DFB-Remis gegen Australien:Anfängerkurs voller Fehler

Germany v Australia - International Friendly

Ron-Robert Zieler überzeugte als Vertreter von Manuel Neuer im deutschen Tor nicht zu hundert Prozent.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Die deutsche Nationalmannschaft kommt im Testspiel gegen Australien nicht über ein 2:2 (1:1) hinaus.
  • Nach der Führung durch Marco Reus drehen die Gäste das Spiel, dem eingewechselten Lukas Podolski gelingt der Ausgleich.
  • Hier geht es zur EM-Qualifikationsgruppe des DFB-Teams.

Von Ulrich Hartmann, Kaiserslautern

In Australien gab es am Donnerstagmorgen zum Frühstück fröhlichen Fußball im Fernsehen. Fußball erfreut sich dort drunten größerer Beliebtheit, seit die Nationalmannschaft Ende Januar in Sydney den Asien-Cup gewonnen hat.

In Sydney war es also bereits Donnerstagmorgen und 8.23 Uhr, als auf der anderen Seite der Erdkugel, in Kaiserslautern, spätabends das Testspiel zwischen Australien und Deutschland abgepfiffen wurde. In Deutschland wurde das 2:2 (1:1) nicht nur aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung nicht ganz so fröhlich betrachtet wie Down Under.

Gündogan und Badstuber geben ihr Comeback

"Das Spiel war insgesamt ein bisschen hektisch", fand Bundestrainer Joachim Löw: "Die erste Halbzeit war ganz ordentlich, in der zweiten hat bei uns die Klarheit gefehlt. Wir haben die Dinge nicht so umgesetzt wie wir wollten." Asienmeister gegen Weltmeister - "das ist doch mal interessant", hatte Löw vor dem Spiel lächelnd prognostiziert, und man musste nach dem Unentschieden tatsächlich zugeben, dass die riskanten taktischen Experimente der neuerdings auf mehr Flexibilität erpichten Gastgeber gegen respektlos dagegenhaltende Australier zumindest einen gewissen Schwung erzeugten.

Wer flinken Fußball im Freundschaftsspiel höher bewertet als einen deutschen Sieg, konnte nicht enttäuscht sein. Wer vom Weltmeister auch zu Beginn des Jahres 2015 taktische Höchstleistungen und individuelle Sonderklasse erwartete, musste sich hingegen eher ärgern.

Während Asienmeister Australien immerhin sechs Spieler aus jener Startelf aufbot, die am 31. Januar im Asien-Cup-Finale Südkorea besiegt hatte, standen beim Weltmeister Deutschland am Mittwoch bloß noch zwei Akteure aus der legendären Startelf vom 13. Juli 2014 in der Anfangsformation. Der Schalker Benedikt Höwedes war der eine, der andere war Mesut Özil vom FC Arsenal.

Özil trug tatsächlich zum ersten Mal seit dem WM-Finale wieder das Nationaltrikot. Der Dortmunder Ilkay Gündogan und der Münchner Holger Badstubert feierten dagegen nach langen Verletzungspause ihr Nationalmannschafts-Comeback, der Kölner Jonas Hector stand erstmals in der Startelf.

"Gloveman", sagen die Australier zum Torsteher. Der ganz offiziell weltbeste "Handschuhmann" heißt Manuel Neuer, aber der Münchner schaute in Kaiserslautern nur zu, weil er eine Schleimbeutelentzündung im Knie auskuriert. Neuer soll am kommenden Sonntag im EM-Qualifikationsspiel in Tiflis aber wieder mitmachen gegen jene Georgier, die sich am Mittwochabend zu einem 2:0-Testspielsieg gegen Malta quälten.

