DFB: Roth hört vorzeitig auf:Licht in der Schattenwelt

Volker Roth tritt als Schiedsrichter-Chef des DFB zurück. Warum das seine Kritiker freut - und der Profifußball der Gewinner der Schiedsrichter-Affäre ist.

Philipp Selldorf

Dem Magazin Elf Freunde hat Volker Roth einmal erzählt, warum er vor mehr als einem halben Jahrhundert entschieden hat, Schiedsrichter zu werden. Damals hatte er im Radio gehört, wie berittene Polizisten nach einem Spiel in Wanne-Eickel den Schiedsrichter vor dem wütenden Publikum in Sicherheit brachten.

"Da kam mir der Gedanke, das müsste doch eine interessante Aufgabe sein." Außerdem war sich Roth wie so viele Schiedsrichter eines grundlegenden Mangels bewusst: Er hatte begriffen, dass sein Talent als Fußballer nicht reichen würde für den großen Auftritt auf dem Platz.

Volker Roth, 68, hat in seiner Karriere Standhaftigkeit und Durchsetzungskraft bewiesen. Mehr als 15 Jahre hat er im DFB die Ausbildung und den Einsatz der Spielleiter dirigiert, er galt als unnachgiebig und autoritär und hat sich nicht überall beliebt gemacht. In der Affäre um den Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell spielt Roth eine undurchsichtige Rolle.

Vier Wochen vergingen, bis er DFB-Chef Theo Zwanziger von den Belästigungsvorwürfen des Schiedsrichters Michael Kempter gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten Amerell berichtete. Sein ausdauerndes Schweigen erklärte er damit, dass er zuerst selbst hatte recherchieren wollen und dass Weihnachten und Winterferien dazwischen kamen. Überzeugend war das nicht, es klang wie die Ausrede eines säumigen Handwerkers.

So sehen das auch die Leute aus dem Profifußball, die Roth längst hatten loswerden wollen und in seinem Versäumnis die willkommene Gelegenheit erkannten, den alten Wunsch zu verwirklichen. Ihrem Druck gibt er nun nach, beim Sonder-Bundestag im April wird er sich zurückziehen, ein halbes Jahr früher als vorgesehen.

Der Profifußball ist damit der einzige Gewinner der hässlichen Affäre, er wird künftig mehr Einfluss auf die Schiedsrichterei haben, darüber muss nicht mehr diskutiert werden. Bisher war man nur der Empfänger einer Dienstleistung des DFB. Roths Intimfeind Hellmut Krug, den die DFL sozusagen als Oppositionsführer beschäftigte, wird in das neue, von Herbert Fandel geleitete Führungsgremium aufrücken.

Nach den Schilderungen von Eingeweihten ist dieser Personalwechsel eine Befreiung. Niemand leugnet, dass Roths Arbeit - so wie die von Manfred Amerell - äußerst effektiv war, doch seine Herrschaft wurde in düsteren Bildern beschrieben, von "Geheimbund" und "Schattenwelt" war die Rede. Selbst Zwanziger sprach von einem"Kartell". Die Frage ist, warum es erst einen monströsen Skandal geben musste, um Licht in die Schattenwelt zu lassen.

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