst intimen Schreiben Kempters seit 2007 erneut zu prüfen, ob ihre Einschätzung, der Referee habe aufrichtig und verantwortungsvoll gehandelt, noch gilt - oder ob dessen auffallend eilige Rückführung auf den Rasen überdacht werden muss.

Der DFB hat die Version von Kempter und drei weiteren Referees rigoros übernommen, er hat offen ein System Amerell angeprangert, ohne diesen umfassend anzuhören; das wurde vorm Landgericht deutlich. Zwar behauptet der DFB, Amerell sei angehört worden bei einem Gespräch am 1. Februar in Zwanzigers Büro mit Generalsekretär und Personalchef. Doch gibt es von der angeblichen Anhörung in einer so heiklen Sache offenbar nicht mal ein ordentliches Protokoll, also eines mit der Unterschrift des Betroffenen.

Auch traten drei seiner Ankläger ja erst nach jenem Kaffeetreff auf den Plan. Da aber, behaupten die DFB-Vertreter, habe man Amerell leider nicht mehr anhören können, weil er per Rücktritt vom Amt den Fall ja selbst erledigt habe.

Geht das so einfach? Ob Amerell tagelang zum Rücktritt gedrängt wurde, ob der Rücktritt nicht aufgrund einer schon in der Presse tobenden Schlammschlacht um seine Person unausweichlich war, und: ob im Rechtsstaat bei Vorwürfen, die so tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifen, ein paar Sportregeln genügen, um Beschuldigten Gehör und Vortrag ihrer Ankläger zu versagen - das ist zu klären. Von der Justiz, nicht vom DFB. Dass auf dessen Chef raue Zeiten warten, hat der Augsburger Eröffnungsakt nur angedeutet.

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