Reus spitzelt den Ball über die Linie

Die deutschen Handschuhe trug in Kaiserslautern stattdessen der Hannoveraner Ron-Robert Zieler - und er hätte sie schon sehr frühzeitig gebraucht, wenn die Australier den Ball aus trefflichen Einschusspositionen zunächst nicht stets neben das deutsche Tor gesetzt hätten. Marco Reus zeigte in der 17. Minute, wie es besser geht: Er spitzelte am anderen Ende des Feldes eine Hereingabe von Kapitän Sami Khedira zum 1:0 ins Tor.

Die Australier, die am Mittwochabend auf dem Platz standen, sind zwar bis auf den Ingolstädter Matthew Leckie aus der zweiten Bundesliga allesamt erstklassig tätig, aber allein sieben von ihnen spielen in der australischen, belgischen oder südkoreanischen Liga. In Summe ergibt das derzeit einen 65. Weltranglistenplatz für die sogenannten "Socceroos", die freilich nicht als balltretende Kängurus diskreditiert werden dürfen.

Die Deutschen laufen lange einem Rückstand hinterher

Die deutsche Mannschaft, die wie schon beim vorangegangenen 1:0-Sieg in Spanien wieder mit einer Dreierkette in der Abwehr auftrat, setzte ihre Suche nach dem Spielsystem der Zukunft fort. Löw sehnt sich bekanntlich nach taktischer Veränderung, mindestens aber will er mehr "Flexibilität" in seiner Mannschaft. Shkodran Mustafi, Höwedes und Badstuber bildeten eine letzte Reihe, die nach nur wenigen Sekunden beinahe erstmals überlistet worden wäre. Doch Mustafi grätschte Nathan Burns gerade noch den Ball vom Schuh.

Nach der Pause beendete Löw das Experiment Dreierkette aber schon wieder, auch weil Badstuber ausgewechselt werden musste. "Er hat ein bisschen Probleme gehabt", erklärte Löw. Jonas Hector und Karim Bellarabi bildeten zu Beginn die Flügelspieler, die entweder hinten mitverteidigten oder vorne den Ball die Außenlinien entlang trieben. Die Australier standen hoch, stellten sich dem Weltmeister mutig entgegen. "Wir mussten viele hohe Bälle spielen", sagte Löw, "das war nicht so geplant." Von der Demut, mit der Australiens Trainer Ange Postecoglou tags zuvor noch kokettiert hatte, war jedenfalls nichts zu spüren. "Es ist eine Ehre, gegen den Weltmeister spielen zu dürfen", hatte Postecoglou geschmeichelt.

Seine gelb-grün gekleideten Spieler wollten sich allein mit der Ehre jedenfalls nicht abspeisen lassen. Kapitän Mile Jedinak vom Londoner Erstligisten Crystal Palace zwang Zieler per Fernschuss zu einer Flugeinlage (29.), und gar chancenlos war Zieler elf Minuten später, als James Troisi eine Flanke von Burns einköpfelte. Löws 3-1-4-2-System mit den nur schwer fest zuzuordnenden Außen Hector und Bellarabi war in der Rückwärtsbewegung ziemlich fragil - aber es war ja gewissermaßen immer noch ein Anfängerkurs für ein neues System.

Mit dem hatten die Probleme des Torwarts Zieler freilich wenig zu tun. Einen Freistoß, den Jedinak in der 50. Minute versiert um die deutsche Mauer zirkelte, hätte der Hannoveraner ruhig parieren dürfen. Fortan liefen die Deutschen also einem 1:2-Rückstand hinterher, was sie immerhin zu mehr Ernsthaftigkeit vor dem Tor zwang.

Mit zahlreichen Wechseln in der zweiten Halbzeit förderte Löw indes auch nicht gerade die von ihm gewünschte Klarheit im deutschen Spiel, und so konnte das Weltmeisterteam von Glück sagen, dass es nicht bereits höher im Rückstand lag, als der eingewechselte Lukas Podolski in der 80. Minute eine Hereingabe des ebenfalls eingewechselten André Schürrle zum 2:2 ins australische Netz drosch.

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